Entscheidungsstichwort (Thema)

Offensichtlich unzutreffende Besteuerung bei der Anwendung der Pauschbeträge für Auslandsübernachtungen

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Dienstreise von 13 Wochen ohne Ortswechsel ist eine vom Normaltypus abweichende Art der Dienstreise, bei der die Anwendung der Pauschbeträge für Auslandsübernachtungen zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen kann.

Bei Anwendung der Pauschbeträge für Auslandsübernachtungen liegt eine offensichtlich unzutreffende Besteuerung vor, wenn die Pauschbeträge die feststehenden tatsächlichen Aufwendungen übersteigen, denn dann besteht kein Grund für eine Vereinfachungsregelung.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Ansatz der Pauschbeträge für Auslandsübernachtungen zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führt.

Der Kläger ist als Elektroniker bei der Firma A in 1 beschäftigt und erzielte aus dieser Tätigkeit im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger mit der Anlage N Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für zwei Reisen nach Kiew (Ukraine) in der Zeit vom 21.08.2006 bis 01.10.2006 und vom 02.10.2006 bis 25.11.2006 in Höhe von insgesamt 3.521 € geltend. Hierbei legte er den Pauschbetrag in Höhe von 120 € für 92 Übernachtungen - insgesamt also 11.040 € - zugrunde und kürzte diesen Betrag um die Erstattungen des Arbeitgebers nach den vorgelegten Reisekostenabrechnungen. Das Finanzamt setzte mit Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 09.08.2007 als Übernachtungskosten die tatsächlichen Aufwendungen abzüglich des Arbeitgeberersatzes, im Ergebnis 0 € an. In den Erläuterungen führte das Finanzamt aus, dass ein Ansatz des Übernachtungspauschbetrages in Höhe von 120 € zu einer unzutreffenden Besteuerung führen würde.

Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Mit der Klage beantragt der Klägervertreter, die Einspruchsentscheidung vom 16.04.2008 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 09.08.2007 dahin zu ändern, dass weitere Übernachtungskosten in Höhe von 3.521 € -entsprechend dem Pauschbetrag von 120 €- als Werbungskosten berücksichtigt werden. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:Das Finanzamt sei verpflichtet, die vom Kläger angesetzten Übernachtungspauschbeträge zu berücksichtigen. Der Kläger habe lediglich die Differenz zwischen den Pauschbeträgen und der Übernahme der nachgewiesenen Übernachtungsaufwendungen durch den Arbeitgeber in seiner Reisekostenabrechnung angesetzt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH bestehe zwar kein gesetzlicher Anspruch auf Übernahme der vom BMF festgesetzten Pauschalen, diese Pauschalen würden jedoch zu einer nach außen hin publizierten Selbstbindung der Verwaltung führen und dem Bürger Vertrauensschutz geben. Die Pauschbeträge dienten nach der Rechtsprechung des BFH der Verwaltungsvereinfachung und der gleichmäßigen Durchführung des Besteuerungsverfahrens. Der Richtliniengeber habe durchaus erkannt, dass es mit zunehmender Länge des Auslandsaufenthalts erfahrungsgemäß zu einer Kostendegression komme. Dafür habe er typisierend eine zeitliche Grenze von drei Monaten angenommen, nach deren Ablauf im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nur noch 40% der Übernachtungspauschale anzusetzen seien (vgl. R 43 Abs. 9 Satz 4 LStR 2005). Diese drei-Monats-Frist sei im vorliegenden Fall jedoch nur um ganz wenige Tage überschritten.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dürften Pauschbeträge nur dann ausnahmsweise nicht angesetzt werden, wenn dies zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde. Bei der Prüfung der Frage, ob ein solcher Ausnahmefall vorliege, sei ein strenger Maßstab anzulegen. Der BFH habe dies in einem Sachverhalt angenommen, in dem sich ein Lehrer auf einer Klassenfahrt befand und darauf abgestellt, dass ein Ausnahmefall nur dann vorliege, wenn eine vom Normaltypus abweichende Art der Dienstreise vorliege. Zwar könne dieses Beispiel sicherlich nicht als abschließend verstanden werden, jedoch liege im Streitfall keine vom Normaltypus abweichende Art der Dienstreise vor. Der Kläger habe die Montagezeit teils im Hotel, teilweise in Appartementwohnungen verbracht, für die aufgrund seiner Langzeitaufenthalte die Tagesmieten gemindert worden seien. Diese Art der Unterbringung entspreche dem Normalfall bei den Dienstreisen, die im Betrieb des Arbeitgebers des Klägers durchgeführt werden.

Das Finanzamt versuche vielmehr die steuererhöhende Regelung durch Abschnitt 9.7 Abs. 2 der LStR 2008, die erst ab dem Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden sei, bereits für das Streitjahr anzuwenden. Keinesfalls dürfe man bereits dann, wenn nur bekannt ist, dass tatsächliche Kosten unter dem Pauschbetrag angefallen sind, die Anwendung der Pauschalen ablehnen. Dies würde den Sinn und Zweck der Pauschalierungen ins Gegenteil verkehren. Schließlich dürfe der Kläger auch nicht schlechter gestellt werden, weil er die Reisekostenabrechnung des Arbeitgebers vorgelegt und somit kooperiert ...

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