(1) 1 Die Mitwirkung einer Bau- und Montagebetriebsstätte an der Erfüllung des vom Bau- und Montageunternehmen abgeschlossenen Bau- und Montagevertrags gilt widerlegbar als anzunehmende schuldrechtliche Beziehung, die als Dienstleistung der Bau- und Montagebetriebsstätte gegenüber dem übrigen Unternehmen anzusehen ist. 2 Der Verrechnungspreis für die Dienstleistung ist im Regelfall nach einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode zu bestimmen. 3 Zu den Kosten der Bau- und Montagebetriebsstätte, die für die Anwendung dieser Methode zu berücksichtigen sind, gehören insbesondere auch alle erforderlichen Personalkosten, die unmittelbar durch die Erbringung von Personalfunktionen in der Bau- und Montagebetriebsstätte verursacht sind.

 

Rz. 3616

[Autor/Stand] Fiktive Dienstleistung. Auf Grundlage der Funktions- und Risikoanalyse wird der Bau- oder Montagevertrag regelmäßig der Geschäftsleitungsbetriebsstätte des übrigen Unternehmens zugeordnet. Infolgedessen gilt die Mitwirkung einer Bau- und Montagebetriebsstätte an der Erfüllung des vom Bau- und Montageunternehmen abgeschlossenen Bau- und Montagevertrags im Regelfall – d.h. mit Ausnahme der Fälle des § 33 BsGaV – als fiktive Dienstleistung (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 BsGaV, Anm. 3325) gegenüber dem übrigen Unternehmen. Hierbei wird nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BsGaV widerlegbar vermutet, dass es sich um eine Routinedienstleistung aufgrund eines fiktiven Subunternehmervertrags handelt,[2] die durch Anwendung der Kostenaufschlagsmethode (Anm. 721 ff.) zu vergüten ist.

 

Rz. 3617

[Autor/Stand] Routinetätigkeit. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist von einer Routinetätigkeit auszugehen, wenn die Bau- und Montagebetriebsstätte lediglich die eigentlichen Bau- und Montagearbeiten erbringt, auch wenn diese technisch schwierig und anspruchsvoll sind, während die eigentliche Wertschöpfung im übrigen Unternehmen erfolgt.[4] Diese pauschale Einordnung der Bau- und Montagebetriebsstätte als (fiktives) Routineunternehmen kann im Einzelfall nicht sachgerecht sein.[5] So ist es für jede Bau- und Montagebetriebsstätte zu prüfen, ob sie eine Routinefunktion ausübt. Eine Routinefunktion ist dann anzunehmen, wenn im Rahmen der Funktionsausübung keine eigenen Marktchancen und Risiken übernommen werden. Werden jedoch von einer Bau- und Montagebetriebsstätte komplexe Bau- und Montagetätigkeiten ausgeführt, liegt insoweit keine Routinefunktion vor.[6] Zudem können die für das Baugewerbe üblichen hohen vertraglichen, betriebswirtschaftlichen oder technischen Risiken ebenfalls der Annahme einer Routinetätigkeit entgegenstehen.[7] In diesen Fällen wäre das Funktions- und Risikoprofil der Bau- und Montagebetriebsstätte – wenn die Kostenaufschlagsmethode überhaupt noch anwendbar ist – über eine erweiterte Kostenbemessungsgrundlage (insbesondere durch Einbeziehung von Subunternehmerkosten) sowie einen entsprechend höheren Gewinnaufschlag (d.h. höher als 10 %) zu berücksichtigen.[8]

 

Beispiel 1

Ein inländisches Bau- und Montageunternehmen übernimmt den Bau eines Tanklagers in Frankreich, sodass eine französische Bau- und Montagebetriebsstätte entsteht. Im Rahmen der Durchführung des Bauvorhabens werden technische Lösungen überwiegend von Spezialisten im Inland erarbeitet und anschließend von der Bau- und Montagebetriebsstätte auf der Baustelle erfolgreich umgesetzt.

 

Lösung

Selbst wenn die Umsetzung der im übrigen Unternehmen erarbeiteten Lösungen durch die Bau- und Montagebetriebsstätte technisch schwierig und anspruchsvoll ist, kommt eine Abweichung von der Anwendung der Kostenaufschlagsmethode nicht in Betracht, solange die eigentliche Wertschöpfung im Inland erfolgt. Dies gilt auch, wenn die Bau- und Montagebetriebsstätte in untergeordnetem Umfang an der Erarbeitung von Lösungen mitwirkt.

 

Beispiel 2

Ein inländisches Bau- und Montageunternehmen verpflichtet sich, in den Niederlanden ein Einkaufszentrum zu errichten. Die Bauarbeiten führen zur Begründung einer Bau- und Montagebetriebsstätte in den Niederlanden. Abweichend von der ursprünglichen Planung entsendet die inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte des Bau- und Montageunternehmens eigene Spezialisten zur Bau- und Montagebetriebsstätte, die die wesentlichen Planungs- und Ingenieursarbeiten vor Ort in den Niederlanden durchführen.

 

Lösung

Die Wertschöpfung erfolgt durch die Tätigkeit der inländischen Spezialisten in der Bau- und Montagebetriebsstätte. Insoweit lässt sich die Bau- und Montagebetriebsstätte nicht als Routineunternehmen mit geringen Risiken qualifizieren. Dementsprechend ist die Bau- und Montagebetriebsstätte entweder mit einem höheren Gewinnaufschlag unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode gem. § 32 BsGaV zu vergüten oder die Gewinnaufteilungsmethode i.S.d. § 33 BsGaV anzuwenden (Anm. 3633 ff.).

 

Rz. 3618

[Autor/Stand] Analoge Anwendung auf funktions- und risikoähnliche Betriebsstätten. Die Grundsätze des § 32 Abs. 1 BsGaV sind nach Auffassung der Finanzverwaltung auch auf Betriebsstätten anzuwenden, die keine Bau- und Montagebetrie...

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