Rz. 410

Zivilrechtlich ist die Vereinbarung der Gütergemeinschaft keine Schenkung i. S. d. §§ 516 ff. BGB.[1] Deshalb erscheint es auch bedenklich, die Bereicherung, die ein Ehegatte oder Lebenspartner (gem. § 7 LPartG sind Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft) durch das ErbStRG vom 24.12.2008[2] bei Vereinbarungen der Gütergemeinschaft erfährt, unter den allgemeinen Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu subsumieren. Ob daran die vom BFH[3] befürwortete Besteuerung unbenannter Zuwendungen[4] etwas ändert, ist zweifelhaft, da der Eintritt der Gütergemeinschaft sich kraft Gesetzes und nicht durch Rechtsgeschäft vollzieht. Insoweit schließt § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG eine vermeintliche "Besteuerungslücke", indem die Bereicherung, die der ärmere Ehegatte/Lebenspartner bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft im Verhältnis zum reicheren Ehegatten/Lebenspartner erhält, besteuert wird. Dabei geht es um die Vergemeinschaftung der beiderseitigen Vermögen zum Gesamtgut nach § 1416 BGB. Die Steuerpflicht bezieht sich also nicht auf das Sondergut[5] und das Vorbehaltsgut.[6] Ein besonderer Wille zur Freigebigkeit ist nicht erforderlich.[7] Die Vorschrift erfasst allerdings lediglich die ursprüngliche Vereinbarung der Gütergemeinschaft einschließlich eines späteren Wechsels etwa vom gesetzlichen Güterstand in den Güterstand der Gütergemeinschaft. Wird das Gesamtgut später erweitert, ist dieser Vorgang nicht vom Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gedeckt. Dies betrifft etwa die Überführung vom Vorbehaltsgut eines Ehegatten/Lebenspartners in das gemeinschaftliche Vermögen oder die Überführung von Gegenständen aus dem Gesamtgut in das Vorbehaltsgut eines Ehegatten/Lebenspartners.[8] Im Einzelfall ist zu prüfen, ob der Vorgang unter den Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG subsumiert werden kann.[9] Da der BFH[10] grundsätzlich einen Willen zur Unentgeltlichkeit genügen lässt und bei Zuwendung unter Ehegatten (bzw. Lebenspartnern) auf einen Willen zur schenkweisen Zuwendung nicht abstellt, wird regelmäßig eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG anzunehmen sein. Im Fall der Ehescheidung ist jedem der Ehegatten/Lebenspartner der Wert des seinerzeit in die Gütergemeinschaft Eingebrachten zu erstatten. Es erscheint sinnvoll, die Rückgängigmachung der Bereicherung analog § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zu behandeln.[11]

 

Rz. 411–419

einstweilen frei

[2] BGBl I 2008, 3018 seit dem 1.1.2009 in den persönlichen Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG mit einbezogen.
[3] BFH v. 2.3.1994, II R 59/92, BStBl II 1994, 366; krit. Hannes/Holtz, in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 2021, § 7 Rz. 93.
[7] Hannes/Holtz, in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 2021, § 7 Rz. 111 m. w. N.
[8] Hannes/Holtz, in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 20121, § 7 Rz. 109; Weinmann, in Moench/Weinmann, ErbStG, § 7 Rz. 209.
[9] Weinmann, in Moench/Weinmann, ErbStG, § 7 Rz. 209.
[10] BFH v. 2.3.1994, II R 59/92, BStBl II 1994, 366; krit. Hannes/Holtz, in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 2021, § 7 Rz. 94.
[11] Curdt, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 7 Rz. 111.1 m. w. N.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge