Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung einer bestrittenen Forderung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Forderung, die in einem genau festgelegten Betrag der Höhe nach bestritten ist, ist in diesem Umfang am Bilanzstichtag nicht zu aktivieren.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewertung einer Forderung zum Bilanzstichtag 31. 12. 1994.

Die Klägerin war im Jahr 1994 als Handelsvertreterin für die Firma W. H. GmbH & Co. tätig. Mit Wirkung zum 31. 8. 1994 kündigte sie den Vertretervertrag und machte einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend. Die Firma W. H. unterbreitete ihr daraufhin mit Schreiben vom 3. 11. 1994 einen Vergleichsvorschlag, wonach die Firma bereit sei, die geforderte höchstmögliche Ausgleichszahlung in Höhe von brutto 677.413,57 DM zu erfüllen, obwohl verschiedene Umstände (Umsatz- und Gewinnrückgänge mit den Hauptkunden des Vertretungsbereiches) zu einer deutlichen Minderung der Ausgleichszahlung berechtigen würden. Im Gegenzug dazu solle die Klägerin ihrerseits keine sonstigen weiteren Forderungen (laufende Provisionen) stellen. Gleichzeitig legte die Firma H. einen Scheck über die Hälfte der Ausgleichszahlung bei.

Mit Schreiben vom 2. 11. 1994 und 10. 11. 1994 ließ die Klägerin durch ihren Rechtsanwalt die laufenden Provisionen einfordern, die aus den zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bereits abgeschlossenen Aufträgen durch Abrufe bis zum Jahresende 1994 noch realisiert wurden. Die Höhe dieser Provisionen wurde mit netto 148.925 DM beziffert.

Die Firma H. blieb dagegen mit Schreiben vom 15. 11. 1994 bei ihrem Angebot und legte eine Stellungnahme ihres Wirtschaftsprüfers vor, in dem dieser verschiedene wertmindernde Faktoren in Bezug auf den Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB geltend machte. Diese Ausführungen wiesen die Anwälte der Klägerin mit Schreiben vom 12. 12. 1994 zurück. Auch die Anwälte der Firma H. gingen mit Schreiben vom 9. 2. 1995, das umfangreiche Ausführungen zum Handelsvertreterausgleichsanspruch enthielt, von ihrem bisherigen Standpunkt nicht ab.

Mit Schreiben vom 24. 2. 1995 machte der Anwalt der Firma jedoch einen weiteren Vergleichsvorschlag folgenden Inhalts:

  1. „Die Firma W. H. GmbH & Co. zahlt an Frau Ch. den noch ausstehenden Restausgleichsbetrag in Höhe von 338.707,57 (inkl. Mehrwertsteuer).
  2. Ferner zahlt die Firma W. H. GmbH & Co. an Frau Ch. noch Provisionen in Höhe von DM 85.896,44 (inkl. Mehrwertsteuer).
  3. Die Zahlung erfolgt innerhalb einer Woche nach Abschluß des Vergleichs.
  4. Mit der Zahlung der vorstehend genannten Beträge sind sämtliche beiderseitigen Ansprüche aus dem beendeten Vertragsverhältnis abgegolten, gleichgültig, aus welchem Rechtsgrund sie hergeleitet werden können.“

Diesen Vergleich nahm die Klägerin mit Schreiben vom 3. 3. 1995 an. Die Zahlung des Restbetrages erfolgte am 10. 3. 1995.

Am 1. 7. 1996 ging der von der Klägerin am 28. 6. 1996 unterschriebene Jahresabschluß auf den 31. 12. 1994 beim Finanzamt ein. Darin war ein Handelsvertreterausgleichsanspruch in Höhe von 338.707,57 DM sowie ein Provisionsanspruch in Höhe von 171.792,88 DM als Forderung ausgewiesen. Des weiteren war eine Wertberichtigung (100 % der Restforderung H. netto) in Höhe von 148.925,10 DM gebildet worden.

Das Finanzamt erkannte demgegenüber die Wertberichtigung nur in Höhe von 74.462,55 DM an und erhöhte den erklärten Gewinn auf 670.516 DM (Gewerbesteuermeßbescheid 1994 vom 31. 7. 1996).

Im Einspruchsverfahren wies die Klägerin darauf hin, daß am Bilanzstichtag 31. 12. 1994 ein Schwebezustand geherrscht habe. Der geltend gemachte Ausgleichsanspruch sei zwar anerkannt und zur Hälfte bezahlt worden, die Zahlung der 2. Hälfte sei jedoch davon abhängig gemacht worden, daß sie auf die Durchsetzung ihrer laufenden Provisionsforderungen verzichte. Da sie mit Unterschrift unter die entsprechende Vereinbarung zum Bilanzstichtag den vollen Ausgleichsanspruch hätte realisieren können, sei der volle Ausgleichsanspruch ertragsmäßig dem Jahr 1994 zuzuordnen. Ganz anders habe es sich aber mit den Provisionsansprüchen verhalten, weil nach damaligem Verhandlungsstand die volle Realisierung des Ausgleichsanspruchs zum 31. 12. 1994 den gänzlichen Verlust der Provisionserlöse bedeutet hätte. Es habe in der Zeit zwischen dem Bilanzstichtag und der Bilanzerstellung noch zahlreicher wertverändernder Tatsachen und Ereignisse bedurft, bis im Laufe des Jahres 1995 der Ausgleichsanspruch zu 100 % sowie die Provisionsansprüche zu 50 % hätten verbucht werden können.

Das Einspruchsverfahren blieb im Streitpunkt ohne Erfolg. Das Finanzamt berücksichtigte zwar noch eine sich aus der Gewinnerhöhung ergebende Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von 8.844 DM. Die Wertberichtigung erkannte es jedoch nach wie vor nicht an. Es führte aus, die Provisionsforderung sei zum Bilanzstichtag mit dem Wert zu aktivieren, mit dem sie die Klägerin letztlich vereinnahmt habe. Seien wie hier bei einer dem Grunde nach bestehenden aber der Höhe nach zweifelhaften Forderung bis zur Bilanzerstellun...

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