4.1 Überblick

 

Rz. 145

Begünstigtes Vermögen (§ 13b Abs. 2 ErbStG) bleibt grundsätzlich zu 85 % (Verschonungsabschlag) steuerfrei (Regelverschonung, § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG, R E 13a.1 S. 2 ErbStR 2019). Auf (unwiderruflichen) Antrag des Erwerbers wird (an Stelle des Verschonungsabschlags von 85 %) ein Verschonungsabschlag von 100 % gewährt (Optionsverschonung, § 13a Abs. 10 S. 1 Nr. 1 ErbStG, R E 13a.1 Abs. 1 S. 3 ErbStR 2019).

 

Rz. 146

Seit dem 1.7.2016 wird der Verschonungsabschlag allerdings nur noch dann in voller Höhe gewährt, wenn der Erwerb begünstigten Vermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG) eine Grenze von 26 Mio. EUR nicht übersteigt (§ 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG und § 37 Abs. 12 S. 1 ErbStG).[1] Dabei werden Erwerbe begünstigten Vermögens innerhalb der letzten 10 Jahre von derselben Person zusammengerechnet (§ 13a Abs. 1 S. 1 und 2 ErbStG).[2]

 

Rz. 147

Bei einem Erwerb begünstigten Vermögens, der die Grenze von 26 Mio. EUR überschreitet (sog. Großerwerb), kann der Erwerber zwischen 2 Verschonungsmodellen wählen (R E 13a.2 Abs. 1 S. 4 ErbStR 2019):

  • Bei dem Abschmelzungsmodell wird der Verschonungsabschlag von grundsätzlich 85 % bzw. 100 % mit zunehmender Höhe des Erwerbs immer weiter reduziert (§ 13c ErbStG). Die Abschmelzung beträgt dabei jeweils einen Prozentpunkt für jede volle 750.000 EUR. Der Verschonungsabschlag wird dabei bis auf 0 abgeschmolzen. Eine Sockelverschonung ist nicht vorgesehen. Ab einem Erwerb von rund 90 Mio. EUR wird keinerlei Verschonung mehr gewährt.
  • Bei dem Erlassmodell wird die Steuer ganz oder teilweise erlassen, wenn der Erwerber nachweist, dass er nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen (§ 28a ErbStG). Der Steuererlass ist auch bei einem Erwerb von mehr als 90 Mio. EUR möglich.
 

Rz. 148

Die beiden Verschonungsmodelle können nicht miteinander kombiniert werden, sondern schließen sich gegenseitig aus (§ 13c Abs. 2 S. 6, § 28a Abs. 8 ErbStG).

In allen Fällen kann beim Erwerb von Todes wegen zusätzlich eine Steuerstundung beantragt werden (§ 28 Abs. 1 ErbStG).

 

Rz. 149–152

einstweilen frei

[1] R E 13a.1 Abs. 1 S. 2 und R E 13a.2 ErbStR 2019.
[2] S. dazu R E 13a.2 ErbStR 2019.

4.2 Regelverschonung: Verschonungsabschlag von 85 % (§ 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG)

 

Rz. 153

Begünstigtes Vermögen (§ 13b Abs. 2 ErbStG) bleibt grundsätzlich zu 85 % (Regelverschonung) bzw. 100 % (Optionsverschonung) steuerfrei (§ 13a Abs. 1 S. 1 und Abs. 10 S. 1 Nr. 1 ErbStG).

 

Rz. 154

Der Verschonungsabschlag wurde in seiner jetzigen Form bereits durch das Erbschaftsteuerreformgesetz 2009 eingeführt.[1] Gleichwohl hat der Gesetzgeber im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2016[2] die Notwendigkeit der Verschonung nochmals ausführlich begründet.

 

Rz. 155

In dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom September 2015 wird dazu Folgendes ausgeführt (BT-Drs. 18/5923, 21 ff.):

Zitat

Die im Wesentlichen durch kleine und mittelständische Betriebe geprägte Unternehmenslandschaft mit ihrer familienbezogenen Unternehmensstruktur ist für die deutsche Wirtschaft charakteristisch und hat sich im internationalen Wettbewerb bewährt. Regional vernetzte Betriebe bilden eine wichtige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum in Deutschland und damit für nachhaltige Beschäftigung in Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Sie stehen für offene Märkte und hohe Wettbewerbsintensität.

Aufgrund des föderalen Aufbaus und der sozialen Marktwirtschaft hat sich deshalb in Deutschland eine einzigartige Unternehmensstruktur gebildet, die auch die Vorteile des Familienbetriebs mit den Vorteilen eines Großunternehmens kombiniert. Diese Unternehmensstruktur generiert ein volkswirtschaftliches Wachstum und wirkt in ökonomischen Krisen stabilisierend. Betriebliches Vermögen bildet damit eine Basis für eine regional ausgewogene Wertschöpfung und ein stabiles Wachstum mit hohem Beschäftigungsstand in Deutschland. Diese gemeinwohlorientierten Besonderheiten gegenüber anderen Vermögensarten erfordern eine differenzierte Behandlung im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer.

Jährlich werden etwa 27.000 Unternehmen übertragen, in denen rund 400.000 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Da in vielen Betrieben beträchtliches Kapital für Produktionszwecke gebunden ist, kann die im Erb- oder Schenkungsfall anfallende Steuer oft nicht aus liquidem Vermögen oder aus laufenden Erträgen beglichen werden. Liquiditätsreserven und Investitionsfähigkeit sollen durch staatliche Ansprüche nicht erschöpft werden. Aber gerade Zeiten des Betriebsübergangs brauchen stabile Rahmenbedingungen, weil sie oft Umstrukturierungen und Neuinvestitionen erforderlich machen. Deshalb wird Erwerbern betrieblichen Vermögens eine Verschonung ermöglicht, die die Liquidität schützt, Investitionen nicht verhindert, das Unternehmen nicht gefährdet und so letztlich die Beschäftigung in den Betrieben sichert. Damit wird auch gesamtwirtschaftlich ein Betrag dazu geleistet, die wirtschaftliche Stärke und damit die Beschäftigung in Deutschland zu erhalten.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 BvL 21/12 – die gesetzgeberische Konzeption und die...

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