Entscheidungsstichwort (Thema)

Die Aufwendungen für eine Liposuktion sind nicht als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abzugsfähig

 

Leitsatz (amtlich)

Im Jahr 2018 handelt es sich bei einer Liposuktion, die zur Behandlung eines Lipödems durchgeführt wird, um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode im Sinne des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV.

 

Normenkette

EStG § 33; EStDV § 64

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.08.2023; Aktenzeichen VI R 18/21)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten hinsichtlich des Jahres 2018 um die Anerkennung der Kosten einer Liposuktion in Höhe von EUR 52.105 als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG.

Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt Versorgungsbezüge, eine Altersrente und Kapitaleinkünfte, zusammen erzielen die Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Mit Feststellungsbescheid des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung in Mainz vom 17.08.2018 wurde bei der Klägerin ein Grad der Behinderung von 50 festgelegt. Es wurde festgestellt, dass die Psychische Krankheit einen Grad von 50 bedinge. Die Gesundheitsstörung Lymphödem Bein rechts, Autoimmunthyreoiditis und Lymphödem Bein links habe nicht berücksichtigt werden können, da sie keinen Grad der Behinderung von wenigstens 10 bedinge (Bl. 55 ESt-Akte).

Im Zeitraum vom 30.04.2018 bis 08.06.2018 ließ die Klägerin in der M Klinik in D in insgesamt acht Operationen eine Liposuktion an beiden Beinen durchführen. Die Kosten hierfür beliefen sich neben Übernachtungskosten, Fahrtkosten, Ultraschalluntersuchung und Miederwaren auf insgesamt EUR 52.104,73 (Bl. 30 ESt-Akte, Bl. 112 ff Gerichtsakte). In der Einkommensteuererklärung 2018, die die Kläger am 28.05.2019 einreichten, machten sie diese Kosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend (Bl. 5 ESt-Akte). Sie gaben an, die Klägerin habe sich auf ärztliches Anraten auch mit Blick auf ihre 50%-ige Behinderung zu der Operation entschlossen. Der Bundesgesundheitsminister habe die Fettabsaugung als Kassenleistung der Krankenkassen angeregt. Die Kläger hätten jedoch nicht auf die endgültige Entscheidung warten wollen, daher werde die Behandlung als außergewöhnliche Belastung in Ansatz gebracht. Dem Kostenansatz lägen eindeutige medizinische Hintergründe zugrunde. Es handele sich nicht um eine Schönheitsoperation.

Mit Schreiben vom 24.07.2019 wies der Beklagte darauf hin, dass es sich bei der Liposuktion derzeit um keine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode handele (Bl. 43 ESt-Akte). Die Berücksichtigung der Aufwendungen sei nur möglich, wenn ein amtsärztliches Gutachten oder die Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorgelegt werde (§ 64 Abs. 1 Nr. 2f EStDV). Der zu erbringende Nachweis müsse vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein.

Die Kläger trugen am 03.08.2019 vor, dass das amtsärztliche Gutachten bzw. die Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung von ihnen im Rahmen des Antrages auf Feststellung einer Behinderung nach § 69 SGB IX gegenüber dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung erwähnt worden sei (Bl. 45 ESt-Akte). Hier sei ihnen bedeutet worden, dass dieser Akt die beiden anderen Möglichkeiten einschließe, da eine umfangreiche Prüfung amtsseitig vorgenommen werde. Der Antrag sei am 05.03.2018, also vor Beginn der Maßnahme (beginnend ab dem "30.04.2019") gestellt worden. Dem Schreiben beigefügt war eine Kopie des Erst-Antrages auf Feststellung einer Behinderung nach § 69 SGB IX vom 05.03.2018 (Bl. 47 ESt-Akte). In diesem war als Gesundheitsstörung "Lymphödem, Beine beidseitig" angegeben. Als weitere Gesundheitsstörung war "Schizoaffektive Störung/depressiv; gemischte schizoaffektive Störung; Autoimmunthyreoiditis" angegeben. Dem Antrag lagen diverse Arztberichte über das Vorliegen einer schizoaffektiven Störung bei (V Klinik E vom 15.05.2017, Bl. 49 ESt-Akte; Dr. med. K, Facharzt für Neurologie vom 01.12.2016, Bl. 50 ESt-Akte, Dr. med. E, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin M vom 16.03.2016, Bl. 50 ESt-Akte Rs); Darüber hinaus legten die Kläger ein Schreiben des Facharztes für Gefäß- und Herzchirurgie Dr. med. B vom 29.06.2017 vor, wonach dieser ein Lymphödem Stadium II beidseitig diagnostiziert hatte (Bl. 54 ESt-Akte). Als Therapie regte der Arzt Folgendes an: KPE II, OS Kompressionsstrümpfe, Flachstrick KL II nach Maß, Anziehhilfe, WV nach Kompression. Des Weiteren legte er den Untersuchungsbericht vom 28.02.2018 der MVZ BB, Gefäßchirurgie/Phlebologie, Dr. med. F, vor, wonach der behandelnde Arzt ein Lymphödem diagnostizierte (Bl. 54 ESt-Akte Rs). Als Therapie wurde vorgeschlagen, die Kompressionsbehandlung fortzusetzen. Es wurde zu viel Bewegung (Laufen) und Kneipp'schen Güssen geraten. Unter "Sonstiges" vermerkte der behandelnde Arzt: "Vorstellung evtl. i. Klinik f. Liposuktion".

Mit dem Einkommensteuerbescheid für 2018 vom 30.08.2019 setzte der Beklagte die Einkomm...

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