Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerungszeitpunkt und -umfang einer depotgebundenen Lebensversicherung mit Term-Fix-Klausel im Rahmen der Erbschaftsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Steht der Fälligkeitszeitpunkt eines der Höhe nach noch ungewissen Anspruchs bereits fest, entsteht die Erbschaftsteuer bereits im Zeitpunkt des Todes des Erblassers, da ein Bereicherungszustand eintritt, dessen Wert auf den Stichtag ermittelbar und festzustellen ist.

2. Die Ungewissheit über die Höhe des zu einem späteren Zeitpunkts erfolgenden tatsächlichen Zuflusses betrifft die Höhe der Bereicherung und hat daher in die nach § 12 BewG vorzunehmende Bewertung der Bereicherung zum Zeitpunkt des Todes (Bewertungsstichtag) einzufließen.

 

Normenkette

ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 1a

 

Tatbestand

Streitig ist der Besteuerungszeitpunkt und -umfang einer depotgebundenen Lebensversicherung mit Term-Fix-Klausel im Rahmen der Erbschaftsteuer.

Am 13.12.2010 verstarb die am xx.xx.1926 geborene, verheiratete Kauffrau A. Sie wurde aufgrund handschriftlichen Testaments vom 12.11.2008 beerbt von ihrem Sohn - dem Kläger - zu ½ sowie von A2 und A3 (Kinder des am 18.04.2010 vorverstorbenen Sohnes A4) zu je ¼. Am 28.07.2014 verstarb der Ehegatte der Erblasserin, A5.

Das Finanzamt 1 forderte den Kläger mehrfach zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung auf. Die Erbschaftsteuererklärung ging am 01.08.2014 beim beklagten Finanzamt ein. Beim Vermögen der Erblasserin erklärten die Miterben auch einen Versicherungsanspruch in Höhe von 772.487 €. Mit Bescheid vom 16.10.2014 ermittelte das Finanzamt 1 aus einem Wert des Erwerbs von 1.192.039,82 € - darin enthalten Versicherungsleistungen in Höhe von 386.243,50 € (772.487 € × ½ ) - einen steuerpflichtigen Erwerb von 974.100 € und setzte daraus Erbschaftsteuer in Höhe von 185.079 € fest; der Bescheid erging vorläufig gemäß §  165 Abs. 1 AO hinsichtlich Vorerwerben innerhalb des Zehnjahreszeitraums und der ggf. damit in Zusammenhang stehenden anrechenbaren Steuer.

Der Prozessbevollmächtigte legte Einspruch ein und begründete diesen damit, Bezugsberechtigte der bei der B abgeschlossenen Lebensversicherung (Nr. 49xxx) seien der Kläger (48 %), A2 und A3 (je 13 %) sowie die Kinder des A1 - A6 und A7 (je 13 %). Die Lebensversicherung falle daher nicht in die Erbmasse. Darüber hinaus handele es sich um eine Term-Fix-Versicherung, welche erst am 31.01.2024 zur Auszahlung fällig und damit erst am 31.01.2024 erbschaftsteuerrechtlich zu erfassen sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13.03.2017 änderte das Finanzamt 1 die Erbschaftsteuerfestsetzung wie folgt, der Bescheid erging endgültig gemäß § 165 Abs. 2 AO:

Wert des Erwerbs

952.011,60 €, darin:

(1) Versicherung 200.000 € × ½ = 100.000 € und

(2) B 572.487 € × 48 % = 274.793,76 €,

Abzinsung auf den 13.12.2010: 274.793,76 € × 0,496 = 136.297,70 €

Steuerpflichtiger Erwerb

734.000 €

Erbschaftsteuer

734.000 € × 11 % = 139.460 €

Der Prozessbevollmächtigte hat Klage erhoben und beantragt,

den Erbschaftsteuerbescheid vom 16.10.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.03.2017 dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Erbschaftsteuer auf 89.550 € herabgesetzt wird.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Lebensversicherung bei der B sei erst im Zeitpunkt des Zuflusses und nicht im Zeitpunkt des Erbfalls der Erbschaftsteuer zu unterwerfen. Es handele sich um einen betagten Anspruch, welcher nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG erst im Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung bzw. des Ereignisses zu versteuern sei. Auf das BFH-Urteil vom 27.08.2003 II R 58/01 (BStBl. II 2003, 921) werde verwiesen. Daher sei auf den Bereicherungszustand abzustellen. Die wirtschaftliche Bereicherung trete erst mit dem Eintritt des Ereignisses, welches zur Fälligkeit des Anspruchs führe, ein. Zwar sei der Zeitpunkt der Auszahlung bestimmt gewesen, nicht jedoch die Höhe der Auszahlungssumme. Die Begünstigten hätten das Anlagerisiko hinsichtlich des der Lebensversicherung zugeordneten Deckungsstocks zu tragen. Die künftige Wertentwicklung sei als ungewisses Ereignis i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG einzustufen. Zwischen einer klassischen Lebensversicherung mit im Wesentlichen fester Ablaufleistung und einer Depotpolicen-Lebensversicherung sei zu unterscheiden. Die Lebensversicherung bei der B sei eine solche, bei welcher die Ablaufleistung und Wertentwicklung der Depotpolice in einem nicht unerheblichen Maße von der Börsenentwicklung und dem Anlagegeschick des Vermögensverwalters abhängig sei.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen,

und begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

Nach Karte 5.4 der Bayerischen Erbschaftsteuer-Kartei zu § 33 ErbStG sei aufgrund einer Entscheidung der Referatsleiter Erbschaftsteuer der obersten Finanzbehörden der Länder die Erbschaftsteuer bei Term-Fix-Versicherungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bereits beim Tod des Erblassers und nicht erst mit dem späteren Fälligkeitstermin entstanden. Es sei nicht möglich, auf die ungewisse Höhe der Ablaufleistung abzustellen. Dies widers...

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