Rz. 333

Nach § 200 Abs. 4 BewG werden alle innerhalb von 2 Jahren vor dem Bewertungsstichtag eingelegten Wirtschaftsgüter, die nicht unter die Abs. 2 und 3 fallen, und mit diesen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Schulden neben dem Ertragswert mit dem eigenständig zu ermittelnden gemeinen Wert angesetzt. Dafür bleiben die mit den gesondert zu bewertenden Wirtschaftsgütern und Schulden zusammenhängenden Erträge und Aufwendungen bei der Ermittlung des Jahresertrags außer Betracht.[1]

Nach dem Bericht des Finanzausschusses dient § 200 Abs. 4 BewG der Missbrauchsbekämpfung.[2] Die Vorschrift soll verhindern, dass durch den Ansatz des Ertragswerts auch der Wert solcher Wirtschaftsgüter abgegolten wird, die wegen ihrer kurzen Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen noch keinen adäquaten Beitrag zu den für die Ermittlung des Ertragswerts maßgeblichen Betriebsergebnissen leisten konnten.[3]

 

Rz. 333a

Ob die Vorschrift diesem Ziel gerecht wird, ist allerdings fraglich. § 200 Abs. 4 BewG gilt nur für eingelegte Wirtschaftsgüter. Da es an einer eigenständigen bewertungsrechtlichen Definition fehlt, ist von dem Einlagebegriff im ertragsteuerlichen Sinne[4] auszugehen. Danach sind Einlagen solche Wirtschaftsgüter, die der Inhaber dem Betrieb aus seinem Privatvermögen oder dem Vermögen eines anderen Betriebs zuführt, ohne dass hierfür eine betriebliche Veranlassung vorhanden ist.[5] Nicht unter § 200 Abs. 4 BewG fallen angeschaffte Wirtschaftsgüter. Dies gilt u. E. auch dann, wenn die Anschaffung mit Geldmitteln erfolgt ist, die ihrerseits innerhalb des 2-Jahreszeitraums in den Betrieb eingelegt wurden. Demgegenüber will die FinVerw § 200 Abs. 4 BewG auch auf solche eingelegten Wirtschaftsgüter beziehen, die am Bewertungsstichtag nur ihrem Wert nach noch vorhanden sind.[6] Befindet sich das eingelegte Wirtschaftsgut am Bewertungsstichtag nicht mehr im Betriebsvermögen, sondern ein Wirtschaftsgut, das an dessen Stelle getreten ist (Surrogat), soll das Surrogat mit dem Wert am Bewertungsstichtag angesetzt werden.[7] Diese Auslegung überdehnt den Wortlaut des Gesetzes. Denn der ertragsteuerrechtliche Einlagebegriff ist wirtschaftsgut- und nicht wertbezogen.[8] Soweit sich die Ertragslage des Betriebs dadurch wesentlich geändert hat, dass innerhalb von 2 Jahren vor dem Bewertungsstichtag Wirtschaftsgüter eingelegt wurden, die zum Bewertungsstichtag nicht mehr gegenständlich vorhanden sind, ist entweder eine Abkürzung des für die Ableitung des nachhaltig erzielbaren Jahresertrags maßgeblichen 3-Jahreszeitraums nach § 200 Abs. 3 S. 1 BewG in Betracht zu ziehen, oder die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens hat zu unterbleiben, weil es zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

Handelt es sich bei dem eingelegten Wirtschaftsgut um Grundbesitz, für den ein Wert nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BewG festzustellen ist, ist der auf den Bewertungsstichtag festgestellte Wert maßgeblich.[9] Die Basiswertregelung des § 151 Abs. 3 BewG ist hierbei zu beachten.[10]

 

Rz. 333b

Unmittelbar mit den neu eingelegten Wirtschaftsgütern in Zusammenhang stehende Aufwendungen und Erträge sind bei der Ermittlung der Betriebsergebnisse nach § 202 BewG zu korrigieren.[11]

[2] BT-Drs. 16/11107, 27.
[3] Grundsätzlich ablehnend gegenüber der gesonderten Bewertung neu eingelegter Wirtschaftsgüter Schulte, FR 2008, 341, 346: krit. auch Stahl, KÖSDI 2008, 16069, 16073; Kohl, ZEV 2009, 554, 557.
[6] R B 200 Abs. 5 S. 1 ErbStR 2019.
[7] R B 200 Abs. 5 S. 6 ErbStR 2019.
[8] Ablehnend auch Stalleiken/Theissen, DStR 2010, 21, 26.
[9] R B 200 Abs. 5 S. 2 ErbStR 2019.
[10] R B 200 Abs. 5 S. 3 ErbStR 2019.
[11] R B 200 Abs. 5 S. 4 ErbStR 2019.

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