Rz. 51

In der Praxis hat sich gezeigt, dass die auf den ersten Blick eindeutige Vorschrift bei bestimmten Konstellationen nicht leicht anzuwenden ist.

3.1 Übernahme der Schenkungsteuer

 

Rz. 52

Hat der Schenker für eine oder alle Zuwendungen selbst die Zahlung der Steuer übernommen, wird der Erwerb mit dem Betrag angesetzt, der sich ergibt, wenn die für den Nettowert ermittelte Steuer diesem Wert hinzugerechnet wird. Der Erwerb wird mit dem Betrag angesetzt, der sich als Bruttowert aus der Summe der direkten Zuwendung und der berechneten Steuer ergibt.

 

Rz. 53

 
Praxis-Beispiel

Im Jahr 2014 hat die Großmutter G der Enkelin E 250.000 EUR geschenkt. In 2016 wendet sie E erneut 250.000 EUR zu, wobei G jeweils die Schenkungsteuer übernommen hat.

 
Erwerb 2014:    
Zuwendung   250.000 EUR
abzügl. pers. Freibetrag, § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG   - 200.000 EUR
    50.000 EUR
7 % Steuer = 3.500 EUR   + 3.500 EUR
Bemessungsgrundlage (gerundet)   53.500 EUR
Schenkungsteuer 2014 (7 %) 3.745 EUR  
Erwerb 2016:    
Zuwendung 2016   250.000 EUR
zuzügl. Zuwendung 2014   250.000 EUR
zuzügl. Steuer 2014   3.745 EUR
abzügl. pers. Freibetrag   - 200.000 EUR
    303.745 EUR
Schenkungsteuer gem. § 19 Abs. 3 ErbStG    
(11 % × 300.000 EUR =) 33.000 EUR + (½ × 3.700 EUR =) 1.850 EUR = 34.850 EUR  
abzügl. bezahlte Schenkungsteuer für den Erwerb 2014: - 3.745 EUR  
  31.105 EUR + 31.105 EUR
steuerpflichtiger Gesamterwerb 2014 und 2016:   334.850 EUR
11 % x 300.000 EUR =) 33.000 + (1/2 x 34.850 =) 17.425 =   50.425 EUR
abzügl. bereits bezahlte Steuer 20014   - 3.745 EUR
Zahllast 2016:   46.680 EUR
 

Rz. 54

Der BFH[1] hat entschieden, dass eine Zuwendung, bei der der Schenker die Schenkungsteuer übernommen hat, so mit einer späteren Zuwendung zu verrechnen ist, dass als "früherer Wert" des Vorerwerbs sein Wert zuzüglich der auf diesen Betrag zu errechnenden Steuer gilt.[2]

[2] Weinmann, in Moench/Weinmann, ErbStG, § 14 Rz. 13; für den Fall der Steuerübernahme beim Letzterwerb: BFH v. 2.3.2005, II R 43/03, ZEV 2005, 405.

3.2 Zusammenrechnung im Nacherbfall

 

Rz. 55

Beim Eintritt der Nacherbfolge hat der Nacherbe den Erwerb – abweichend von § 2100 BGB – als vom Vorerben stammend zu versteuern.[1] Der Erwerb des Nacherben ist nur mit früheren Zuwendungen, die er vom Vorerben erhalten hat, zusammenzurechnen.[2]

 

Rz. 56

Nicht einzubeziehen sind also Erwerbe des Nacherben, die er früher unmittelbar vom Erblasser erlangt hat.[3] Das gilt auch dann, wenn nach § 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG der Antrag auf Versteuerung nach dem Verhältnis zum Erblasser gestellt ist, denn dieser Antrag ändert nichts daran, dass der Erwerb vom Vorerben stammt.[4]

[2] Vgl. Bsp. H E 14.1 Abs. 1 ErbStH 2019; Weinmann, in Moench/Weinmann, ErbStG, § 14 Rz. 36; BFH v. 3.11.2010, II R 65/09, DStR 2010, 2567.
[3] Kugelmüller-Pugh, in V/S/W, ErbStG, 2020, § 14 Rz. 44 f.; Weinmann, in Moench/Weinmann, ErbStG, § 14 Rz. 36; a. A. Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 14 Rz. 35; Geck, in Kapp/Ebeling, § 14 Rz. 43.

3.3 Zusammenrechnung von Erwerben mit Nutzungs- und Rentenlasten

 

Rz. 57

Nach § 25 Abs. 1 S. 1 ErbStG a. F. wurde der Erwerb von Vermögen, dessen Nutzungen dem Schenker oder dem Ehegatten des Schenkers oder Erblassers zustehen, ohne Berücksichtigung dieser Belastungen besteuert. Die Belastung wurde in der Weise berücksichtigt, dass der Teil der Steuer, der auf den Kapitalwert der Belastung entfällt, zinslos gestundet war. Das Abzugsverbot nach § 25 Abs. 1 ErbStG a. F. war nur im Rahmen der Ermittlung der steuerrechtlichen Bereicherung nach § 10 ErbStG a. F. bei dem Erwerb zu berücksichtigen, der mit einer Nutzungs- oder Rentenlast belastet war.[1]

 

Rz. 57a

Ist ein Erwerb nach § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG mit einem früheren Erwerb zusammenzurechnen, der mit einer nach § 25 Abs. 1 S. 1 ErbStG a. F. nicht abziehbaren Belastung beschwert ist, ist nach Ansicht des BFH der Vorerwerb mit dem Bruttowert, d. h. ohne Berücksichtigung der Belastung, anzusetzen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Der Vater V wendete 2004 seinem Sohn S ein Grundstück zu und behielt sich den Nießbrauch vor. Der Grundbesitzwert des Grundstücks beträgt 1.200.000 EUR (Verkehrswert 1.800.000 EUR). V ist 65 Jahre alt. Der jährliche Mietertrag des Grundstücks (§ 15 III BewG) beträgt 64.500 EUR. Es findet die Steuerklasse I Anwendung.

Der nach dem Alter des Vaters bemessene Vervielfältiger beträgt 9,019[3]. Daraus ergibt sich ein Kapitalwert des Nießbrauchs von (64.500 EUR × 9,019 =) 581.725 EUR.

(a) Steuerpflichtiger Erwerb des S 2004:

 
Steuerwert des Grundstücks 2004 1.200.000 EUR
abzüglich Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG a. F.: ./. 205.000 EUR
Bemessungsgrundlage (für Schenkungsteuer) 995.000 EUR
Schenkungsteuer StKl. I (19 % von 995.000 EUR =) 189.050 EUR

(b) Berechnung der gem. § 25 I ErbStG zu stundenden Steuer

 
Grundbesitzwert des Grundstücks 1.200.000 EUR
abzügl. Kapitalwert des Nießbrauchs ./. 581.725 EUR
abzügl. persönlicher Freibetrag ./. 205.000 EUR
Erwerb (unter Berücksichtigung der Belastung) 413.275 EUR
Bemessungsgrundlage (abgerundet): 413.200 EUR
von S sofor...

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