a) Bestimmte Normenkonkurrenzen als Anwendungsbereich

„ [3] Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sowie Absatz 8 und § 20 Absatz 2 des Außensteuergesetzes ...”

 

Rz. 108

[Autor/Stand] Allgemeines. § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG regelt das Verhältnis von § 50d Abs. 9 EStG zu anderen (s. Rz. 109) Vorschriften. Eine solche Anordnung ist nur dann erforderlich, wenn ein und derselbe Sachverhalt die Tatbestandsvoraussetzungen mehrerer Vorschriften erfüllt. Denn welche Vorschrift in derartigen Konkurrenzsituationen anzuwenden ist, wird nach allgemeinen Grundsätzen durch ungeschriebene Kollisionsregeln bestimmt.[2] Sind die Tatbestandsvoraussetzungen der hiernach anzuwendenden Vorschrift erfüllt, wird die andere Vorschrift "verdrängt" und kann nicht mehr – wie auch immer man das formulieren man (gleichzeitig, parallel, nebeneinander, zusätzlich, vor- oder nachrangig) – zur Anwendung kommen. Sie ist nur dann anwendbar, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der anderen Vorschrift nicht erfüllt sind – dann ergibt sich aber auch keine durch Kollisionsregeln aufzulösende Konkurrenzsituation. Wenn von der sich aus den ungeschriebenen Kollisionsregeln ergebenden Anwendungsreihenfolge abgewichen, also eine bestimmte Anwendungsreihenfolge vorgeben werden soll, ist eine gesonderte Anordnung als ausdrückliche Kollisionsregel erforderlich (s. Rz. 110). Das ist das Anliegen von § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG, der deshalb schon ganz grundsätzlich kein Treaty Override sein kann,[3] weil die Vorschrift eben "nur" eine Anwendungsreihenfolge normiert – die eigentliche Abkommensüberschreibung resultiert aus § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG bzw. § 50d Abs. 8 EStG und § 20 Abs. 2 AStG.

 

Rz. 109

[Autor/Stand] Erfasste Normenkonkurrenzen. § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG regelt das Verhältnis von § 50d Abs. 9 EStG "nur" in Bezug zu DBA (s. Rz. 110), zu § 50d Abs. 8 EStG (s. Rz. 113) und § 20 Abs. 2 AStG (s. Rz. 113). Weil das Verhältnis zu den beiden letztgenannten Vorschriften durch das AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013[5] in verfassungswidriger Weise rückwirkend (s. Rz. 38) neu geregelt wurde, ist für dieses Verhältnis im VZ 2012/13 noch die alte Rechtslage relevant (s. Rz. 115).

b) Anwendungsreihenfolge als Rechtsfolge ("bleiben unberührt")

"... bleiben unberührt, ..."

 

Rz. 110

[Autor/Stand] Anwendungsreihenfolge. Mit der Formulierung „ bleiben unberührt ” lösen Steuergesetze – wie an vielen anderen Stellen – ein Konkurrenzverhältnis zu anderen Vorschriften auf, bestimmen als ausdrückliche Kollisionsregel eine bestimmte Anwendungsreihenfolge, mit anderen Worten, welche Vorschrift vorrangig anzuwenden ist.[7] Es kommt dann z.B. nicht mehr darauf an, ob diese Vorschrift auch spezieller ist.[8] Sind die Tatbestandsvoraussetzungen der vorrangig anzuwendenden Vorschrift erfüllt, wird die andere Vorschrift (deren Tatbestandsvoraussetzungen ebenfalls vorliegen) "verdrängt" und kann nicht mehr zur Anwendung kommen, wie bei ungeschriebenen Kollisionsregeln auch (s. Rz. 108). Der Wortlaut ("bleibt unberührt") suggeriert auf den ersten Blick zwar ein anderes Verständnis, weshalb auch im Schrifttum auf eine Anwendung z.B. "nebeneinander",[9]"kumulativ",[10]"parallel"[11] oder "wahlweise"[12] verwiesen wird. Das würde den Rechtsanwender aber auf die Situation ohne Anwendungsregel zurückwerfen, da er dann nach wie vor nicht weiß, nach welchen Maßstäben er die vorrangig anzuwendende Vorschrift bestimmen soll[13] und auf allgemeine Grundsätze (s. Rz. 108) zurückgreifen müsste – die Anwendungsregelung wäre dann bedeutungslos. Stimmt die ausdrücklich normierte Anwendungsreihenfolge mit derjenigen überein, die sich aus den allgemeinen Grundsätzen ergibt (s. Rz. 108), ist die Anordnung deklaratorisch, in allen anderen Fällen ist sie konstitutiv, was aber nur für verfassungsrechtliche Fragestellungen eine Bedeutung hat (s. Rz. 38). Für § 50d Abs. 9 EStG wird normiert, dass die vorgenannten Vorschriften (s. Rz. 109) in Konkurrenzsituationen (s. Rz. 108) grundsätzlich (s. Rz. 111) vorrangig anzuwenden sind. Wenn die Tatbestandsvoraussetzungen einer dieser Vorschriften erfüllt werden, wird § 50d Abs. 9 EStG verdrängt. Ohne diese Anordnung würde z.B. die jüngere oder speziellere Vorschrift die ältere bzw. generelle Vorschrift verdrängen (s. Rz. 108).

c) Weitergehende Einschränkung als zusätzliche Bedingung

"..., soweit sie jeweils die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken."

 

Rz. 111

[Autor/Stand] Soweit sie jeweils die Freistellung in einem weitergehenden Umfang einschränken. Die Vorschriften (s. Rz. 109) bleiben allerdings nur dann "unberührt" (s. Rz. 110), soweit sie die Freistellung von Einkünften "in einem weitergehenden Umfang einschränken".[15] Ob das der Fall ist, ist rechtsfolgenseitig zu beurteilen[16] und würde sich zunächst ausschließlich "der Höhe nach" bestimmen lassen, wenn man den Begriff des "Umfangs" betragsmäßig versteht. Unter teleologischen Gesichtspunkten erscheint allerdings sachgerecht, wenn man bei einer betragsmäßigen Gle...

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