Rz. 577

[Autor/Stand] Delegationsfähigkeit als Abgrenzungskriterium. Wie im Folgenden noch näher gezeigt werden wird, lassen sich betriebliche Funktionen qualitativ in Haupt- und Hilfsfunktionen untergliedern. Hauptfunktionen sind solche betrieblichen Tätigkeiten und Aufgaben, die für den Wertschöpfungsprozess erfolgsmäßig den (relativ) wichtigsten Anteil beisteuern. Sie kennzeichnen sich nach Ansicht der Finanzverwaltung insb. durch ihre Einbindung bestimmter, vornehmlich immaterieller Wirtschaftsgüter (Anm. 2332 ff.) und ihre "Quasi-Unersetzlichkeit". Hilfsfunktionen sind demgegenüber durch ihren "Routine-Charakter" geprägt. Sie kennzeichnen sich dadurch, dass sie jederzeit an andere Leistungserbringer am Markt delegiert werden könnten. Ferner sind sie – nach Ansicht der Finanzverwaltung – nur in geringem Umfang durch den Einsatz von immateriellen Wirtschaftsgütern geprägt.[2]

 

Rz. 578

[Autor/Stand] Abgrenzung auf Basis von funktionsspezifischen Margen. Bei der Abgrenzung zwischen Haupt- und Hilfscharakter sind zunächst die Erkenntnisse sog. Balanced-Scorecard-Systeme in Erwägung zu ziehen, die darauf aufbauen, welche Ergebniskennzahlen als Schlüsselindikatoren aus einer bestimmten Funktionsausübung resultieren.[4] Hilfsfunktionen, dh. solche Funktionen, die qualitativ nicht als entscheidend für die Erreichung unternehmensstrategischer Ziele gelten, können demnach im Grundsatz lediglich fix (bspw. unter gedanklicher Anwendung der Kostenaufschlagsmethode) vergütet werden. In der Praxis kann sich ein derartiger Ansatz allerdings als problematisch erweisen, da den jeweiligen Funktionen bestimmte operative Margen zugeordnet werden müssen, welche die Bedeutung der Funktionen im Gesamtwertschöpfungsprozess eines Unternehmens angemessen reflektieren. Da die in Datenbanken erhältlichen Informationen über die Profitabilität unabhängiger Unternehmen regelmäßig keine Untergliederung in einzelne Tätigkeitssegmente der Vergleichsunternehmen beinhalten, ist es praktisch kaum möglich, den ausgeübten Funktionen (einschließlich der übernommenen Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgüter) eine individuelle "Marge" zuzuordnen. Im Übrigen würde ein derartiger Ansatz auf eine retrograde Funktionswertbestimmung hinauslaufen, da auf Basis der erwirtschafteten Marge die ökonomische Bedeutung der Funktion im Gesamtwertschöpfungsprozess bestimmt werden müsste. Dies erscheint problematisch.

 

Rz. 579

[Autor/Stand] Praktischer Analyseansatz. Es empfiehlt sich daher, auf Basis einer quantitativen und qualitativen Analyse den "Wert" einer Funktion im Gesamtwertschöpfungsgefüge zu ermitteln. In diesem Zusammenhang sind folgende grundlegenden Untersuchungsschritte vorzunehmen:

  • Erfassung der einzelnen, in der Funktion angesiedelten Unternehmenstätigkeiten;
  • Ermittlung der Kosten, die durch die Funktionsausübung entstehen (auf Basis der unternehmensinternen Kostenrechnung);
  • Ermittlung der eingesetzten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter zur Funktionsausübung;
  • Ermittlung des im Rahmen der Funktionsausübung erforderlichen Personals (zB als Know-how-Träger).
 

Rz. 580

[Autor/Stand] Indizwirkung der Analyse. Die Resultate der einzelnen Analysefelder vermitteln in der Gesamtschau ein Bild darüber, welche Stellung und welche wertschöpfungsbezogene Bedeutung die Funktionen im Unternehmen haben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass von den einzelnen Analysefeldern nur eine indikative Wertung ausgehen kann, da bspw. eine kostenintensive Funktionsausübung gleichwohl nur unerhebliche Bedeutung für die Gesamtwertschöpfung haben kann (bspw. lohnintensive Lagerung und Sortimentierung von Vertriebsprodukten). Das Gesamtergebnis dieser Analyse hat – wie im Folgenden noch aufgezeigt wird – erheblichen Einfluss auf die Charakterisierung des Unternehmens als Strategieführer, Mittel- oder Routineunternehmen.

 

Rz. 581

[Autor/Stand] Business-Process-Analysis. Ein neuerer Ansatz – insb. in der betriebswirtschaftlichen Unternehmensberatung – geht dorthin, die Funktionsanalyse aus Perspektive einer Untersuchung der Leistungserstellungsprozesse im Konzern zu begreifen. In diesem Zusammenhang werden alle in einem Unternehmen bzw. Konzern stattfindenden Leistungserstellungsprozesse zunächst inventarisiert und auf Basis einer Top-Down-Analyse auf einzelne Makroprozesse (bspw. Produkt-F&E, Einkauf von Rohstoffen, Produktion, Vertrieb) sowie damit verbundene Tätigkeiten heruntergebrochen. Ziel dessen ist, sämtliche Prozesse der Wertschöpfung in einem Unternehmen möglichst "feinkörnig" zu erfassen, um sodann die individuellen Leistungserstellungsprozesse einem einzelnen Unternehmen bzw. Unternehmensteil zuordnen zu können.[8] Am Ende einer derartigen Analyse steht idR ein umfassendes Bild der gesamtunternehmensbezogenen Wertschöpfung, die insb. aus betriebswirtschaftlicher Sicht Rückschlüsse auf die einzelnen Wertschöpfungsbeiträge der Beteiligten zulässt. Ein derartiger Analyseansatz ist insb. im Rahmen von "Gestaltungsprojekten" von Bedeutung, in denen sich zwar die re...

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