Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung Ausbildungskosten. Liebhaberei (hier Fotokurs für Apotheker): die Anerkennung von Umschulungskosten als Sonderausgaben setzt voraus, dass eine weitere Berufstätigkeit – anhand objektiver Tatsachen erkennbar – tatsächlich auch angestrebt wird

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anerkennung von Ausbildungskosten als Sonderausgaben i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1969 setzt voraus, dass der Steuerpflichtige anhand objektiv erkennbarer Tatsachen darlegen kann, dass ihm die Durchführung der Ausbildungsmaßnahme nicht nur der Vertiefung seiner Freizeitinteressen dient sondern darauf abzielt, eine neue Erwerbstätigkeit aufzunehmen (Umschulung) oder die neue Tätigkeit neben seine bisherige Erwerbsquelle zu stellen (Nebenberuf).

 

Normenkette

EStG 1969 § 10 Abs. 1 Nr. 9, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Prozeßbeteiligten streiten darüber, ob die Kosten für einen Fotofernkurs bis zur Höhe von 900 DM als Sonderausgaben abzugsfähig sind.

Der Kläger betreibt seit 1963 die Apotheke in … zu deren Einzugsgebiet 13 Gemeinden gehören. In den Jahren 1967 bis 1970 erzielte er hieraus gewerbliche Einkünfte von (abgerundet) 48 000 DM, 45 000 DM, 56 000 DM und 64 000 DM. In seiner Einkommensteuererklärung 1969 machte der Kläger bei den Sonderausgaben als Aufwendungen für Berufsausbildung 900 DM gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend. Darüber legte er einen Darlehensantrag vom 7.11.1967 in Höhe von 2 304 DM, zahlbar in 24 Monatsraten, mit der Famous Schools … Deutschlandbüro … zur Finanzierung eines Fotokurses vor. Dieser bestand aus 24 Lektionen, die dem Absolventen zur Verfügung gestellt wurden, Aufgaben, die nach Ausführung einzusenden waren und benotet wurden, Beratung bei allen fototechnischen Problemen und einem Diplom nach Beendigung des dreijährigen Lehrgangs und Zahlung des Studiengeldes.

Das beklagte Finanzamt (Beklagter) veranlagte den Kläger und seine Frau nach Erklärung vorläufig gem. § 100 Abs. 2 AO. Zwei hierbei unterlaufene kleinere Irrtümer berichtigte es in einem weiteren Bescheid, der ebenfalls vorläufig erfolgte. Bei einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, daß es sich bei dem Fotokurs nicht um eine Berufsausbildung i. S. des Gesetzes gehandelt habe; die häuslichen Verhältnisse des Klägers ließen vielmehr erkennen, daß die Fotografie sein Hobby sei. Im endgültigen Berichtigungsbescheid vom 5.12.1972 wurden diese Aufwendungen daher nicht mehr als Sonderausgaben anerkannt.

Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Der Kläger vertritt den Standpunkt, daß es sich bei dem Lehrgang um die Ausbildung zu einem zweiten Beruf als Pressefotograf gehandelt habe. Die Tatsache, daß er bereits früher in seiner Freizeit fotografisch tätig gewesen sei, stehe dem nicht entgegen, denn eine auf einen Hobby aufbauende berufliche Tätigkeit biete mehr Erfolgsaussichten als ein aufgrund finanzieller Überlegungen angestrebter Beruf. Irgendwelche Anforderungen an die Intensität der Ausbildung habe der Gesetzgeber nicht gestellt. Jedoch ergebe sich aus der Auskunft des Arbeitsamtes … vom 9.7.1973, daß das beabsichtigte Diplom für den Beruf des Fotografen von entscheidendem Wert sei. Zwar sei die angestrebte Berufsausübung nicht neben seinem Apothekenbetrieb möglich gewesen. Er habe aber aus gesundheitlichen Gründen damit rechnen müssen, daß er den Beruf als Apotheker nicht für alle Zeit werde ausüben können. Denn er habe seit 1965 an einer durch Allergie bedingten Bronchitis gelitten, deren Ursache erst 1970 bei einer eingehenden Untersuchung in der Deutschen Klinik für Diagnostik, Wiesbaden, auf den in der Apotheke verwendeten Stoff Lycopodium zurückzuführen gewesen sei (fachärztliche Bescheinigung vom 23.12.1970). Ferner sei die wirtschaftliche Existenz von Apotheken aufgrund der stetig wachsenden Zahl von Niederlassungen heute nicht mehr als gesichert anzusehen. Unter diesen Umständen müsse ihm zugestanden werden, sich rechtzeitig danach umzutun, auf einen anderen Beruf auszuweichen, wenn man nicht heutzutage überhaupt das Recht auf Erlernung eines zweiten Berufes zubilligen müsse.

Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes habe der Kläger das am 1.12.1967 begonnene Studium nach Ablieferung von 17 Arbeiten im Mai 1971 abbrechen müssen. Nachdem die Ursache der Allergie erkannt worden wäre und sich Wege aufgezeigt hätten, sie zu bekämpfen, wäre mit der fortschreitenden Besserung seines gesundheitlichen Allgemeinzustandes ein Abschluß des Studiums auch nicht mehr notwendig gewesen. Sein bis dahin angeeignetes umfangreiches fototechnisches Wissen könne er aber für die Apotheke werbewirksam einsetzen, indem er Kunden auf diesem Gebiet fachlich berate und damit veranlasse, gerade bei ihm zu kaufen.

Im übrigen hält der Kläger neue Tatsachen nicht für gegeben, weil der Gegenstand der in der Einkommensteuererklärung geltend gemachten Berufsausbildungskosten dem Beklagten bereits bei der Veranlagung bekannt gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung ...

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