Rz. 516

Nach § 157 Abs. 3 S. 1 BewG sind die Grundbesitzwerte für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke festzustellen. Für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit verweist § 157 Abs. 3 S. 2 BewG grundsätzlich auf § 70 BewG.

Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit in § 157 Abs. 1 S. 3 BewG kann jedoch nicht losgelöst von dem Erwerbsgegenstand i. S. d. Erbschaft- und Schenkungsteuer ausgefüllt werden. Ist nur ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück Gegenstand des erbschaft- oder schenkungsteuerlichen Erwerbs, kann sich die Frage nach einer über diesen Anteil hinausgreifen wirtschaftlichen Einheit i. S. d. § 2 Abs. 1 BewG nicht stellen; vielmehr bildet der Anteil als solcher die wirtschaftliche Einheit gem. § 157 Abs. 1 S. 3 BewG. Werden zur gleichen Zeit Miteigentumsanteile an einem Grundstück auf mehrere Bedachte schenkweise übertragen, ist daher keine einheitliche gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts für das ganze Grundstück mit anschließender Verteilung durchzuführen; vielmehr bilden die zugewendeten Miteigentumsanteile jeweils für sich den Gegenstand einer gesonderten Feststellung.[1]

Nach § 70 Abs. 1 BewG ist wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens das Grundstück. Der bewertungsrechtliche Grundstücksbegriff deckt sich weder mit dem grundbuchrechtlichen Grundstücksbegriff noch mit dem katasterrechtlichen Flurstücksbegriff. Für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit gelten vielmehr die Grundsätze des § 2 Abs. 1 S. 1 BewG. Ein Grundstück im bewertungsrechtlichen Sinne kann hiernach sowohl mehrere Grundstücke im bürgerlich-rechtlichen Sinne umfassen als auch nur ein Teil eines solchen Grundstücks sein.[2] Entsprechendes gilt im Verhältnis zu Flurstücken im katasterrechtlichen Sinn.

Eine wirtschaftliche Einheit können nur räumlich zusammenhängende Grundstücksflächen bilden. An diesem Zusammenhang fehlt es, wenn die ein und demselben Eigentümer gehörenden Parzellen entweder durch fremden Grundbesitz oder durch öffentliche Straßen voneinander getrennt sind. Eine Trennung durch dem Eigentümer gehörende Privatwege steht der Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit hingegen nicht entgegen.[3]

 

Rz. 517

Bei bebauten Grundstücken hängt es insbesondere von der Zweckbestimmung und der Verkehrsanschauung ab, ob jedes Gebäude mit dem dazu gehörenden Grund und Boden eine selbstständige wirtschaftliche Einheit bildet oder ob mehrere Gebäude zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden können. Nebengebäude, die in räumlichem Zusammenhang mit dem Hauptgebäude stehen, sind grundsätzlich in die wirtschaftliche Einheit des bebauten Grundstücks mit einzubeziehen.[4] Entsprechendes gilt für freiberuflich oder gewerblich genutzte Anbauten an Wohngebäude.[5] Auch Vorder- und Hinterhäuser, die nur durch einen gemeinsam genutzten Hof getrennt sind, bilden i. d. R. eine einzige wirtschaftliche Einheit.[6] Demgegenüber bilden Reiheneinfamilienhäuser sowie mehrere Wohngrundstücke desselben Eigentümers jedes für sich eine selbstständige wirtschaftliche Einheit, wenn sie nach ihrer baulichen Gestaltung und Einrichtung unabhängig voneinander veräußert werden können.[7]

Ob bei bebauten Grundstücken, zu denen eine größere Grundstücksfläche gehört, Teilflächen als selbstständige unbebaute Grundstücke auszuscheiden sind, hängt sowohl von der Zweckbestimmung als auch von den örtlichen Gegebenheiten ab. In einem Villengebiet bildet die von dem Hauseigentümer als einheitliche Park- oder Gartenanlage genutzte Fläche unabhängig von ihrer Größe mit dem darauf befindlichen Gebäude eine wirtschaftliche Einheit.[8] In Geschäfts- und Wohngegenden mit geschlossener Bauweise können größere unbebaute Flächen hingegen selbst dann ein selbstständiges unbebautes Grundstück bilden, wenn sie tatsächlich als Hausgarten genutzt werden.[9]

 

Rz. 518

Abweichend von dem Grundsatz des § 2 Abs. 2 BewG, dass mehrere Wirtschaftsgüter als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht kommen, als sie demselben Eigentümer gehören, lässt es § 70 Abs. 2 S. 1 BewG zu, das im Alleineigentum stehende Grundstück mit dem Miteigentumsanteil an einer Gemeinschaftseinrichtung zu einer wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens und damit zu einem einzigen Grundstück im bewertungsrechtlichen Sinne zusammenzufassen. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass bei der Anlage von Siedlungen zur besseren Nutzung des Grund und Bodens vielfach Gemeinschaftseinrichtungen wie gemeinsame Hofflächen oder Garagen geschaffen werden, die im Miteigentum der (Allein-)Eigentümer der angrenzenden Grundstücke oder Eigentumswohnungen stehen. Während die Einbeziehung des Miteigentumsanteils nach § 70 Abs. 2 BewG aber nur dann möglich ist, wenn alle Anteile an dem gemeinschaftlichen Grundvermögen Eigentümern von Grundstücken gehören, die ihren Anteil jeweils zusammen mit ihrem Grundstück nutzen, lässt es § 157 Abs. 3 S. 2 BewG genügen, dass der Anteil zusammen mit dem Grundstück genutzt wird. Auch in diesem Fall ist die Einb...

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