Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzug von tatsächlichen Werbungskosten gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Ob Ausgaben, die der Steuerpflichtige im Kalenderjahr 2008 geleistet hat, gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG i.V. mit § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes vom 14. August 2007 als Werbungskosten abgezogen werden können, beurteilt sich danach, wann die mit den Ausgaben zusammenhängenden Kapitalerträge zufließen sollen. Soll der Zufluss erst nach dem 31. Dezember 2008 erfolgen, ist der Werbungskostenabzug auch dann ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige für die Vorableistung beachtliche nichtsteuerliche Gründe geltend machen kann.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 9 S. 1 2. Halbsatz, § 52a Abs. 10 S. 10

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrages gezahlte Vorabverwaltungsgebühren als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind.

Die am 29. April 1951 geborene Klägerin wurde im Streitjahr 2008 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Mit ihrer am 05. Oktober 2009 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung für 2008 erklärte sie u.a. in der Anlage KAP ausländische Kapitalerträge i.H. von 92,00 € sowie diesbezügliche Werbungskosten i.H. von 5.712,00 €. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin hatte zu Beginn des Jahres 2008 die GSS AG (nachfolgend kurz: GSS) mit Sitz in Liechtenstein beauftragt, im Rahmen eines sog. „...-Programms“ für sie Gelder zu verwalten. Zu diesem Zweck hatte sie ein Kontokorrentkonto und ein Depot bei der S Bank eröffnet, auf welches eine Einmalanlage sowie Monatsanlagen inklusive eines Agios i.H. von 5% eingezahlt wurden.

Lt. dem hierzu vorgelegten „Servicevertrag“ sollten die zur Anlage verfügbaren Gelder im regelmäßigen Turnus entsprechend den Anweisungen des Vermögensverwalters angelegt werden (Abschnitt II, Abs. 4 des „Servicevertrages“). Nähere Bestimmungen zur Art der Vermögensanlage enthält der „Servicevertrag“ nicht; auch einen Prospekt, aus dem die Streuung des Anlagekapitals hervor geht, gibt es lt. Auskunft des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht (vgl. Bl. 23 d. PA). Für die regelmäßige Betreuung durch die GSS und die Kosten des Vermögensverwalters sollte halbjährlich eine Verwaltungsgebühr von 0,67% des durchschnittlichen Depotwertes belastet werden (Abschnitt IV, Abs. 2 des „Servicevertrages“). Die genaue Höhe der Vorabverwaltungsgebühr sollte davon abhängen, ob es sich um eine ausschließliche Einmalanlage (Programm A) oder eine Einmalanlage mit zusätzlichen regelmäßigen Monatsanlagen (Programm B) handelt (Abschnitt V des „Servicevertrages“). Auf den „Servicevertrag“ (vgl. Bl. 24 f. d. PA) wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Lt. einem mit „Antragsannahme und Berechnung Vorabverwaltungsgebühr“ überschriebenen Schreiben der GSS vom 04. Februar 2008 wurden zum Vertrag der Klägerin konkret folgende Bedingungen vereinbart:

„Vertragstyp:

Vermögensverwaltung mit in Deutschland zum öffentlichen Vertrieb zugelassenen Investmentfonds

Anteil kapitalgeschützter

Produkte:

0%

Vertragslaufzeit:

15 Jahre

Einmalanlage:

26 000.00 Euro zuzüglich 5% Agio = 27 300 Euro

Monatliche Anlage:

150.00 Euro zuzüglich 5% Agio = 157.50 Euro

Vorabverwaltungsgebühr:

4 450.15 Euro

Erstattung zum Vertragsende:

636.00 Euro“

(vgl. Bl. 11 der Einkommensteuerakten)

Dem Konto der Klägerin bei der S Bank wurden am 28. April 2008 ein Betrag i.H. von 27.457,50 € und ab Mai 2008 jeweils zum Monatsanfang Beträge in Höhe von 157,50 € gutgeschrieben. Außerdem erfolgten am 30. Juni 2008 und am 31. Dezember 2008 Gutschriften aus „Kreditorenzins“ in Höhe von 31,60 € und 60,73 €. Belastet wurde das Konto im Wesentlichen wegen „Asset Management Fees“, insgesamt in einer Höhe von 5.711,85 €. Vermögensanlagen wurden nicht getätigt. Zum 31. Dezember 2008 betrug der Kontostand noch 23.065,66 € (vgl. Kontoauszug der S Bank für das Jahr 2008, Bl. 13 - 16 der Einkommensteuerakten).

Auf das Schreiben der GSS vom 04. Februar 2008 und den Kontoauszug der S Bank für das Jahr 2008 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Im Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 23. November 2009 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Vorabverwaltungsgebühren lediglich in Höhe von 254,00 €. In den Bescheiderläuterungen heißt es hierzu, die Vorabverwaltungsgebühren seien gleichmäßig auf die Vertragsdauer zu verteilen (vgl. Bl. 26 ff. d. Einkommensteuerakten; vgl. auch die Berechnung Bl. 12 d. Einkommensteuerakten: Verwaltungsgebühr 4.450,15 € ./. Erstattung 636,00 € = 3.814,16 € : 15 Jahre = 254,28 €).

Dem hiergegen wegen eines hier nicht streitbefangenen Punktes eingelegten Einspruch half der Beklagte mit geändertem Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 30. Dezember 2009 ab. Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigte er unverändert nur in Höhe von 254,00 € (Bl. 66 ff. d. Einkommensteuerakten).

Mit am 05. Januar 2010 beim Beklagten eingegangenen Schreiben teilte die...

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