Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.07.1999; Aktenzeichen VI R 187/98)

 

Tenor

1. Der Rückforderungsbescheid vom 24.03.1997 und die Einspruchsentscheidung vom 02.05.1997 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet. Kindergeld für die Monate Oktober 1996 bis einschließlich März 1997 zu zahlen.

3. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Beschluß:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Besuch einer Sprachenschule in Spanien im Anschluß an das Abitur bei einem nachfolgenden Studium der Romanistik (Schwerpunkt Spanisch) „Ausbildung” i. S. § 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG ist.

…, die am 03.03.1977 geborene Tochter des Klägers, beendete im Juli 1996 die Schulausbildung am Gymnasium mit dem Abitur. Nach den Angaben des Klägers beabsichtigte … im Wintersemester 1996/97 ein Studium zu beginnen. Zunächst war ein Studium an der Fachhochschule Trier (Studiengang Betriebswirtschaft mit dem Ziel European Business Dipl.-Betriebswirt FH) vorgesehen, das nach dem Vortrag des Klägers Kenntnisse in 3 Fremdsprachen (u. a. Spanisch) erfordere. Die Pläne für ein Studium an der FH Trier zerschlugen sich, auch für das Wintersemester 1997/98. Stattdessen nahm … im Sommersemester 1997 an der Universität Bamberg ein Studium der Romanischen Sprach- und Literaturwissenschaften mit den Schwerpunkten Französisch und Spanisch auf.

Um sich Kenntnisse im Spanischen anzueignen, besuchte … in der Zeit vom 25.08.1996 bis 30.05.1997 eine Sprachenschule in Valencia. Laut Bestätigungen der Schule vom 10.10.1996, 31.01.1997 und vom 04.02.1997 hat … nach einem Eignungstest in der 2. und 3. Kursstufe Spanisch-Sprachkurse absolviert und die dafür vorgesehen Schlußprüfungen bestanden. Neben den 10-stündigen Wochenkursen hat ihr nach einer Bestätigung vom 27.01.1997 zusätzlich eine spanische Lehrkraft in Chiva – dem Aufenthaltsort bei der spanischen Gastfamilie – in der Zeit 21. Oktober 1996 bis Mai 1997 jeden Werktag zwei Stunden Spanischunterricht erteilt.

Unter Einbeziehung einer täglichen Fahrzeit von Chiva nach Valencia von 1 1/2 Stunden und täglich 1 Stunde Vor- und Nachbereitungszeit errechnete sich wöchentlich ein für die (Sprach-)Ausbildungszwecke benötigter Zeitaufwand von 32 1/2 Stunden.

Die Beklagte hatte zunächst im Hinblick auf die Übergangszeit zwischen den Ausbildungsabschnitten (Ober-)Schulbesuch und Aufnahme eines Studiums im Wintersemester 1996/1997 das Kindergeld für … – befristet bis Oktober 1996 – weiterbewilligt. Nachdem der Beklagten bekannt wurde, daß … im Wintersemester 1996/1997 kein Studium aufgenommen hatte, sondern Sprachkurse in Spanien absolvierte, hob sie gemäß § 70 Abs. 2 EStG mit Bescheid vom 24.03.1997 die Festsetzung des Kindergeldes für die Monate August bis Oktober 1996 auf und forderte zugleich das für diese drei Monate geleistete Kindergeld i. H. von 1050 DM (3 × 350 DM) gem. § 37 Abs. 2 AO zurück. Sie begründete dies dahin, daß sich … in dieser Zeit nicht in einer Ausbildung i. S. § 32 Abs. 4 EStG befunden habe. Mit der Aufnahme des Studiums im Sommersemester 1997 bewilligte die Beklagte wiederum ab April 1997 das Kindergeld.

Gegen den Bescheid vom 24.03.1997 legte der Kläger mit Schreiben vom 16.04.1997 Einspruch ein und begehrte, „für die Zeit des Spanienaufenthaltes des Kindes Kindergeld zu gewähren”, weil ein Auslandssprachaufenthalt zur Berufsausbildung gehöre.

Mit Einspruchsentscheidung vom 02.05.1997 „wegen der Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung des Kindergeldes für Tochter … ab August 1996 und Feststellung der Erstattungspflicht hinsichtlich des Betrages von 1.050 DM” wies die Beklagte den Einspruch zurück. Sie führte im wesentlichen aus, daß eine vorbereitende Sprachausbildung zur Aufnahme eines Studiums grundsätzlich keine Schul- oder Berufsausbildung sei, insbesondere dann nicht – wie im Streitfall –, wenn für das später begonnene Studium der Nachweis einer entsprechenden Sprachausbildung nicht Zugangsvoraussetzung sei.

Hiergegen erhob der Kläger Klage. Er ist der Auffassung, daß der Besuch einer Sprachschule im Ausland eine Berufsausbildung darstelle, weil bei … ein sprachorientiertes Ausbildungsziel zur Aufnahme einer entsprechenden Erwerbstätigkeit, welche Spanischkenntnisse erfordere, gegeben sei. Dies werde durch die Aufnahme des Studiums mit dem Studienziel Romanistik (Schwerpunkt Spanisch) belegt. … habe außerdem ursprünglich ein Studium im Fachbereich Betriebswirtschaft European Business an der Fachhochschule Trier geplant und beabsichtigt, sich beim Auswärtigen Amt in Bonn für den gehobenen diplomatischen Dienst zu bewerben. Im Dezember 1997 habe sie die Aufnahmeprüfung für den diplomatischen Dienst des Auswärtigen Amts abgelegt. Das gewählte Studium aber auch die übrigen geplanten Tätigkeiten hätten entsprechende Sprachkenntnisse erforderlich gemacht, die sie sich in Spanien angeeignet habe. Nach der Rechtsprechung des BFH könne ein Auslandsaufenthalt Grundlage ...

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