Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbeschränkte Steuerpflicht für Angehörige der US-Streitkräfte bei Wohnsitz im Inland

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anwendung der Vorschriften des Art. X Abs. 1 S. 1 Nato-Truppenstatut -NATOTrStat- und des Art. 73 S. 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut -NATOTrStatZAbk- wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die betreffenden Personen im Inland einen Wohnsitz im Sinne des § 8 AO haben.

Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder technische Fachkräfte halten sich immer dann "nur in dieser Eigenschaft" im Sinne von Art. X Abs. 1 S. 1 NATOTrStat im Inland auf, wenn nach den gesamten Lebensumständen erkennbar ist, dass die betreffende Person in dem maßgeblichen Zeitraum fest entschlossen ist, nach Beendigung ihres Dienstes in den Ausgangsstaat oder in ihren Heimatstaat zurückzukehren. Abzustellen ist dabei auf die Lebensumstände aus der Sicht des jeweiligen Besteuerungszeitraums, nicht auf das spätere Verhalten des Betreffenden, das allenfalls als Indiz herangezogen werden kann. Auf die Frage, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der betreffenden Person im Streitjahr befunden hat, kommt es insoweit nicht an.

Die objektive Beweislast liegt beim Steuerpflichtigen.

 

Normenkette

AO § 8; EStG § 1 Abs. 1 S. 1; NATO-TSt Art. X Abs. 1 S. 1; NATO-ZAbk Art. 73 S. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten des gerichtlichen Verfahrens, das sich im zweiten Rechtsgang befindet, ist streitig, ob eine unbeschränkte Steuerpflicht im Inland besteht.

Die Kläger sind US-amerikanische Staatsbürger und seit 1970 miteinander verheiratet. Sie haben eine Tochter. Der 1949 in H/South Carolina geborene Kläger war bis 1993 Mitglied der US-Air Force (USAF) und hielt sich von 1980 an zusammen mit der Klägerin bis zur Ausreise in die USA am 31. Juli 2004 in Deutschland auf. Seit 1984 war er auf der Air Base stationiert. Im Juni 1990 bekleidete er den Rang eines Majors. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand nahm er 1993 eine Anstellung bei der Fa. S an, bei der er zunächst als Systemanalytiker tätig war, ab 1996 als "Systems Engineer". Der Arbeitsvertrag wurde bis zur Ausreise der Kläger im Jahr 2004 verlängert. Die im Jahr 1948 in A/North Carolina geborene Klägerin arbeitete ehrenamtlich als Assistentin in der Schule auf dem Flugplatz und in der dortigen Bibliothek. Von 1980 an bewohnten die Kläger eine angemietete Wohnung in M.

Die Tochter der Kläger besuchte einen von der Verwaltung der US-Streitkräfte eingerichteten Kindergarten und sowie die "X American Middle School", die vom US-Verteidigungsministerium für Kinder von Militärangehörigen unterhalten wird. Das soziale Leben der Kläger und ihrer Tochter spielte sich ihren Angaben zufolge ausschließlich im Umfeld der amerikanischen Streitkräfte in der Region ab. Die wesentlichen Einkäufe, Arztbesuche etc. wurden ebenfalls in diesem Umfeld erledigt. Alle Mitglieder der Familien der Kläger leben in verschiedenen Bundesstaaten in den USA; mit ihnen unterhielten die Kläger regelmäßigen telephonischen Kontakt und besuchten sie auch.

In ihren US-Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre gaben die Kläger als Heimatadresse ein Postfach "P" an. Sie erklärten neben dem steuerbaren Anteil der Pensionseinkünfte des Klägers, Zins- und Dividendenerträgen auch die vom Kläger mit seiner nicht selbständigen Tätigkeit erzielten Einkünfte. Unter Berücksichtigung aller Einkunftsquellen und von Freibeträgen ermittelten die Kläger in ihren Steuererklärungen für die Jahre 1997 bis 2000 Steuerbeträge in Höhe von 8.147,00, 8.432,00, 7.907,00 bzw. 10.421,00 US-Dollar.

Nach einem Hinweis der "NATO-Prüfstelle" forderte der Beklagte die Kläger im September 2001 zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1997 bis 2000 auf. Gegen diese Aufforderung legten die Kläger Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass sie sich nur wegen der Tätigkeit des Klägers als technische Fachkraft, die Dienstleistungen für die USAF erbringe, im Inland aufhielten. Sie hätten ihren alleinigen Wohnsitz in S/Texas, wo sie auch als Wahlberechtigte registriert seien. Keines der Familienmitglieder beherrsche die deutsche Sprache. Verwandtschaftsverhältnisse in Deutschland bestünden nicht; sie hätten hier auch niemals Grundbesitz besessen. Ihr gesamtes soziales Leben befinde sich im Umfeld der US-Streitkräfte.

Nach einer Lohnsteueraußenprüfung behielt der Arbeitgeber des Klägers ab dem 15. Oktober 2001 von dessen Bruttoarbeitslohn Lohnsteuer ein. Der Kläger wurde in der Folgezeit von seinem Arbeitgeber als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt.

Mit Bescheiden vom 5. April 2002, die nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen, unterwarf der Beklagte die Einkünfte der Kläger in den Streitjahren der deutschen Besteuerung. Die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit schätzte er dabei auf 137.706,00 DM (1997), 142.808,00 DM (1998), 152.148,00 DM (1999) und 180.499,00 DM (2000).

Die hiergegen gerichteten Einsprüche wies der Beklagte mit...

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