Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer einer Biogasanlage

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei einer Biogasanlage kann es sich um ein Wirtschaftsgut im Sinne einer nicht teilbaren Einheit handeln.

2) Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer einer Biogasanlage kann im Einzelfall abweichend von der in der amtlichen AfA-Tabelle genannten Nutzungsdauer zu schätzen sein.

3) Zur Schätzung der Nutzungsdauer weiterer Wirtschaftsgüter, die im Zusammenhang mit einer Biogasanlage errichtet wurden.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 1-2; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Streitig ist die Nutzungsdauer eine Biogasanlage.

Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag 2010 gegründete Kommanditgesellschaft, an der die Z. Biogas Betriebs GmbH & Co. KG (fortan: Z. KG) zu 50%, Herr N. N1. zu 25% und Herr Y. N1. zu 25% als Kommanditisten beteiligt sind. Komplementärin ist die Biogas X. Verwaltungs GmbH, die am Vermögen der Klägerin nicht beteiligt ist. Die Klägerin wurde 2010 in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist ausweislich § 2 des Gesellschaftsvertrages die Errichtung (durch Subunternehmer) und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung und Verwertung regenerativer Energien in X., insbesondere von Biogasanlagen.

Im Jahr 2010 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück des Gesellschafters Herrn Y. N1. eine Biogasanlage, die im Jahr 2011 fertiggestellt und … 2011 in Betrieb genommen wurde. Hierzu schlossen Herr Y. N1. und die Klägerin am …2010 einen notariell beurkundeten Erbbaurechtsvertrag ab, aus dem Herr Y. N1. verpflichtet wurde, zu Gunsten der Klägerin ein Erbbaurecht für die Dauer von 33 Jahren zu bestellen. Die Klägerin wurde berechtigt, die vereinbarte Grundstücksfläche für den Betrieb der Biogasanlage zu nutzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Erbbaurechtsvertrages Bezug genommen.

Das von der Klägerin gewählte Modell der Biogasanlage wurde durch das Unternehmen Z. Biogas AG entwickelt und wird von dieser weltweit vermarktet. Die Z. KG ist ein Tochterunternehmen der Z. Biogas AG, über die sich die Z. Biogas AG am Betrieb der von ihr hergestellten Biogasanlagen beteiligt.

Die Biogasanlage der Klägerin unterliegt dem Anwendungsbereich des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbaren Energien (Erneuerbaren-Energien-Gesetz –EEG–) in der für die Streitjahre geltenden Fassung und ist aus einer Vielzahl von Komponenten, sog. Anlagenteilen, zusammengesetzt. In dem an die Biogasanlage angeschlossenen Blockheizkraftwerk, das sich ebenfalls auf dem Grundstück des Gesellschafters Herrn Y. N1. befindet, wird aus dem Biogas mithilfe eines Generators Strom erzeugt, der in das Stromnetzwerk der A. AG eingespeist wird. Die Klägerin hat zudem mehrere Verträge mit der örtlichen Gemeinde … und der B. GbR, welche die mithilfe des Blockheizkraftwerks (Gasmotor) erzeugte Wärme beziehen. Mit einem Teil der im Blockheizkraftwerk erzeugten Wärme wird über das Heizungssystem im Fermenter das Gärsubstrat erhitzt und auf Betriebstemperatur gehalten.

Die Biogasanlage funktioniert im Einzelnen wir folgt: an der Außenwand des neben dem Gülleannahmebehälter stehenden Gebäudes befindet sich der Annahmebereich für die Feststoffe. Über den sog. Annahmebunker, ein Behälter mit Schubboden, werden die zuvor in einer Fahrsiloanlage gesammelten nachwachsenden Rohstoffe (hier: vorwiegend Maissilage) über Förderschnecken in den mit einem Rührwerk ausgestatteten Anmischbehälter gebracht, der sich im Inneren des Gebäudes befindet. Der Schubboden des Annahmebunkers wird hydraulisch angetrieben. Die Feststoffe werden im Anmischbehälter mit Gülle gemischt und gerührt, bis ein homogener Inputstoff entsteht. Das Verhältnis der zusammengeführten Substrate wird über eine Wiegeeinrichtung, die sich unter dem Anmischbehälter befindet, gesteuert. Der Inputstoff wird in einem Zerkleinerer zerkleinert, von Fremdstoffen getrennt und sodann in den beheizten Fermenter gepumpt, in dem das Substrat vergärt. Der Fermenter ist durch ein Dach aus Kunststoff gasdicht abgeschlossen. In dem Fermenter befindet sich das Rührwerk zur Wärmeverteilung, das laufend in Betrieb ist. Die sich im Fermenter gebildeten Gase werden den speziell für das Blockheizkraftwerk entwickelten Gasmotor und Generator des Blockheizkraftwerkes zugeführt und dort zu Wärme und Strom verarbeitet. Die übrigen Gärreste werden in den Gärrestespeicher – einen ebenfalls mit einem Dach abgeschlossenen Behälter – geleitet, dort bis zu neun Monate lang gelagert und als Dünger vermarktet. Überschüssiges Gas wird über eine Gasfackel in die Luft entsorgt.

Das Blockheizkraftwerk befindet sich in einem schallisolierten Raum in demselben Gebäude, in dem auch die Anmischstation installiert ist. Bevor das Gas dem Gasmotor des Blockheizkraftwerkes zugeführt wird, wird es über eine sog. Gasaufbereitungsstrecke von schädlichem Schwefelwasserstoff gesäubert. Dies erfolgt durch einen Aktivkohlefilter. Der Gasmotor treibt den Generator an, der Drehstrom (400 Volt) erzeugt. Dieser Str...

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