Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Verhältnis Grundlagenbescheid - Folgebescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist auch dann anwendbar, wenn eine im Grundlagenbescheid verfahrensrechtlich gebotene aber unterlassene Regelung (Anwendung der Tarifbegrenzung des § 32c EStG auf gewerbliche Beteiligungseinkünfte) in einen Folgebescheid aufgenommen wurde.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 182 Abs. 1; EStG § 32c

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.08.2007; Aktenzeichen X R 39/02)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung des § 32c EStG auf eine als gewerblichen Gewinn anzusetzende Gewinnausschüttung einer Körperschaft.

Die Kläger und deren Sohn A sind jeweils zu 1/3 Gesellschafter der Grundstücksgemeinschaft Z, die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung das Produktionsgrundstück Y-Straße, B an die GmbH vermietet. Anteilseigner der GmbH sind wiederum die Kläger und A.

In den für die Grundstücksgemeinschaft eingereichten Feststellungserklärungen für die Feststellungszeiträume bis einschließlich 1999 ist der Kläger als Empfangsbevollmächtigter für alle Beteiligten benannt. Dementsprechend ergingen an ihn als Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten folgende Feststellungsbescheide für 1994:

Bescheid vom

Feststellung gemäß

Höhe des gewerblichen Gewinns

Summe der auf die Kläger entfallenden Gewinnanteile

8. 1. 1996

§ 164 Abs. 1 AO

3.786.903 DM

3.752.530 DM

22. 7. 1997

§ 164 Abs. 2 AO

3.798.9034 DM

3.764.530 DM

12. 7. 1999

§ 164 Abs. 2 und 3 Satz 1 AO

3.794.555

3.750.530 DM (ohne Veräußerungsgewinn)

In den festgestellten Gewinnen ist jeweils die Gewinnausschüttung der GmbH enthalten. Feststellungen zu unter die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG fallenden gewerblichen Einkünften wurden in den Feststellungsbescheiden nicht getroffen; die hierfür in den Anlagen ESt 1, 2, 3 B bzw. ESt 3 BM (93) vorgesehenen Spalten weisen keine Eintragungen auf.

Am 23. 11. 2000 erließ das Finanzamt für die Grundstücksgemeinschaft u. a. für 1994 einen Ergänzungsbescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 179 Abs. 3 AO, in dem gewerbesteuerpflichtige, der Tarifbegrenzung nach § 32c EStG unterliegende Einkünfte der Kläger - unter Außerachtlassung des Gewinns aus der Ausschüttung der GmbH - in Höhe von jeweils 34.373 DM festgestellt wurden. Der Bescheid wurde dem Kläger als Empfangsbevollmächtigtem zugesandt. Nachdem die Kläger in einem vom Prozessbevollmächtigten gefertigten Schreiben zum Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid von 1994 angaben, dass der Ergänzungsbescheid nicht bekannt sei, übersandte das Finanzamt eine Kopie des Bescheides an den Prozessbevollmächtigten, der dagegen am 28. 2. 2001 rein vorsorglich Einspruch einlegte. Zugleich teilte er mit, dass der Kläger seit September 1999 schwer erkrankt und in der Folge geschäftsunfähig sei. Mit Beschluss vom 3. 5. 2000 hatte das Amtsgericht B für alle Angelegenheiten die Klägerin als Betreuerin für den sich in der Uni-Nervenklinik aufhaltenden Kläger bestellt, weil dieser aufgrund eines hirnorganischen Psychosyndroms nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Im Rahmen des bei Gericht anhängigen Verfahrens IV 16/2001 wegen Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1994 machten die Kläger geltend, den Ergänzungsbescheid vom 23. 11. 2000 nicht erhalten zu haben. Das Finanzamthob mit Bescheid vom 15. 11. 2001 den Ergänzungsbescheid vom 23. 11. 2000 antragsgemäß auf.

Die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 1994 wurde mehrmals geändert:

Bescheid vom

Festsetzung gemäß

festgesetzte Einkommensteuer

Entlastungsbetrag nach § 32c EStG

begünstigte gewerbliche Einkünfte

DM

DM

DM

4.10.1995

§ 164 Abs. 1 AO

2.172.994

-

-

5.2.1006

§ 164 Abs. 2 AO

3.913.586

209.232

3.752.530

14.3.1996

§ 164 Abs. 2 und 3 Satz 1 AO

1.964.550

206.900

3.752.530

13.10.1997

§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO

1.970.184

207.618

3.764.530

20.3.2000

§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO

1.963.634

206.784

3.750.530

11.12.2000

§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO

2.170.418

-

68.746

Bei der Festsetzung vom 11. 12. 2000 wurde zur Erläuterung angegeben, dass die gewerblichen Einkünfte, die der Tarifbegrenzung des § 32c EStG unterliegen, wie folgt berücksichtigt wurden:

Kläger

34.373 DM (bisher 2.795.711 DM)

Klägerin

34.373 DM (bisher 954.819 DM)

Mit dem Einspruch gegen den einkommensteuerbescheid vom 11. 12. 2000 machten die Kläger geltend, dass die Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht einschlägig sei. Die Änderung beruhe nicht auf der Änderung eines Grundlagenbescheides, sondern auf einer geänderten Auffassung zu § 32c EStG. Der Einspruch blieb ohne Erfolg; insoweit wird auf die Einspruchsentscheidung vom 26. 2. 2001 Bezug genommen.

Mit der Klage beantragen die Kläger, den Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 1. 12. 2000 sowie die Einspruchsentscheidung vom 26. 2. 2001 aufzuheben. Hilfsweise beantragen sie Zulassung der Revision.

Zur Begründung tragen sie im wesentlichen vor:

Eine Än...

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