§ 208 Abs. 2 Nr. 1 AO begründet eine Zuständigkeit der Steuerfahndung für steuerliche Ermittlungen auf Ersuchen der originär zuständigen Finanzbehörde. Hier wurde der Flankenschutz auf Anfrage des Veranlagungsfinanzamts aktiviert.

Die Aufgabendelegation an die Steuerfahndung ist der Amtshilfe ähnlich. Nach einer Literaturansicht[38] sind deshalb § 112 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 AO entweder direkt oder analog anzuwenden. Hiernach muss ein hinreichender sachlicher Grund für das Ersuchen an die Steuerfahndung vorliegen. Maßgeblich wären hier vor allem Aspekte der eigenen unzureichenden Ermittlungsfähigkeit des Veranlagungsfinanzamts.

Ob auf die Grundsätze der Amtshilfe direkt oder analog zurückzugreifen ist, kann dahinstehen. In jedem Fall hätte das Finanzamt im Rahmen seines Entschließungsermessen nach § 5 AO abzuwägen, ob ein besonderer Bedarf nach dem Einsatz der Steuerfahndung besteht. Die durch den Einsatz der Steuerfahndung bedingte Belastung des Steuerpflichtigen ist nach einhelliger Ansicht nur dann zu rechtfertigen, wenn vernünftige sachliche Gründe ein Ersuchen notwendig erscheinen lassen.[39] Dies wiederum führt Aspekte in die Ermessensabwägung ein, für die eine Orientierung an § 112 AO naheliegt.[40] Überdies wären all diejenigen Aspekte zu berücksichtigen, die der BFH im Rahmen seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung beleuchtet hat.

Rein verwaltungsökonomische und ermittlungstaktische Erwägungen[41] sind vor diesem Hintergrund nicht ausreichend und begründen ein Ermessensdefizit des Veranlagungsfinanzamts, aufgrunddessen das Ersuchen rechtswidrig ist. Hieraus wird gefolgert, dass sich bereits keine Zuständigkeit der Steuerfahndung ergibt.[42]

[38] Anders, DStR 2012, 1779 (1782).
[39] Koenig in Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 208 Rz. 39; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 208 AO Rz. 36 (175. Lfg Mai/2023); Tormöhlen in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 208 AO Rz. 150, 155 ff. (273. Lfg, April/2023); Hoyer/Scharenberg in Gosch, AO/FGO, § 208 AO, Rz. 53 (175. Lfg, Mai/2023); Beyer, NWB 2013, 1733 (1735); Jesse, DB 2013, 1803 (1806).
[40] Tormöhlen in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 208 AO Rz. 152 (273. Lfg, April/2023); Hoyer/Scharenberg in Gosch, AO/FGO, § 208 AO Rz. 53 (151. Lfg. Februar/2020).
[41] So aber Rüsken in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 208 Rz. 50 f. und Roth, StBW 2013, 320 (321).
[42] Anders, DStR 2012, 1779 (1782). Dieser Schluss ist indes nicht zwingend und die Folgen eines rechtswidrigen, weil ermessensfehlerhaften Ersuchens für die Zuständigkeit der Steuerfahndung sind bislang nicht geklärt.

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