Revision eingelegt (BFH I R 42/21)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Angemessenheit von Pensionszusagen bei Versorgungsanwartschaft und Rentenanwartschaft Ansatz der zu erwartenden Sozialversicherungsrente bei weiterhin sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Anwartschaftsphase

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In der Vorwegnahme künftiger Entwicklungen ist typisierend dann eine Überversorgung zu sehen, die zur Kürzung der Pensionsrückstellung führt, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.H. der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt.

2. Im Hinblick auf die Schwierigkeit, die letzten Aktivbezüge und die zu erwartenden Sozialversicherungsrenten zu schätzen, ist zur Prüfung einer möglichen Überversorgung auf die vom Arbeitgeber während der aktiven Tätigkeit des Begünstigten tatsächlich erbrachten Leistungen abzustellen.

3. Der Ansatz eines fiktiven Rentenanspruchs ist abzulehnen, da bei diesem Ansatz zukünftige ungewisse Entwicklungen vorweggenommen werden müssen.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Angemessenheit von Pensionszusagen gegenüber den Minderheitsgesellschafterinnen M und W-O.

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Ausbeute von Bodenschätzen sowie deren Lieferung und Verkauf an Bauunternehmer, Bauherren u.a. sowie die Ausführung von damit zusammenhängenden Arbeiten ist. Die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin besteht im Vertrieb der Erzeugnisse der A-GmbH & Co. KG, die ebenfalls zur Firmengruppe gehört.

An der Klägerin waren in den Streitjahren A1 (25%), A2 (25%), A3 (30%), W-O (10%) und M (10%) beteiligt. Derzeitiger Geschäftsführer der Klägerin ist A1.

Für die Streitjahre 2011 bis 2013 führte das Finanzamt eine Betriebsprüfung durch. Streitgegenständlich sind die Feststellungen im Bericht der Fachprüfung des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 16.12.2015. Der Prüfer stellte bei der Angemessenheit der Pensionszusagen für die Gesellschafterinnen W-O und M unter Berücksichtigung der Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Überversorgung in allen Streitjahren fest und setzte eine entsprechende vGA an.

W-O ist am 26.08.1974 und ihre Schwester M ist am 11.06.1970 geboren. Rentenbeginn von W-O ist regulär am 01.09.2041 und von M am 01.07.2037.

Die Aktivbezüge von W-O betrugen im in den Streitjahren 89.847 € (2011), 92.068 € (2012) und 91.670 € (2013), sowie für M 98.079 € (2011), 100.118 € (2012) und 98.369 € (2013).

Den Feststellungen des Betriebsprüfers folgend erließ das Finanzamt am 09.02.2017 für die Streitjahre geänderte Steuerbescheide.

Dagegen legte der steuerliche Vertreter fristgerecht Einspruch ein. Hierbei vertritt er die Ansicht, dass sich der Prüfer mit seiner Feststellung in Widerspruch zur gängigen Rechtsprechung des BFH gesetzt habe und verwies auf die Urteile vom 20.12.2006 (Az. I R 29/06)sowie vom 31.03.2004 (Az. I R 79/03).

Der Ansatz von fiktiven Ansprüchen aus der Rentenversicherung aufgrund zukünftiger Beitragszahlungen sei aufschiebend bedingt; ihre Realisierung sei ungewiss. Die Annahmen des Prüfers seien nicht schlüssig, denn wenn die zukünftigen Beitragszahlungen berücksichtigt würden, so sei auch mit den Gehältern der Zukunft zu rechnen und nicht mit denen der Streitjahre. Für die Ermittlung der Überversorgung seien nur die erreichten Rentenanwartschaften zu berücksichtigen.

W-O:

31.12.2011

31.12.2012

31.12.2013

Fiktive künftige Altersrente

32.804 €

32.804 €

32.729 €

Erreichte Rentenanwartschaft vgl. Klageantrag

11.798 €

12.479 €

13.213 €

Differenz

21.006 €

20.325 €

19.516 €

M:

31.12.2011

31.12.2012

31.12.2013

Fiktive künftige Altersrente

33.551 €

33.551 €

33.412 €

Erreichte Rentenanwartschaft vgl. Klageantrag

14.908 €

16.065 €

16.773 €

Differenz

18.643 €

17.486 €

13.896 €

Die Werte für die künftige Altersrente für die Streitjahre 2012 und 2013 sowie die erreichten Rentenanwartschaften für alle Streitjahre sind den Renteninformationen der beiden Gesellschafterinnen für die jeweiligen Stichtage entnommen. Für das Jahr 2011 hat der Fachprüfer die Werte aus dem Jahr 2012 übernommen.

Der Ansatz der fiktiven künftigen Altersrente führe bei M und W-O zu einem annähernd gleichen Wert, obwohl ein Altersunterschied zwischen den beiden Gesellschafterinnen von 4 Jahren bestehe. W-O verbliebe bei einer Direktzusage ein geringerer Restbetrag als ihrer älteren Schwester. Die Berechnung der Klägerin anhand des erreichten Rentenanwartschaft berücksichtige diesen Altersunterschied und sei sachgerechter.

Die verdeckten Gewinnausschüttungen aufgrund der sog. Überversorgung seien unter Zugrundelegung der tatsächlichen, erreichten Rentenanwartschaften zu berechnen.

Auf den Antrag der Klägerin vom 02.11.2017 hin, ergingen am 11.10.2018 für alle Streitjahre geänderte Steuerbescheide. Hierbei wurden auch Rechenfehler im Bericht des Fachprüfers ausgeglichen, da die vGA im Streitjahr 2013 unzutreffend ermittelt wurde. An der Ermittlung der Über...

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