Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzinsung einer im Schenkungsvertrag aufschiebend bedingt vereinbarten Verbindlichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine im Schenkungsvertrag auf den Tod des Schenkers aufschiebend bedingte Verbindlichkeit ist abzuzinsen.

2) Die Abzinsung ist für den Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der schenkweisen Übertragung und dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung vorzunehmen.

 

Normenkette

BewG § 6 Abs. 2, § 5 Abs. 2; BGB § 158; BewG § 12 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.07.2021; Aktenzeichen II R 26/19)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob – und wenn ja – wie eine im Schenkungsvertrag vereinbarte aufschiebend bedingte Verbindlichkeit abzuzinsen ist.

Durch notariellen Vertrag vom 23.12.2004 übertrug Herr P. T. (Schenker) seinen Kommanditanteil an der P. T. Grundstücksvermietungs GmbH & Co. KG im Wege der Schenkung auf seine Tochter, T. S. (Beschenkte). Laut Ziffer III. des Vertrages behielt er sich das Nießbrauchsrecht an dem Kommanditanteil bis zu seinem Tod vor. Nach seinem Tod (Der Vertragstext lautet insoweit „auflösend bedingt”.) war seine Tochter verpflichtet, an Frau D. T., die Ehefrau des Schenkers und Mutter der Beschenkten, geboren am 11.12.1937 (Klägerin), zu Lasten des Kommanditanteils einen monatlichen, wertgesicherten Betrag in Höhe von 4.000 Euro zu zahlen. Laut Ziffer V. des Vertrages übernahm der Schenker die aus dem Übertragungsvorgang resultierende Schenkungsteuer, soweit sie nicht bis zum Erlöschen des Nießbrauchs ausgesetzt oder gestundet war.

Nach den Verfahren vor dem erkennenden Finanzgericht und dem Bundesfinanzhof wegen der Gewährung der Steuerbegünstigung gemäß § 13a Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) setzte der Beklagte die Schenkungsteuer durch an den Schenker gerichteten Bescheid vom 31.03.2010 auf 135.090 Euro fest, wobei wegen des Nießbrauchs ein Betrag in Höhe von 121.780 Euro gemäß § 25 ErbStG zinslos gestundet wurde.

Der Schenker verstarb am 25.01.2016 und wurde von der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin beerbt. Am 26.07.2016 beantragte sie, die Schenkungsteuerfestsetzung vom 31.03.2010 zu ändern und die von der Beschenkten an sie zu entrichtende Rentenlast steuermindernd zu berücksichtigen. Bei einem Jahreswert in Höhe von 48.000 Euro und einem am Todestag des Schenkers aufgrund ihres Lebensalters von 78 Jahren anzusetzenden Vervielfältigers von 8,034 bezifferte sie den zu berücksichtigenden Kapitalwert der Rentenlast mit 385.632 Euro.

Daraufhin änderte der Beklagte die Schenkungsteuerfestsetzung mit Bescheid vom 16.01.2017 und berücksichtigte die Rentenlast mit einem Betrag in Höhe von 213.100 Euro. Er vertrat unter Hinweis auf Kommentarstimmen und das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 06.10.1976 II R 107/71 (BStBl. II 1977, 211) die Auffassung, dass der auf den Ereignistag, also den Todestag des Schenkers, berechnete Kapitalwert gemäß § 12 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) auf den Zeitpunkt der Zuwendung, den 23.12.2004, abzuzinsen sei. Dadurch werde der Zinsvorteil abgegolten, den die Beschenkte durch die erst später eintretende Belastung mit der Schuld habe.

Der Bescheid erging an die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin des verstorbenen Schenkers.

Mit ihrem dagegen gerichteten Einspruch vom 17.02.2017 machte die Klägerin geltend, der Kapitalwert der gemäß § 12 Abs. 3 BewG abzuzinsenden Rentenlast sei auf den Übertragungsstichtag und damit nach dem damaligen Alter der Klägerin von 67 Jahren und einem Vervielfältiger von 11,952 zu berechnen, so dass sich eine zu berücksichtigende Verbindlichkeit in Höhe von 317.024 Euro ergebe. Denn aus der vom Beklagten angeführten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergebe sich, dass die Bewertung der zu berücksichtigenden Verbindlichkeit nicht auf den Ereignistag, sondern auf den Zeitpunkt der Übertragung zu erfolgen habe.

Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 04.09.2017 unter Bezugnahme auf die Kommentierung, das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 06.10.1976 und das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 27.08.2014 9 K 2193/12 (EFG 2015, 58) als unbegründet zurück. Die Kapitalisierung der Rentenlast habe auf den Ereignistag zu erfolgen, da sie wegen der aufschiebenden Bedingung zum Zeitpunkt der Übertragung noch nicht entstanden gewesen sei. Die Abzinsung gemäß § 12 Abs. 3 BewG sei vorzunehmen, um den Vorteil abzugelten, dass zwischen dem Steuerentstehungszeitpunkt und dem Ereignistag keine Belastung mit einer Schuld vorliege.

Mit ihrer Klage vom 29.09.2017 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf eine weitergehende Herabsetzung der Schenkungsteuer weiter. Sie vertritt nunmehr die Auffassung, dass die Rentenverbindlichkeit gemäß §§ 13, 14 BewG mit dem zu Ereignistag ermittelten Kapitalwert in Höhe von 385.632 Euro anzusetzen sei. Eine Abzinsung gemäß § 12 Abs. 3 BewG für die Zeit zwischen dem Tag der Übertragung des Kommanditanteils und dem Todestag des Schenkers komme nicht in Betracht. Denn die Anwendung von § 12 Abs. 3 BewG setze eine zum Übertragungsstichtag bestehende bzw. entstandene Verbindlichkeit voraus. Daran fe...

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