Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung eines Kreditinstituts mit beherrschendem Einfluss auf Grund von Sicherungsabreden

 

Leitsatz (amtlich)

Eine beherrschende Stellung i. S. v. § 74 Abs. 2 Satz 2 AO kann sich auch aus einer Sicherungsabrede ergeben.Die Haftungsvorschrift des § 74 AO ist so zu verstehen, dass sämtliche haftungsbegründende Umstände zugleich gegeben sein müssen. Es ist nicht erforderlich, dass sämtliche Merkmale auch noch im Zeitpunkt der Inanspruchnahme zur Haftung vorliegen müssen. Der einmal realisierte Haftungstatbestand bleibt bestehen, auch wenn die haftenden Gegenstände zum Zeitpunkt des Haftungsbescheides nicht mehr im Eigentum des Haftenden vorhanden sind.

 

Normenkette

AO § 74

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin zu Recht gemäß § 74 AO in Haftung genommen und zur Zahlung der Haftungssumme aufgefordert wurde.

Die Klägerin ist ein Kreditinstitut. Sie stand mit der Firma L - OHG (L) in Geschäftsverbindung, der sie Kredite eingeräumt und die Vermietung von Mobilien, insbesondere von EDV-Anlagen, finanziert hatte. Neben der Klägerin stellten auch andere Kreditinstitute für die Leasing- und Vermietungsgeschäfte der L Gelder zur Verfügung. Am Gesamthandsvermögen der L war die Klägerin weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt.

Auf der Grundlage dieser Geschäftsbeziehung schloss die Klägerin mit der L am 14.08.1990 einen Rahmenvertrag zum Ankauf von Forderungen aus Mobilien-Leasing-Verträgen. Darin erklärte sie sich bereit, von der L Leasing-Forderungen betreffend die Vermietung von Mobilien ganz oder teilweise käuflich zu erwerben. Die gesetzliche Mehrwertsteuer war vom Ankauf ausgeschlossen. Der Ankauf der einzelnen Mietforderungen erfolgte auf der Grundlage eines jeweils abzuschließenden Forderungskaufvertrages. Den erhaltenen Kaufpreis hatte die L zur Anschaffung von gewerblich nutzbaren Mobilien, insbesondere EDV-Anlagen, zu verwenden. Zur Sicherung der sich aus dem jeweiligen Forderungsverkauf ergebenden Verpflichtungen der LGM wurden die jeweiligen Mietgegenstände an die Klägerin sicherungsübereignet. Die Klägerin war berechtigt, die Sicherheiten nach ihrem Ermessen zu verwerten, wenn u.a. die L ihre Zahlungen einstellte . ...

Weiter verpflichtete sich die L gegenüber der Klägerin mit der als Mantel-Abtretungs- und Sicherungsübereignungserklärung genannten Vereinbarung vom 14.08.1990, der Klägerin zur Sicherung aller Ansprüche, welche ihr gegen die L insbesondere aus der Gewährung der Finanzierungskredite zustanden, laufend die Forderungen aus den Mietgeschäften samt allen Ansprüchen und Rechten abzutreten und das Eigentum an den Mietgegenständen unter Abtretung der Herausgabeansprüche gegen die jeweiligen Besitzer zu übertragen. Die L verpflichtete sich, während der Dauer des Finanzierungskredites alle Rechte aus den Mietverträgen, sofern sie der Klägerin abgetreten sind, ausschließlich für Rechnung der Klägerin und nach deren Weisung auszuüben und ihr die volle Kontrolle über die zugehörigen Unterlagen einzuräumen. Die Klägerin war berechtigt, dieses Treuhandverhältnis nach vorheriger Verständigung der L aufzulösen und die Mieter sowie sonstigen Verpflichteten von der Abtretung der Forderungen und der Übertragung der Rechte, insbesondere des Eigentumsrechtes an den Mietgegenständen zu verständigen und die abgetretenen Ansprüche und Rechte im eigenen Namen geltend zu machen. ...

Mit Schreiben vom 22.11.1991 teilte die L der Klägerin mit, dass sie zahlungsunfähig geworden sei und ihre Aktivitäten völlig eingestellt habe. Sie sei nicht mehr in der Lage, den Betrieb in geordnetem Umfang aufrecht zu erhalten und könne die an die Klägerin abgetretenen Leasingverträge nicht weiterhin abwikkeln.. Es sei der Klägerin anheimgestellt, für die Abwicklung der an sie abgetretenen Leasingverträge selbst zu sorgen. ...

In der Folgezeit legte die Klägerin gegenüber den Mieter-Firmen die mit der L getroffenen Sicherungsabreden offen und zog die monatlichen Leasingraten ein. Dabei unterschied sie zwischen Refinanzierungs- und Forfaitierungsverhältnissen. Hinsichtlich der forfaitierten Verträge führte die Klägerin zugunsten der L die aus den Leasingverträgen entstandenen Mehrwertsteuerbeträge an das Finanzamt ab, nicht so jedoch die hinsichtlich der Refinanzierungsverhältnisse.

Ab März 1993 wurde die L liquidiert. Nach Abwicklung der Leasingverträge verkaufte die Klägerin die Leasinggegenstände bis 10.04.1997.

Die L meldete für Januar 1993 Umsatzsteuern in Höhe von 29.808,30 DM, für Februar 1993 Umsatzsteuern in Höhe von 29.867,07 DM, für März 1993 Umsatzsteuern in Höhe von 29.940,40 DM und für April 1993 Umsatzsteuern in Höhe von 8.900,53 DM an, für die vier Voranmeldungszeiträume also insgesamt 98.516,30 DM.

In diesen Zeiträumen vereinnahmte die Klägerin von der L an sie abgetretene Forderungen aus Leasingverträgen im Januar 1993 i.H.v. insg. 95.682,87 DM (38,0 % des gesamten Umsatzes), im Februar 1993 i.H.v. insg. 88.546,86 DM (36,2 %), im März 1993 i.H.v. insg. 88.546,86 DM (36,2 %) und im April 1993 i.H.v...

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