Rz. 48

§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c ErbStG regelt den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer bei der Errichtung einer Stiftung bzw. Vermögensmasse ausländischen Rechts nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStG. Wenn die Stiftung beim Tod des Erblassers noch nicht bestanden hat, muss sie nach dessen Versterben vom beschwerten Erben oder Vermächtnisnehmer durch besonderes Stiftungsgeschäft mit behördlicher Anerkennung und unter Rückwirkung nach § 84 BGB noch errichtet werden. Die zivilrechtliche Rückwirkungsfiktion führt auch erbschaftsteuerrechtlich dazu, dass ein Zwischenerwerb anderer Personen mit der Möglichkeit einer mehrfachen Besteuerung desselben Vermögens ausgeschlossen ist.[1] Wenn eine Stiftung durch Verfügung von Todes wegen errichtet wird, erfolgt die Vermögensausstattung entweder durch Erbeinsetzung, Vermächtnis oder Auflage, sodass sich die Steuerbarkeit bereits aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bzw. § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG ergäbe. Hier ordnet § 9 Abs. 1 Buchst. c ErbStG an, dass die Steuer erst mit dem Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung – also abweichend von § 84 BGB nicht rückwirkend – entsteht. Maßgebend ist die Bekanntgabe.[2] Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass ein Vermögenszuwachs (z. B. Zinsen, Mieteinnahmen) in dem Interimszeitraum zwischen Tod und Anerkennung der Erbschaftsteuer unterliegt.[3]

 

Rz. 49

Die Vorschrift gilt entsprechend für die Bildung oder Ausstattung einer ausländischen Vermögensmasse[4], namentlich eines sog. Nachlasstrusts.

 

Rz. 50

Als Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStG sieht der BFH[5] überdies die Variante an, in der der Erblasser den Erben oder Vermächtnisnehmer mit der Auflage beschwert, eine Stiftung durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden zu errichten. Allerdings weisen Hannes/Holtz[6] zutreffend darauf hin, dass sich die Steuerbarkeit der 1. Variante bereits aus § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG ergeben könnte. Insofern liegt die Bedeutung darin, dass sie das Stiftungsgeschäft unter Lebenden seitens des Erben bzw. Vermächtnisnehmers in die Erbschaftsbesteuerung verlegt und damit die Vermögensausstattung der Stiftung als Zuwendung des Erblassers versteht. Der Entstehenszeitpunkt der ErbSt ist allerdings unklar. Weinmann[7] stellt auch hier auf den Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung ab, während Gottschalk[8] im Gleichklang mit § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d ErbStG auf den Zeitpunkt der Vollziehung der Auflage abstellt, der zunächst die Anerkennung der Stiftung vorausgehen muss. Nicht einschlägig ist § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG, wenn die Stiftung bereits beim Tod des Erblassers bestanden hat, weil dann der durch Verfügung von Todes wegen angeordnete Erwerb von Vermögen durch sog. Zustiftungen aus seinem Nachlass unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bzw. § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d ErbStG fällt. Davon zu unterscheiden ist die Vorfrage, ob das in eine bereits zu Lebzeiten errichtete ausländische Familienstiftung eingebrachte Vermögen ausnahmsweise unter Durchbrechung des sog. Trennungsprinzips als von Todes wegen erworben gilt.[9]

 

Rz. 51

Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ErbStG gilt als vom Erblasser zugewendet, was jemand in Vollziehung einer vom Erblasser angeordneten Auflage[10] erwirbt. Der durch eine Auflage Begünstigte wird nicht schon unmittelbar mit dem Erbfall durch einen Anspruchserwerb, sondern erst infolge der Vollziehung der Auflage bereichert. Demzufolge tritt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d ErbStG die Steuerpflicht erst ein, wenn die vom Erblasser angeordnete Auflage nach dessen Tod vollzogen wird. Dies ist gegeben, wenn der Begünstigte ein frei verfügbares Recht auf Leistung bzw. einen frei verfügbaren Vermögensgegenstand erlangt.[11] Im Wesentlichen ist der Begriff der Vollziehung deckungsgleich mit dem der Ausführung in § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG.[12] Die Auflage kann ausschließlich einem unbestimmten Personenkreis oder einem sachlichen Zweck zugutekommen. Wenn es an einem konkret Begünstigten fehlt, ist nicht § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG einschlägig. Vielmehr kann sich eine Steuerbarkeit nach dem Tatbestand der Zweckzuwendung (§ 1 Abs. 1 Nrn. 3, 8 ErbStG) ergeben. Dann entsteht die Steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG bereits mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Verpflichtung des Beschwerten.

 

Rz. 52

Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ErbStG gilt als vom Erblasser zugewendet, was jemand infolge Erfüllung einer vom Erblasser gesetzten Bedingung erwirbt.[13] Die Vorschrift bezieht sich auf Fälle, bei denen der Erwerb eines Dritten davon abhängt, dass der Erbe oder Vermächtnisnehmer eine vom Erblasser gesetzte Bedingung erfüllt. § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ErbStG besteuert mithin den Erwerb durch den Dritten, der nicht Erbe oder Vermächtnisnehmer ist. Die Vorschrift nimmt den Erwerb als steuerbaren Erwerb von Todes wegen nach dem Erblasser in den Katalog der Steuertatbestände auf, in dem eine vom Erblasser gesetzte Bedingung die Begünstigung eines Dritten zur Folge hat. Die Steuer entsteht gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 B...

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