Leitsatz (amtlich)

Berufsausbildungskosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1969 sind regelmäßig nur solche Aufwendungen, die in der erkennbaren Absicht gemacht worden sind, aufgrund der erlangten Ausbildung eine Erwerbstätigkeit auszuüben.

 

Normenkette

EStG 1969 § 10 Abs. 1 Nr. 9

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein selbständiger Apotheker, setzte für 1969 nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1969 Sonderausgaben von 900 DM als Aufwendungen für Berufsausbildung ab. Die Aufwendungen waren ihm durch die Finanzierung eines Fotokurses entstanden, der nach drei Jahren mit einem Diplom abgeschlossen werden sollte. Den Kurs hatte er jedoch nach 17 von insgesamt 25 Lektionen abgebrochen. Der Kläger behauptet, er habe einen zweiten Beruf als Pressefotograf erstrebt; den Apothekerberuf könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht immer ausüben; überdies sei seine Existenz wegen der Niederlassungsfreiheit für Apotheker nicht gesichert. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah in der Teilnahme an dem Kurs eine Liebhaberei und lehnte den Sonderausgabenabzug ab.

Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung des in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1977 S. 115 (EFG 1977, 115) veröffentlichten Urteils aus: § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG sei 1969 eingeführt worden, um die Ausbildung und Umschulung zu fördern. Auch die Ausbildung für einen zweiten Beruf (Umschulung) werde steuerlich begünstigt, selbst wenn sie neben dem ausgeübten Erstberuf stattfinde (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. Dezember 1974 VI R 78/73, BFHE 114, 485, BStBl II 1975, 334). Kein Beruf sei indessen eine Tätigkeit, die zwar eine Lebensauigabe bilden könne, aber nicht dem Erwerb dienen solle, sondern Liebhaberei sei (Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 17. Aufl., § 10 EStG Anm. 292, und FG Bremen, Urteil vom 29. August 1974 I 64/73, EFG 1975, 10). Eine Fortbildung in einem Hobby sei keine förderungswürdige Berufsausbildung, sofern es nicht ausnahmsweise zum Beruf erhoben werden solle. Ob eine Ausbildung auf eine Berufstätigkeit oder ein Hobby ausgerichtet sei, müsse nach erkennbaren Tatsachen, nicht nur nach den Behauptungen des Klägers beurteilt werden. Die Durchsicht des vorgelegten Lehrstoffes lasse erkennen, daß zur angeblich erstrebten Berufsausübung als Pressefotograf das Ziel des Kurses nicht ausgereicht hätte. Das Fotografieren sei das Steckenpferd des Klägers. Er habe aus der Apotheke so hohe Einkünfte, wie er sie als Fotograf kaum erzielen könnte. Unter diesen Gesichtspunkten sei die Teilnahme des Klägers an dem Fotokurs keine förderungswürdige Berufsausbildung.

Mit der Revision rügt der Kläger die unrichtige Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1969. Er ist insbesondere der Ansicht, es könne keine Rolle spielen, in welchem ertragswirtschaftlichen Verhältnis der Beruf des Pressefotografen zum gegenwärtig ausgeübten Beruf als Apotheker stehe. Auf die unumstößliche Absicht des Überwechselns in diese zweite Berufsart von Anbeginn der Ausbildung an könne es für die Anerkennung der Ausbildungskosten nicht ankommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1969 sind Sonderausgaben Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder seine Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf bis zu 900 DM im Kalenderjahr. Die Kosten des Klägers für den Fotofernkurs stellen keine als Sonderausgaben abziehbaren Aufwendungen für eine Berufsausbildung dar.

