Rz. 95

Der Erwerber muss den Steuererlass aufgrund der Verschonungsbedarfsprüfung beantragen.[1] Das Antragsrecht steht nur dem Erwerber zu, nicht auch dem Schenker (auch nicht im Falle einer vertraglichen Übernahme der Schenkungsteuer nach § 10 Abs. 2 ErbStG).[2]

 

Rz. 96

Das Gesetz sieht für den Antrag keine bestimmte Form vor. Schriftform ist zweckmäßig, aber nicht zwingend.[3] In der Praxis wird eine schriftliche Antragsstellung aufgrund der Nachweispflichten des Erwerbers gleichwohl unvermeidlich sein.[4]

 

Rz. 97

Eine Frist für den Antrag ist gesetzlich nicht vorgesehen. Der Antrag muss nicht in oder zusammen mit der Steuererklärung gestellt werden. Der Antrag kann auch noch nach Eintritt der (formellen und/oder materiellen) Bestandskraft der Steuerfestsetzung gestellt werden.[5]

 

Rz. 98

Der Antrag ist nicht mehr möglich, wenn der Erwerber bereits einen (erfolgreichen) Antrag auf reduzierte Verschonung (nach § 13c ErbStG) gestellt hat (§ 13c Abs. 2 S. 6, § 28a Abs. 8 ErbStG).

 

Rz. 99

Der Antrag auf Steuererlass ist grundsätzlich jederzeit widerruflich.[6] Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu dem unwiderruflichen Antrag auf Optionsverschonung (§ 13a Abs. 10 S. 1 ErbStG) und dem unwiderruflichen Antrag auf einen reduzierten Verschonungsabschlag (§ 13c Abs. 2 S. 6 ErbStG). Der Antrag kann auch mehrfach gestellt und widerrufen werden. Der Antrag kann auch dann noch widerrufen werden, wenn der Erwerber gegen die Behaltens- oder Lohnsummenregelung verstoßen hat.

 

Rz. 100

Das Antragsrecht steht stets dem Erwerber (nicht auch dem Schenker) zu. Dies gilt auch dann, wenn die Steuer von einem anderen übernommen worden ist (§ 10 Abs. 2 ErbStG). Der Antrag kann auch von einem Bevollmächtigten des Erwerbers gestellt werden.

 

Rz. 101

Bei mehreren Erwerbern steht das Antragsrecht jedem Erwerber alleine zu. Mehrere Erwerber können den Antrag auch getrennt voneinander und unterschiedlich stellen (und widerrufen). Dies gilt auch dann, wenn sich mehrere Erben noch nicht auseinandergesetzt haben (z. B. im Falle einer ungeteilten Erbengemeinschaft, §§ 2032 ff. BGB).

 

Rz. 102

Bei minderjährigen Erwerbern ist der Antrag von den Inhabern der Vermögenssorge zu stellen (§§ 1626 ff. BGB). Eine gerichtliche Genehmigung ist für den Antrag nicht erforderlich (§§ 1643, 1821 ff. BGB).

 

Rz. 103

Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und Nachlasspfleger sind zwar zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet (§ 31 Abs. 5 und 6 ErbStG). Ein Recht, den Antrag auf Steuererlass zu stellen, steht ihnen im Regelfall aber nicht zu.[7] Sie müssen auf einen solchen Antrag auch nicht hinwirken.

 

Rz. 104

Beim Erwerb durch eine juristische Person muss der Antrag von den vertretungsberechtigten Organmitgliedern gestellt werden (z. B. dem Stiftungsvorstand, §§ 86, 26 BGB).

 

Rz. 105

Die FinVerw geht regelmäßig davon aus, dass der Antrag auf Steuererlass im Erbfall insgesamt nur einheitlich für alle Arten des erworbenen begünstigten Vermögens gestellt werden kann.[8] Bei Schenkungen kann der Antrag dagegen für jeden Erwerb begünstigten Vermögens getrennt gestellt werden (einschränkend R E 13a.13 Abs. 1 S. 2 ErbStR 2019 bei Vorliegen eines einheitlichen Schenkungswillens).

 

Rz. 106–108

einstweilen frei

[1] § 28a Abs. 1 S. 1 ErbStG; R E 28a.1 Abs. 1 und 2 ErbStR 2019.
[2] Stalleiken, in v. Oertzen/Loose, ErbStG, § 28a Rz. 18; Wälzholz, in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, § 28a Rz. 15.
[3] Umkehrschluss zum Schriftformerfordernis für die Anzeigen in § 28a Abs. 5 S. 4 ErbStG.
[4] S. R E 28a.1 Abs. 2 ErbStR 2019.
[5] S. R E 28a.1 Abs. 2 ErbStR 2019: "unabhängig vom Eintritt der materiellen Bestandskraft der Erbschaft- und Schenkungsteuerfestsetzung bis zum Eintritt der Zahlungsverjährung".
[6] R E 28a.1 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 ErbStR 2019; Eisele, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 28a Rz. 4.
[7] So auch Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 28a Rz. 3; ausführlich zu den steuerlichen Pflichten eines Testamentsvollstreckers Herbst, ZEV 2022, 390 und 508; Holler/Kreisner, ErbR 2022, 120; Kamps, ErbR 2022, 24.
[8] S. R E 13a.13 Abs. 1 S. 1 ErbStR 2019.

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