Rz. 438

Die Erfüllung des Unternehmenszwecks muss schließlich einen "wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO)" erfordern.[1]

§ 14 AO lautet wie folgt:

Zitat

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Eine Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt, zum Beispiel Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird.

 

Rz. 439

Das Gesetz enthält somit eine Regelvermutung dafür, dass die Vermietung von Wohnungen, die notwendigerweise der Hauptzweck des Unternehmens ist, eine bloße Vermögensverwaltung darstellt (§ 14 S. 3 AO). Damit liegt i. d. R. kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die unternehmerische Tätigkeit über die bloße Vermögensverwaltung hinausgeht. Dies kann dann aber auch Auswirkungen auf die Gewerbesteuerbelastung haben (s. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG).

 

Rz. 440

Die Vermietung von Wohnungen muss allerdings stets der Hauptzweck des Unternehmens bleiben. Mögliche Abgrenzungskriterien in diesem Zusammenhang sind Nebenleistungen des Vermieters (z. B. Hausmeisterdienste, Objektschutz, Beratungsleistungen, Betreutes Wohnen, Erbringung von sonstigen Dienstleistungen), Anzahl der Wohnungen und Häufigkeit von Mieterwechseln. Maßgeblich ist immer das Gesamtbild der Verhältnisse und die jeweilige Verkehrsanschauung.

 

Rz. 441

Dagegen kommt es für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs auf die Größe des verwalteten Vermögens und den von der Größe des Vermögens abhängigen Umfang der Verwaltungstätigkeit nicht an. In der Praxis wird die Frage in vielen Fällen indes kaum rechtssicher und zweifelsfrei zu beantworten sein.

 

Rz. 442

Die Rechtsunsicherheit wird noch dadurch vergrößert, dass die amtliche Gesetzesbegründung vom Gesetzestext nicht unerheblich abweicht. Danach werden Wohnimmobilien aus dem Verwaltungsvermögen ausgenommen, "wenn deren Überlassung im Rahmen eines in kaufmännischer Weise eingerichteten, d. h. wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfolgt".[2] Die Notwendigkeit eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetriebs fehlt im Gesetzestext. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) und kaufmännischer Gewerbebetrieb (§ 1 Abs. 2 HGB) können sich decken, müssen dies aber keineswegs tun. Für die Erforderlichkeit kaufmännischer Einrichtungen (wie etwa Buchführung und Bilanzierung, Firma, Vertretung, etc.) kommt es u. a. auf die Art der Geschäftstätigkeit (z. B. Organisation des Betriebs, Marktauftritt des Unternehmens, Vielfalt der Geschäftsbeziehungen, Erteilen handelsrechtlicher Vollmachten, Inanspruchnahme von Krediten) und den Umfang der Geschäftstätigkeit (z. B. Umsatz, Bilanzsumme, Größe, Finanzierung, Bankverbindungen) an. Maßgebend ist auch hier stets das Gesamtbild der Verhältnisse.

 

Rz. 443

Die FinVerw hat eine Liste von Indizien aufgestellt, die im Einzelfall für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sprechen.[3] Dazu gehören der Umfang der Geschäfte, das Unterhalten eines Büros, die Buchführung zur Gewinnermittlung, die (umfangreiche) Organisationsstruktur zur Durchführung der Geschäfte, die Bewerbung der Tätigkeit und das Anbieten der Dienstleistung bzw. der Produkte gegenüber einer breiten Öffentlichkeit.

 

Rz. 444

Das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs soll dabei regelmäßig dann anzunehmen sein, wenn das Unternehmen mehr als 300 eigene Wohnungen hält.[4] Die Vermietung und die Verwaltung der Wohnungen muss nicht von dem übertragenen Unternehmen selbst vorgenommen werden, sondern kann auch auf ein anderes Unternehmen (z. B. auf ein Betriebsunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, eine Tochtergesellschaft oder ein externes Dienstleistungsunternehmen) übertragen werden.[5]

 

Rz. 445

Die unterschiedlichen Anforderungen an das Vorliegen eines Geschäftsbetriebs in Gesetzestext und Gesetzesbegründung dürften auch Rückwirkungen auf die Gewerbesteuer haben. Nach dem Gesetzeswortlaut muss ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) vorliegen, sodass die unternehmerische Tätigkeit über die bloße Vermietung von Wohnungen hinausgehen muss. Beschränkt sich die Tätigkeit indes nicht auf die Vermietung von Wohnungen, dürfte die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung bei der Gewerbesteuer ausscheiden (§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG).[6] Nach der Gesetzesbegründung muss dagegen ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb vorliegen, d. h. es müssen nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit kaufmännische Einrichtungen erforderlich sein. Dies kann aber auch dann der Fall sein, wenn sich die Tätigkeit auf die Vermietung von Wohnungen beschränkt. Danach wäre die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung für Wohnungsunternehmen auch dann zu gewähren, wenn deren Erwerb erbschaftsteuerlich begünstigt ist. Die Tatbestandsvoraussetzun...

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