Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarkeit des nationalen Aufteilungsgebots nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG mit den unionsrechtlichen Vorgaben. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 12/23)

 

Leitsatz (amtlich)

Verpflegungsleistungen fallen nicht unter die Steuerermäßigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG normiert insoweit ein Aufteilungsgebot, an dem auch nach der Entscheidung des EuGH "Stadion Amsterdam" vom 18.01.2018 noch festzuhalten ist.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nrn. 11, 8a, § 15 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Tatbestand ist zur Veröffentlichung nicht geeignet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die das Gericht gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1.

Die Beherbergungsleistungen sowie die Umsätze aus der Vermietung der Tagungs- und Seminarräume an Mitglieder des Klägers unterliegen dem ermäßigten Steuersatz. Die übrigen streitigen Leistungen (Verpflegungsleistungen, Überlassung von Seminar- und Tagungsräume an Nichtmitglieder des Klägers) sind mit dem Regelsteuersatz zu versteuern.

  1. Die Übernachtungsleistungen unterliegen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG dem ermäßigten Steuersatz. Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die Steuer auf 7 v. H. für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen.
  2. Die vom Kläger an die Übernachtungsgäste erbrachten Verpflegungsleistungen fallen nicht unter die Steuerermäßigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG. Nach der Rechtsprechung des BFH und EuGH handelt es sich bei der Verpflegung von Hotelgästen zwar um eine Nebenleistung zur Übernachtung (vgl. BFH, Urteile vom 15.01.2009 V R 9/06, BStBl II 2010, 433; vom 20.03.2014 V R 25/11, BFH/NV 2014, 1173; vgl. auch FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.11.2018 7 K 7314/16, EFG 2019, 294 zur Einordnung von Frühstücksleistungen als Nebenleistungen zu der Beherbergung). Die Verpflegungsleistungen in einem Beherbergungsbetrieb gehören jedoch zu den Leistungen, die i. S. v. § 12 Abs. 2 Nr.11 Satz 2 UStG nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind, und sind daher nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG von der Steuerermäßigung ausgenommen. Insoweit normiert § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nach Auffassung des BFH ein Aufteilungsgebot (BFH, Urteil vom 24.04.2013 XI R 3/11, BStBl II 2014, 86).

Ob an dem Aufteilungsgebot bei Einordnung der Verpflegungsleistungen als Nebenleistungen zu den Übernachtungsleistungen auch noch nach Ergehen des Urteils des EuGH vom 18.01.2018 (C-463/16, Rs. Stadion Amsterdam, DStR 2018, 246) festzuhalten ist, ist zweifelhaft. Im jenem Urteil hat der EuGH entschieden, dass eine einheitliche Leistung wie die im dortigen Ausgangsverfahren fragliche, die aus zwei separaten Bestandteilen, einem Haupt- und einem Nebenbestandteil, besteht, für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gälten, nur zu dem für diese einheitliche Leistung geltenden Mehrwertsteuersatz zu besteuern ist, der sich nach dem Hauptbestandteil richtet, und zwar auch dann, wenn der Preis jedes Bestandteils, der in den vom Verbraucher für die Inanspruchnahme dieser Leistung gezahlten Gesamtpreis einfließt, bestimmt werden kann.

Die Auffassungen in der steuerlichen Literatur zur Frage, ob das Aufteilungsgebot gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nach Ergehen dieses EuGH-Urteils mit dem Unionsrecht vereinbar ist, sind unterschiedlich. Das FG Berlin-Brandenburg hat in seinem Urteil vom 28.11.2018 - 7 K 7314/16 - (EFG 2019, 294) den Meinungsstreit in der steuerlichen Literatur ausführlich dargestellt. Danach wird teilweise die Auffassung vertreten, dass auch Nebenleistungen zu Übernachtungsleistungen im Hotelgewerbe an der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG teilhaben müssten (Möser, MwStR 2018, 505; Janzen in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, Dokumentenstand 86.02. Lfg. 05/2018, § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG; Nieskens, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 2018, 181; Oldiges, DB 2018, 541; von Streit, UStB 2018, 106; Masuch, NWB 2018, 457 (457); Prätzler, jurisPR-SteuerR 6/2018 Anm. 1; wohl auch Nacke, NWB 2018, 2314 (2316)). Die Gegenauffassung (Gieseler, BB 2018, 734; Treiber, DStR 2018, 1922; Korf, MwStR 2018, 266; wohl auch Gieseler, NWB 2018, 1514 (517ff.)) geht allerdings davon aus, dass gesetzlichen Aufteilungsgeboten auch nach dem oben aufgeführten Urteil des EuGH im Verfahren "Stadion Amsterdam" Vorrang gegenüber den aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung resultierenden Rechtsfolgen einzuräumen sei, weil damit zum allgemeinen Grundsatz der gesonderten Betrachtung jeder einzelnen Leistung zurückgekehrt werde (Gieseler, BB 2018, 734). Für eine europarechtliche Zulässigkeit des Auf...

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