(2)   1 Beruhen Chancen und Risiken, die nicht mit einem Vermögenswert oder mit einem Geschäftsvorfall im unmittelbaren Zusammenhang stehen, auf der Personalfunktion einer Betriebsstätte, so ist diese Personalfunktion für die Zuordnung der Chancen und Risiken zu einer Betriebsstätte maßgeblich.

 

Rz. 3143

[Autor/Stand] Abweichende Zuordnung. § 10 Abs. 2 BsGaV sieht eine abweichende Zuordnung vor, wenn die Chancen und Risiken nicht unmittelbar im Zusammenhang mit einem Vermögenswert oder Geschäftsvorfall stehen, sondern durch die unternehmerische Geschäftstätigkeit veranlasst sind. In diesen Fällen sind die Chancen und Risiken derjenigen Betriebsstätte zuzuordnen, in der die maßgebliche Personalfunktion ausgeübt wird, die zur Übernahme der betreffenden Chancen und Risiken durch das Unternehmen führt.[2] Als Risiken im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit kommen z.B. Lagerrisiken, Ausfallrisiken, Wechselkursrisiken, Zinsrisiken, Marktrisiken und Haftungsrisiken in Betracht.[3] Diese Zuordnungsregelung wird von der Finanzverwaltung anhand des folgenden Beispiels veranschaulicht.[4]

 

Beispiel

Die Geschäftsleitungsbetriebsstätte des Unternehmens X in Staat A überlässt der Betriebsstätte B in Staat B eine Maschine zur vorübergehenden Nutzung. Die Maschine bleibt dem übrigen Unternehmen zugeordnet. Aufgrund einer Fehlbedienung der Maschine in der Betriebsstätte entsteht ein Haftungsfall gegenüber einem fremden Dritten.

 

Lösung

Da der Haftungsfall durch eine Fehlbedienung von der Betriebsstätte B verursacht wurde, sind die entsprechenden Kosten (z.B. Schadensersatz gegenüber dem fremden Dritten oder Ersatzbeschaffung gegenüber dem übrigen Unternehmen) der Betriebsstätte B zuzuordnen. Gleichwohl wäre dieser Fall u.E. anders zu lösen, wenn die von der Betriebsstätte in Staat B ausgeübten Funktionen lediglich einen Routinecharakter haben. Als Routinefunktionen werden beispielhaft die Erbringung konzerninterner, marktgängiger Dienstleistungen und einfache Vertriebsfunktionen benannt. Routineunternehmen erzielen regelmäßig keine Verluste, sondern geringe, aber relativ stabile Gewinne. Als Routineunternehmen kommen damit z.B. der Lohnfertiger oder der sog. Low-Risk-Distributor in Betracht (Anm. 224).[5] Unter diesen Voraussetzungen würde die Geschäftsleitungsbetriebsstätte die Maschine an die Betriebsstätte in Staat B lediglich unentgeltlich beistellen. Infolgedessen sollten auch die mit dem Haftungsfall verbundenen Kosten nicht der Betriebsstätte in Staat B, sondern der Geschäftsleitungsbetriebsstätte in Staat A zugeordnet werden. Etwas anderes würde im Übrigen auch dann gelten, wenn der Haftungsfall z.B. auf einem Materialfehler der von der Geschäftsleitungsbetriebsstätte des Unternehmens X zur Nutzung überlassenen Maschine beruht. In diesem Fall wurde der Haftungsfall nicht von der Betriebsstätte verursacht, so dass die damit verbundenen Kosten der Geschäftsleitungsbetriebsstätte des Unternehmens X zuzuordnen sind.

[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.10.2017
[2] Vgl. BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.10.2, Rz. 118, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 447 ff.
[3] Vgl. OECD, Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments v. 22.7.2010, abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/45689524.pdf, Teil I, Rz. 22 u. Rz. 68.
[4] Vgl. BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.10.2, Rz. 118, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 447 ff.
[5] Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05, BStBl. I 2005, 570, Tz. 3.4.10.2 Buchst. a, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 129.

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