Berufsausbildungskosten sind ein Teil der Lebenshaltungskosten. Der Gesetzgeber wollte durch die oben genannte Vorschrift die Ausbildung, insbesondere die Erlernung eines Zweitberufs, erleichtern und fördern (vgl. III Abs. 2 und 3 der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf, Bundestags[BT]-Drucksache V/3430 S. 8, 9). Der Sonderausgabenabzug von Ausbildungskosten als Teil der allgemeinen Lebenshaltungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1969 ist nur gerechtfertigt, wenn die Aufwendungen zu einer einkommensteuerrechtlich relevanten Tätigkeit führen. Der Senat hat demgemäß aus der ausdrücklichen Gleichstellung der Aufwendungen für eine hauswirtschaftliche Aus- und Weiterbildung mit Ausbildungskosten in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1969 gefolgert, daß nicht jede Maßnahme, die einer späteren Berufsausübung förderlich ist, der Berufsausbildung zugerechnet werden darf, sondern nur Maßnahmen, die der Vorbereitung einer Erwerbstätigkeit diener (BFH-Urteil vom 5. August 1977 VIR 246/74, BFHE 123 169, BStBl II 1977, 834).

Eine Berufsausbildung i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1969 liegt im Streitfall nicht vor.

Ein Fotofernkurs vermittelt keine berufstypischen Kenntnisse, da er auf keinen bestimmten Beruf zugeschnitten ist. Er soll vielmehr Personen, die sich für das Gebiet der Fotografie interessieren, allgemeine Kenntnisse nahebringen. Er dient deshalb der Allgemeinbildung im weitesten Sinn (BFH-Urteil VI R 246/74). Aufwendungen für einen Fotofernkurs können daher nur in Ausnahmefällen einen unmittelbaren Bezug zu einem bestimmten Berufsbild haben. Die bloße Teilnahme an einem allgemeinen Fotofernkurs läßt vermuten, daß ein Steuerpflichtiger seine Kenntnisse für sein Steckenpferd Fotografie erweitern will. Bei der Beurteilung, ob Aufwendungen für einen Beruf oder eine Liebhaberei gemacht worden sind, sind die Verkehrsanschauung und die gesamten Umstände des Falles heranzuziehen. Die Vermutung, daß die Aufwendungen für ein Hobby gemacht worden sind, kann nicht durch die bloße Behauptung widerlegt werden, der Fotofernkurs diene unmittelbar der Ausbildung zum Beruf als Pressefotograf. Es müssen vielmehr zusätzliche, objektiv nachprüfbare Umstände erkennbar sein, die die Richtigkeit einer solchen Behauptung belegen (BFH-Urteil vom 23. Juni 1978 VI R 127/77, BFHE 125, 265, BStBl II 1978, 543, und rechtskräftige Urteile des FG Bremen vom 29. August 1974 I 64/73, EFG 1975, 10, und des FG Berlin vom 3. Mai 1976 III 163/75, EFG 1976, 602).

Solche Umstände liegen hier nicht vor. Nach den erkennbaren Tatsachen und der Würdigung der Umstände durch das FG wurden die Kosten für den Fotofernkurs vom Kläger gemacht, um seine Neigungen für die Fotografie zu befriedigen, und nicht, weil er einen zweiten Beruf neben oder anstatt des Berufes eines Apothekers erlangen wollte. Der Senat ist an diese tatsächliche Feststellung und rechtlich mögliche Würdigung des FG gebunden, da keine zulässigen oder begründeten Revisionsrügen vorgebracht wurden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

2. Der Fotofernkurs vermittelte dem Kläger auch keine Kenntnisse, die er unmittelbar bei seiner Berufsausübung als Apotheker verwenden konnte. Sie sind daher keine als Fortbildungskosten (Werbungskosten) berücksichtigungsfähige Aufwendungen, die dazu dienen, in einem ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben, um den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden (BFH-Urteile vom 10. Dezember 1971 VI R 112/70, BFHE 104, 197, BStBl II 1972, 251; vom 18. März 1977 VI R 2/76, BFHE 122, 77, BStBl II 1977, 547, und VI R 127/77).

 

Fundstellen

Haufe-Index 73014

BStBl II 1979, 180

BFHE 1979, 437

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge