Entscheidungsstichwort (Thema)

ergänzenden Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Unternehmern mit fast ausschließlichen Bargeschäften in mehreren Geschäftszweigen ist es erforderlich, die Entgelte getrennt aufzuzeichnen und die Aufzeichnungen aufzubewahren.Die nur summenmäßige tägliche Kassenbucheintragung ohne Einzelnachweis und ohne Grundaufzeichnungen stellt einen wesentlichen Buchführungsmangel dar.

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Finanzamt ist zur ergänzenden Schätzung der Besteuerungsgrundlagen ermächtigt, wenn ein Unternehmer die vereinnahmten Entgelte aus seiner Gastwirtschaft und seinem daneben betriebenen Fleisch- und Wurstwarengeschäft nicht nachvollziehbar getrennt erfasst.

 

Normenkette

AO § 162 Abs. 1, 2 S. 2; UStG § 22

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung, auf Grund der Feststellungen einer steuerlichen Außenprüfung die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer im Wege der Schätzung zu erhöhen.

Der Kläger betreibt als Einzelunternehmer seit 1972 in S. den Gasthof A. mit Beherbergungsbetrieb und zudem in geringem Umfang den Ladenverkauf von Fleisch- und Wurstwaren. In dem Unternehmen arbeiteten die Ehefrau des Klägers als Gaststättenhilfe und deren gemeinsamer Sohn als Koch mit.

Für die Streitjahre erklärte der Kläger folgende Besteuerungsgrundlagen:

1994

1995

1996

Erklärung vom

06.11.1995

08.04.1997

23.01.1998

DM

DM

DM

Lieferungen und Leistungen zu 15 %

292.012,00

319.341,00

316.637,00

Umsatzsteuerschuld

2.727,60

./. 886,60

24.115,50

Das Finanzamt stimmte den jeweiligen Umsatzsteuererklärungen zu, so dass die Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen (§§ 168, 164 Abs. 1 Satz 1 AO).

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung stellte der Betriebsprüfer fest, dass im Unternehmen des Klägers keine ordnungsgemäße Kassenführung vorgelegen habe. Für die Geschäftsbereiche Gastwirtschaft und Ladenverkauf (Metzgerei) sei nur eine Kasse geführt worden. Insbesondere seien Geldverschiebungen zwischen Metzgerei und Gastwirtschaft nicht festgehalten worden. Weiter bestünden Mängel in der Aufzeichnung der Warenbestände und des Wareneinkaufs. Da die sich aus den erklärten Betriebszahlen ergebenden Rohaufschläge unter denen der untersten amtlichen Richtsätze lagen, nahm er eine Nachkalkulation bestimmter Hauptgruppen des Wareneinsatzes vor. Daraus ergaben sich erhebliche Differenzen zu den erklärten Umsätzen. Im Rahmen einer Ergänzungsschätzung erhöhte er daher die Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen zu 15 % für 1994 um 24.000 DM, für 1995 um 29.000 DM und für 1996 um 30.000 DM jeweils ohne Umsatzsteuer. Der Kläger hatte sich Einwendungen gegen die Ergänzungszuschätzung vorbehalten.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und änderte die Steuerfestsetzungen nach § 164 Abs. 2 AO mit Bescheiden vom 03.05.2000 wie folgt:

1994

1995

1996

Lieferungen und Leistungen 15 %

316.012 DM

348.341 DM

346.637 DM

Die Umsatzsteuerschuld erhöhte es auch wegen anderer, hier nicht streitiger Feststellungen, für das Streitjahr 1994 auf 6.682 DM, für 1995 auf 3.818 DM und für 1996 auf 28.970 DM.

Der Kläger beschränkte seine Einsprüche gegen die geänderten Steuerbescheide nur auf die Berechtigung der Hinzuschätzung.

Auf Grund der Mitteilung der Feststellungen des Betriebsprüfers leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle des zuständigen Finanzamtes A. am 14.02.2001 gegen den Kläger ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der Einkommen- und Umsatzsteuerhinterziehung für die Jahre 1994 bis 1996 ein. Mit Schreiben vom 15.05.2001 teilte es dem Kläger mit, dass es das Steuerstrafverfahren gem. § 396 AO bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens ausgesetzt habe.

Das beklagte Finanzamt minderte im Einspruchsverfahren zur Abgeltung aller Einwendungen und Schätzungsunschärfen die Ergänzungsschätzung der Betriebsprüfung um 50 %. Es ging nunmehr von einer Netto-Umsatzzuschätzung für 1994 i.H.v. 12.000 DM, für 1995 i.H.v. 14.500 DM und für 1996 i.H.v. 15.000 DM aus und setzte mit Einspruchsentscheidung vom 06.12.2002 die Umsatzsteuerschuld für 1994 auf 4.882 DM, für 1995 auf 1.643 DM und für 1996 auf 26.720 DM herab.

Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt, die Änderungsbescheide vom 03.05.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.12.2002 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuerschuld für 1994 auf 3.082,60 DM, für 1995 eine Umsatzsteuererstattung von 531,60 DM und für 1996 eine Umsatzsteuerschuld von 24.470,50 DM festgesetzt wird.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, es stünden allein die zugeschätzten Einnahmen im Streit. Eine Zuschätzung sei weder auf Grund eines äußeren Betriebsvergleiches noch auf Grund einer Nachkalkulation veranlasst.

Die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sei nicht zu beanstanden. Es seien zwar zwei Kassen geführt worden, die eine im Ladengeschäft für Fleisch- und Wurstwarenverkauf, die andere in der Gaststätte. Es handle sich dabei aber nicht um voneinander getrennte Gewerbebetriebe, so d...

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