Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Recht auf getrennte Veranlagung nach Ablauf der Festsetzungsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Recht zur Wahl der getrennten Veranlagung nach § 25 Abs. 3 Satz 3 EStG besteht nicht mehr, wenn wegen eingetretener Festsetzungsverjährung eine Steuerfestsetzung ausscheidet. Die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

 

Normenkette

AO §§ 169 Abs. 1 S. 1, 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 170 Abs. 1; EStG § 25 Abs. 3 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 08.03.2010; Aktenzeichen VIII B 15/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt zu Recht Anträge auf getrennte Veranlagungen für die Jahre 2000, 2001 und 2002 wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung abgelehnt hat.

Der 1928 geborene Kläger war in den hier streitbefangenen Jahren mit der am 10. November 2004 verstorbenen, 1921 geborenen K. G. verheiratet. Die 1954 geborene gemeinsame Tochter - Klägerin zu 2. - ist gemeinsam mit ihrem Vater (Kläger zu 1.) Erbin.

Mit beim beklagten Finanzamt am 08. Januar 2007 eingegangenem Schreiben beantragten die Kläger, die vorgenannten Eheleute G. für die Jahre 2000, 2001 und 2002 erstmalig zur Einkommensteuer zu veranlagen, und zwar zwecks Anrechnung einbehaltener Zinsabschlagsteuer und Solidaritätszuschlag. Die entsprechenden Steuererklärungen, in denen das Wahlrecht nach § 26 Abs. 1 S. 1 EStG nicht ausgeübt worden war, wurden dem Finanzamt am 25. Juli 2007 vorgelegt. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger und seine Ehefrau in den hier maßgeblichen Jahren aus der gesetzlichen Rentenversicherung seit 1986 bzw. 1991 jährliche Leibrenteneinkünfte zwischen 5.750,00 DM (2000) und 3.035,00 € (2002) sowie jährliche Einkünfte aus Kapitalvermögen zwischen 3.961,00 DM (2000) und 1.757,00 € (2002), erzielt hatten; sie blieben damit jährlich unter dem Grundfreibetrag (§ 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG) auch für Alleinstehende (13.499,00 DM im Jahr 2000 bzw. 7.235,00 € im Jahr 2002).

Mit beim Finanzamt am 1. Dezember 2007 eingegangenem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17. Dezember 2007 übersandten die Kläger erneut inhaltsgleiche Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre, allerdings unter Beantragung der getrennten Veranlagung für alle Jahre (Bl. 84 - 114, im Folgenden jeweils: ESt-Akte).

Unter Hinweis auf Eintritt der Festsetzungsverjährung für alle Jahre lehnte das Finanzamt mit Bescheiden vom 21. Februar 2008 die Zusammenveranlagung (Bl. 77 ff.) und vom 22. Februar 2008 die zuletzt beantragte getrennte Veranlagung der Eheleute ab (Bl. 120 ff.). Die Eheleute seien mangels einer entsprechenden finanzamtlichen Aufforderung sowie mangels entsprechender Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen verpflichtet gewesen (Hinweis auf § 56 EStDV). Daher sei die 4-jährige Verjährungsfrist für das jüngste Jahr 2002 bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2006 und für die vorangegangenen Jahre jeweils ein Jahr zuvor abgelaufen.

Mit ihrem gegen die Ablehnungsbescheide vom 22. Februar 2008 eingelegten Einspruch machten die Kläger geltend, dass Eheleute bei getrennter Veranlagung nicht von der den § 25 Abs. 3 EStG einschränkenden Regelung des § 56 EStDV zur Abgabe von Steuererklärungen betroffen seien; es gelte vielmehr vorbehaltlich des hier nicht einschlägigen § 46 EStG die allgemeine Steuererklärungspflicht gem. § 25 Abs. 3 S. 1 EStG, und zwar unabhängig von der Einkunftshöhe (Hinweis auf Schmidt/Seeger EStG, § 25 Tz. 5 letzter Satz). Bei Ausübung des Wahlrechts auf getrennte Veranlagung folge die uneingeschränkte Erklärungspflicht beider Ehegatten aus § 25 Abs. 3 S. 3 EStG.

Mit Entscheidung vom 18. Juli 2008 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 140). Es vertrat unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 21. Juni 2006 - VI R 80/04 (BStBl. II 2007, 11) die Meinung, dass die Prüfung des § 56 EStDV der Frage des Veranlagungswahlrechts von Eheleuten vorgehe. Da die dort aufgezeigten Grenzen bei den Eheleuten weder im Fall der Zusammenveranlagung noch bei einer Einzelveranlagung überschritten seien, habe keine gesetzliche Steuererklärungspflicht bestanden. Eine Aufforderung durch das Finanzamt sei gleichfalls nicht erfolgt. Somit sei bereits vor Antragstellung auf Steuerfestsetzung Verjährung eingetreten; die von den Klägern genannte Vorschrift des § 171 Abs. 3 AO greife nicht.

Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Steuerfestsetzung (auf jeweils 0,00 DM bzw. Euro) unter Hinweis u.a. auf R 172 EStR 2000 bzw. R 25 EStR 2007 weiter. Da die diesbezüglichen gesetzlichen Einschränkungen (§§ 46 EStG, 56 EStDV) nicht greifen, bleibe es bei der allgemeinen Steuererklärungspflicht nach § 25 Abs. 3 S. 1 EStG. Werde hiernach die getrennte Veranlagung gewählt, schreibe das Gesetz klar vor, dass beide Ehegatten zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet seien. Dies ergebe sich auch aus der Entstehungsgeschichte der §§ 25 EStG, 56 EStDV.

Die Kläge...

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