Rz. 1607

[Autor/Stand] Funktionsanalyse als Ausgangspunkt. Bei Lieferbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen ist im Rahmen einer Funktionsanalyse zunächst zu klären, wie die jeweilige Produktionsgesellschaft zu qualifizieren ist (vgl. zur Funktions- und Risikoanalyse grds. Anm. 566 ff.). Dabei sind die folgenden Grundformen denkbar:

  • Produktion durch einen Eigenproduzenten,
  • Produktion durch einen Lohnfertiger,
  • Produktion durch ein verbundenes Unternehmen, dessen Funktionen zwischen diesen beiden Polen liegen.

Der Einordnung eines produzierenden verbundenen Unternehmens in die Kategorien Eigenproduzent oder Lohnfertiger kommt im Rahmen der Verrechnungspreisermittlung eine große Bedeutung zu. Während die Eigenproduktion die Übernahme eigener Marktchancen und Marktrisiken impliziert, ist die Lohnfertigung als nur eingeschränkte Funktionsausübung in Form einer Dienstleistung anzusehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass fremde Lohnfertiger neben der Ausführung eines vorgegebenen Fertigungsschritts häufig eine Reihe weiterer Funktionen übernehmen. Das einem Lohnfertiger zugestandene Entgelt (Anm. 1632) wird dementsprechend zwischen fremden Dritten vom Umfang der ausgeübten Funktionen, der getragenen Risiken und der eingesetzten (immateriellen) Wirtschaftsgüter abhängen. Übernimmt ein Lohnfertiger immer mehr Funktionen und Risiken, wird irgendwann ein Punkt erreicht sein, ab dem er zum Eigenproduzenten wird, also nicht mehr nur ein Entgelt für eine übernommene Dienstleistung erhält, sondern die vollen Chancen und Risiken der Produktion innehat. Zur Abgrenzung zwischen Eigenproduktion und Lohnfertigung sind dabei die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.[2]

 

Rz. 1608

[Autor/Stand] Auffassung der Finanzverwaltung und der OECD. Im Rahmen der Einordnung einer Produktionsgesellschaft als Eigenproduzent oder Lohnfertiger bestand bisher das Problem, dass es keine verbindliche Definition für einen Lohnfertiger gab, da sich die VWG 1983[4] und die OECD-Leitlinien[5] in einer beispielhaften Darstellung von Lohnfertigungsverhältnissen erschöpfen und die VWG-Verfahren lediglich eine Qualifikation als "Routinefunktion" vornehmen.[6] So gehen die VWG 1983 auf die "verlängerte Werkbank" in Tz. 3.1.3 Bsp. 3 anhand eines Beispiel-Szenarios ein[7]:

"Ein Unternehmen lagert spezielle Teile seiner Fertigung auf eine ausländische Tochtergesellschaft aus. Die Produktion und der Vertrieb durch die ausländische Gesellschaft erfolgen in enger Anbindung an den Betrieb des inländischen Unternehmens. Die Produktion wird von der Muttergesellschaft langfristig abgenommen. Die Tochtergesellschaft mit ihrer eingeschränkten Produktionsbreite wäre als unabhängiges Unternehmen auf Dauer nicht lebensfähig. Unter Fremden wäre die Produktion in Lohnfertigung übertragen worden (vgl. auch Tz. 2.1.2). Dementsprechend kann der Verrechnungspreis durch die Kostenaufschlagsmethode ermittelt werden."

Die OECD-Leitlinien enthalten in Tz. 2.54 ein ähnliches Beispiel:

"Die Gesellschaft C im Staat D ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Gesellschaft E mit Sitz in Staat F. Im Vergleich zu Staat F sind die Löhne in Staat D sehr niedrig. Die Gesellschaft C montiert Fernsehgeräte auf Kosten und Gefahr der Gesellschaft E. Die Gesellschaft E liefert alle notwendigen Bestandteile, Know-how usw. Die Gesellschaft E garantiert den Kauf des montierten Produkts für den Fall, dass die Fernsehgeräte einen bestimmten Qualitätsstandard nicht erreichen. Nach der Qualitätsprüfung werden die Fernsehgeräte – auch auf Kosten und Gefahr der Gesellschaft E – zu den Vertriebszentren gebracht, die die Gesellschaft in mehreren Staaten unterhält. Die Funktion der Gesellschaft C kann kostentechnisch als reine Lohnfertigung ("cost manufacturing function") bezeichnet werden. Die Risiken, die die Gesellschaft C tragen könnte, sind mögliche Abweichungen von der vereinbarten Qualität und Menge. Die Basis für die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode bilden alle Kosten, die mit der Montagetätigkeit im Zusammenhang stehen."

Die deutschen VWG 1983 stehen also insoweit im Einklang mit den OECD-Leitlinien. Eine weitere einschlägige Darstellung zu Lohnfertigungsverhältnissen enthalten die OECD-Leitlinien in Tz. 7.40:

"The activities can take a variety of forms including what is commonly referred to as contract manufacturing. In some cases of contract manufacturing the producer may operate under extensive instruction from the counterparty about what to produce, in what quantity and of what quality. In some cases, raw materials or components may be made available to the producer by the counterparty. The production company may be assured that its entire output will be purchased, assuming quality requirements are met. In such a case the production company could be considered as performing a low-risk service to the counterparty, and the cost plus method could be the most appropriate transfer pricing method, subject to the principles in Chapter II."

Im Ergebnis ließ sich aus den vorstehend...

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