Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anwendung der ab 28.12.2000 gültigen Neufassung des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG auf im Kalenderjahr 2000 bereits abgeschlossene Investitionen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erweiterung des Kumulierungsverbotes des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 vom Anspruchsberechtigten auf den Anspruchsberechtigten und (im Veräußerungsfall) den Erwerber ist keine Klarstellung, sondern eine materielle Rechtsänderung. Eine solche belastende Gesetzesänderung bedarf einer Übergangsregelung hinsichtlich ihres zeitlichen Geltungsbereichs, um eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu vermeiden. Das Fehlen einer solchen Übergangsregelung stellt sich als Gesetzeslücke dar, die im Wege verfassungskonformer abändernder Lückenfüllung dahin gehend zu schließen ist, dass der Geltungsbereich der Neufassung auf diejenigen noch offenen Fälle eingeschränkt wird, in denen die Investitionen nach der Gültigkeit der Neufassung (28.12.2000) getätigt wurden.

 

Normenkette

InvZulG § 3 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.12.2006; Aktenzeichen III R 27/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Klägerin eine Investitionszulage für die Sanierung von Mietwohngebäuden zusteht, obwohl die Erwerber der nach Modernisierung veräußerten Wohnungen (Eigentumswohnungen) erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen haben.

Die Klägerin stellte am 30.11.2001 einen Antrag auf Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 (im folgenden InvZulG) für das Kalenderjahr 2000 für Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden im Fördergebiet. Es handelte sich dabei um nachträgliche Herstellungsarbeiten an dem in X. gelegenen Gebäude Y-Str. 63 + 65 mit einer Investitionssumme von 1.406.994 DM. Die Klägerin machte unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von 5.000 DM aus Kosten von 1.401.994 DM eine Investitionszulage von 15 v. H. = 210.299 DM geltend und versicherte, dass für dieselben Investitionen keine erhöhten Absetzungen in Anspruch genommen wurden/werden.

Als das Finanzamt auf Grund eines Telefonats mit dem steuerlichen Vertreter der Klägerin davon Kenntnis erhielt, dass es sich bei dem Sanierungsobjekt um eine Wohnanlage mit nach Fertigstellung veräußerten Eigentumswohnungen handelte, für die von den Erwerbern erhöhte Absetzungen geltend gemacht werden, setzte es mit Bescheid vom 02.01.2002 die Investitionszulage nach § 3 InvZulG auf 0 DM fest. In der Anlage zum Bescheid führte es erläuternd aus, die Investitionszulage könne wegen der Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach § 7h ff. EStG durch die Erwerber nicht gewährt werden, weil gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 in der Fassung vom 20.12.2000 eine Doppelbegünstigung ausgeschlossen sei (Kumulierungsverbot). Bei dieser Erstreckung des Kumulierungsverbots auf Fälle des Erwerbs von sanierten Eigentumswohnungen handle es sich lt. BT-Drucksache 14/4626 lediglich um eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage, die rückwirkend ab Gültigkeit des Investitionszulagengesetzes 1999 anzuwenden sei.

Das Einspruchsverfahren, in dessen Verlauf die Klägerin für weitere derartige Investitionen (5 Objekte in Z. , Investitionssumme 4.993.679 DM) eine Investitionszulage von 425.782 DM beantragt hatte, blieb ohne Erfolg.

Die Klägerin hat Klage erhoben und zu deren Begründung vorgetragen:§ 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG in der Fassung vor dem 20.12.2000 bestimme, dass die Begünstigungsvorschrift nur dann angewendet werden könne, wenn der Anspruchsberechtigte keine erhöhten Absetzungen in Anspruch nehme. Da sie im Zeitpunkt der Durchführung der nachträglichen Herstellungsarbeiten Anspruchsberechtigte gewesen sei und in der Folgezeit keine erhöhten Absetzungen in Anspruch genommen habe, stehe ihr die Investitionszulage zu. Die für sie maßgebende Fassung der Vorschrift stelle allein auf den Antragsteller ab, sei somit subjektbezogen. Mit Bekanntmachung vom 20.12.2000 sei die Vorschrift dahingehend geändert, dass der Anspruchsberechtigte nur dann Investitionszulage beanspruchen könne, wenn weder er noch im Veräußerungsfall der Erwerber erhöhte Absetzungen in Anspruch nehme. Daraus ergebe sich, dass das Kumulationsverbot ab 20.12.2000 nicht mehr rein subjektbezogen - abgestellt auf den Anspruchsberechtigten - gesehen sondern objektbezogen betrachtet werde. Dies stelle eine materielle Rechtsänderung dar, weshalb das steuerrechtliche Rückwirkungsverbot greife. Des weiteren ergebe sich allein aus dem Vergleich der Gesetzestexte, dass die Gesetzesänderung eine Weiterung beinhalte und außerdem ein Wechsel der Betrachtungsweise vollzogen werde.

Die Klägerin hat beantragt, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den Investitionszulagenbescheid vom 02.01.2002 dahingehend zu ändern, dass die insgesamt beantragte Investitionszulage von 636.081,- DM gewährt wird.

Das Finanzamt hat unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsauffassung beantragt die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Neufassung der Begünstigungsvorschrift durch das Änderungsgesetz vom 20.12.2002 stellt keine Klarstellung der bisherigen Regel...

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