(2)   1 Abweichend von Absatz 1 ist ein immaterieller Wert nur dann einer anderen Betriebsstätte als derjenigen, auf Grund deren Personalfunktion der immaterielle Wert geschaffen oder erworben wird, zuzuordnen, wenn die Bedeutung einer in dieser anderen Betriebsstätte ausgeübten anderen Personalfunktion eindeutig gegenüber der Bedeutung der in Absatz 1 genannten Personalfunktion überwiegt.

 

Rz. 3050

[Autor/Stand] Öffnungsklausel. Sofern für einen immateriellen Wert eine andere Personalfunktion als die Schaffung bzw. der Erwerb von eindeutig überwiegender Bedeutung ist, kommt eine Zuordnung nach der anderen Personalfunktion in Betracht (Personalfunktionenkonkurrenz, Anm. 2947). Dies setzt nach Tz 2.6.2 VWG BsGa voraus, dass der anderen Personalfunktion in qualitativer Hinsicht (dazu Anm. 2945, 2947) eine deutlich überwiegende Bedeutung zukommt. Nach der Verordnungsbegründung ist für eine von § 6 Abs. 1 BsGaV abweichende Zuordnung eines immateriellen Werts erforderlich, dass sie zu einem "Ergebnis der Betriebsstätte [führt], das dem Fremdvergleichsgrundsatz in diesem Einzelfall auch aus Sicht des übrigen Unternehmens besser entspricht" als die Zuordnung nach § 6 Abs. 1 BsGaV.[2]

Die Finanzverwaltung geht dabei davon aus, dass ggf. auch mehrere Personalfunktionen zusammen zu betrachten sind und auf eine veranlagungszeitraumübergreifende Beurteilung (Anm. 3053) abgestellt werden kann.[3] Auch wenn der Wortlaut des § 6 Abs. 2 Satz 1 BsGaV nur von "einer [...] anderen Personalfunktion" spricht, ist die Auffassung der Finanzverwaltung zu begrüßen. Die isolierte Betrachtung einzelner Personalfunktionen hätte nicht zuletzt zur Folge, dass der – in der BsGaV nicht eindeutig geregelten – Abgrenzung der einzelnen Personalfunktionen eine erhebliche Bedeutung zukäme (Anm. 2936).

In Zweifelsfällen, d.h. wenn das Überwiegen der anderen Personalfunktionen nicht eindeutig ist, kommt die Regelvermutung des § 6 Abs. 1 Satz 1 BsGaV zur Anwendung. Nach Tz. 2.2.5 VWG BsGa ist eine Abweichung von der Regelvermutung durch denjenigen nachzuweisen, der sich auf sie beruft, wobei auch eine Glaubhaftmachung ausreichend ist, wenn ein Nachweis nicht möglich ist (Anm. 2947).[4]

 

Rz. 3051

[Autor/Stand] Selbst geschaffene immaterielle Werte. Bei selbst geschaffenen immateriellen Werten findet § 6 Abs. 2 Satz 1 BsGaV aufgrund des erheblichen Einsatzes von Personalfunktionen im Zusammenhang mit der Schaffung des immateriellen Werts i.d.R. keine Anwendung.[6] Eine Zuordnung zu einer anderen als der derjenigen Betriebsstätte, deren Personalfunktionen maßgeblich für die Schaffung des immateriellen Werts waren, soll nach Ansicht der Finanzverwaltung nur infrage kommen, wenn in letzterer ab einem festzustellenden Zeitpunkt keinerlei Personalfunktionen in Bezug auf den immateriellen Wert mehr ausgeübt werden und eine andere Betriebsstätte ab diesem Zeitpunkt eine Personalfunktion mit hinreichender Bedeutung übernimmt.[7]

 

Beispiel 1 76

Ein in einer Forschungs- und Entwicklungsbetriebsstätte in Staat A in den Jahren 01 bis 03 geschaffener immaterieller Wert wird ab dem Jahr 04 (Fertigstellung) ausschließlich durch die Betriebsstätte B in Staat B genutzt. Außer B übt ab diesem Zeitpunkt keine andere Betriebsstätte noch Personalfunktionen hinsichtlich des immateriellen Werts aus, d.h. auch Weiterentwicklung, Verwaltung und Schutz erfolgen durch B.

 

Lösung

Der immaterielle Wert ist zunächst der Forschungs- und Entwicklungsbetriebsstätte zuzuordnen, in der er geschaffen wurde. Mit Beginn der Nutzung durch B kommt es zu einem Zuordnungswechsel des immateriellen Werts zu B, da das übrige Unternehmen ab dem Nutzungsbeginn durch B keine Personalfunktionen mehr ausübt. Der Zuordnungswechsel stellt eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 dar (fiktive Veräußerung, Anm. 3322).

 

Abwandlung

Der immaterielle Wert wird auch während der Nutzung durch B vom übrigen Unternehmen verwertet (Lizenzierung an andere Unternehmen), verwaltet und geschützt.

 

Lösung

Die Schaffung und Nutzung durch das übrige Unternehmen über den gesamten Zeitraum der Schaffung und Nutzung überwiegt die Nutzung durch B. Es kommt daher zu keiner Zuordnungsänderung des immateriellen Werts zu B, weil die durch B ausgeübten Personalfunktionen nicht die im übrigen Unternehmen ausgeübten Personalfunktionen überwiegen. Der Beginn der Nutzung durch B stellt einen wirtschaftlichen Vorgang i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a BsGaV dar (fiktive Lizenzierung, Anm. 3325) und ist entsprechend zu verrechnen.

Die von der Finanzverwaltung beabsichtigte unbedingte Bindung der Zuordnung von selbst geschaffenen immateriellen Werten an spätere ggf. auch untergeordnete Personalfunktionen der Herstellungsbetriebsstätte überzeugt nicht und ist weder von § 1 Abs. 5 noch von der BsGaV gedeckt.[8] Insbesondere führt sie dazu, dass Personalfunktionen von untergeordneter Bedeutung im Zeitablauf eine erhebliche Bedeutung zukommt. Diese Rechtsauffassung berücksichtigt nicht, dass es auch im Fall der Schaf...

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