Revision eingelegt (BFH XI R 12/13)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßigter Umsatzsteuersatz für getrocknete Schweineohren

 

Leitsatz (redaktionell)

Getrocknete Schweineohren stellen genießbare Schlachtnebenerzeugnisse dar, wenn sie für den menschlichen Verzehr geeignet sind.

In einem Futtermittelbetrieb getrocknete Schweineohren unterliegen aber nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, da die Trocknung in diesem Fall nicht unter den für Lebensmittel erforderlichen hygienischen Bedingungen vorgenommen wird, so dass die Schweineohren nicht zum menschlichen Verzehr geeignet sind.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.07.2015; Aktenzeichen VII R 65/13)

BFH (Urteil vom 07.07.2015; Aktenzeichen VII R 65/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Lieferung getrockneter Schweineohren ab 01.11.2006 gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Die Klägerin betreibt einen Lebensmittelhandel in A-Stadt mit weiteren Filialen. Für die Streitjahre reichte sie Umsatzsteuererklärungen ein, die als Umsatzsteuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkten (§§ 168, 164 Abgabenordnung – AO –). Im Rahmen einer am 17.03.2009 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung für November 2006 bis Januar 2009, die nur die Überprüfung des ermäßigten Steuersatzes bei Verkauf von getrockneten, als Tierfutter angebotenen Schweineohren ohne Zusatz betraf, vertrat die Prüferin die Auffassung, dass die Lieferungen getrockneter Schweineohren ab 01.11.2006 dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG zu unterwerfen seien (vgl. Bericht über die Umsatzsteuer–Sonderprüfung vom 03.04.2009).

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung, erhöhte die Umsatzsteuer für 2006 um 12.077,82 € und die Umsatzsteuer für 2007 um 89.340,72 € und setzte mit Bescheiden vom 23.04.2009 die Umsatzsteuer für 2006 auf xxx € und die Umsatzsteuer für 2007 auf xxx € fest.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, der sich ausschließlich gegen die Besteuerung der Lieferung von getrockneten Schweineohren nach dem Regelsteuersatz in Höhe von 16 % (2006) bzw. 19 % (2007) richtete. Sie beantragte, die streitigen Umsätze ermäßigt mit 7 % zu besteuern und verwies zur Begründung auf die Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 03.02.2004 VII R 33/03, BFH/NV 2004, 849 und vom 10.02.2009 VII R 16/08, BFH/NV 2009, 979. Am 16.06.2009 erließ das Finanzamt einen aus anderen Gründen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2006, der Gegenstand des Verfahrens wurde.

Das Finanzamt wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 10.09.2010 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 23.04.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 16.06.2009 sowie den Umsatzsteuerbescheid für 2007 vom 23.04.2009, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.09.2010, dahingehend zu ändern, dass die Entgelte aus der Lieferung von getrockneten Schweineohren ab dem 01.11.2006 dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG unterliegen.

Zur Begründung trägt sie Folgendes vor:

Getrocknete Schweineohren seien gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 2 der Anlage 2 unter „Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse" oder unter Nr. 37 der Anlage 2 „Rückstände und Abfälle der Lebensmittelindustrie; zubereitetes Futter" einzuordnen. In beiden Fällen sei der ermäßigte Steuersatz anzuwenden.

Nach der Verordnung Nr. 1125/2006 der Europäischen Kommission zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (Einreihungsverordnung) vom 21.07.2006 seien genießbare getrocknete Schweineohren (Schlachtnebenerzeugnis), auch wenn als Tierfutter verwendet, in Kapitel 2, mit der Folge der Anwendung des begünstigten Steuersatzes, einzuordnen. Die Kommission unterscheide zwischen genießbaren getrockneten Schweineohren und getrockneten Schweineohren, die – aus anderen Gründen als dem Trocknen – nicht für den menschlichen Verzehr geeignet seien. Mit den bereits im Einspruchsverfahren vorgelegten amtstierärztlichen Bescheinigungen der Stadt 3 und des Kreises 4 sei ihren Vorlieferanten im Jahre 2007 bestätigt worden, dass die frischen Schweineohren zum menschlichen Verzehr geeignet gewesen seien. Die genießbaren Schweineohren seien sodann in einem weiteren Verarbeitungsvorgang getrocknet worden. Das Trocknen der Schweineohren ändere nicht die wesentlichen Merkmale des Ausgangsstoffes und beeinträchtige nicht deren Eignung für den menschlichen Verzehr. Die Annahme des Finanzamts, dass die Eigenschaft „genießbar” verloren gehe, wenn der fleischhygienerechtlich zugelassene Bereich zur weiteren Behandlung verlassen werde, widerspreche der in der Einreihungsverordnung geäußerten Auffassung der Kommission. Ob die Trocknung im (hygienischen) Schlachtbetrieb oder in einem weiterverarbeitenden Futtermittelbetrieb vorgenommen werde, sei für die Tarifierung nicht entscheidend.

In seinem Urteil vom 03.02.2004 (VII R 33/03) betreffend die Streitjahre 1998 und 1999 habe der Bundesfinanzhof als Tierfut...

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