Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung von Deponierückstellungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Bewertung von Deponierückstellungen in der Steuerbilanz erfolgt nach den Bewertungsvorschriften des BilMoG. Das im Rahmen der Handelsbilanz ausgeübte Beibehaltungswahlrecht nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB ist für den Steuerbilanzwert nicht maßgeblich.

2) Die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG lassen, soweit sie keine ausdrückliche Anordnung treffen, die Bewertung der Rückstellung nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unberührt.

 

Normenkette

HGB § 249 Abs. 1; EGHGB Art 67 Abs. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3a, § 5 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.03.2023; Aktenzeichen IV R 24/19)

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob in der Steuerbilanz der Klägerin die Bewertung für Deponierückstellungen nach den Bewertungsvorschriften des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) zu erfolgen hat oder ob das im Rahmen der Handelsbilanz ausgeübte Beibehaltungswahlrecht nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch (EGHGB) für den Steuerbilanzwert maßgeblich ist.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Personengesellschaft, die im Handelsregister A des Amtsgerichts F. unter HRA … eingetragen ist. Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ist die Y. GmbH in A., eingetragen unter HRB … beim Amtsgericht F.. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klägerin ist Eigentümerin von … abgeschlossenen Deponien, die im Streitzeitraum entweder rekultiviert wurden oder bereits stillgelegt waren. Die längste Restlaufzeit beträgt ab dem Ende des Streitjahres 22 Jahre. Für laufende Betriebskosten, ausstehende Rekultivierungs- und Abdichtungskosten und sonstigen zukünftigen Aufwand für Nachsorgeverpflichtungen bildete die Klägerin seit mindestens dem Jahr 2001 entsprechende Rückstellungen. Den Rückstellungswerten lagen Gutachten zugrunde, in denen der zu erwartende Aufwand für den verbleibenden Nachsorgezeitraum teils deponiebezogen und teils auch deponieübergreifend ermittelt worden war. Zwei Gutachten, unter anderem das der Firma G. vom …2009, enthielten einen pauschalen Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % auf die ermittelten Werte.

Im Teilbericht zur Außenprüfung für die Jahre 2005 bis 2007 vom …2011, der durch das Bundeszentralamt für Steuern verfasst wurde, wurde festgestellt, dass es sich bei den Nachsorgeverpflichtungen der Klägerin, die den Rückstellungen zugrunde lägen, um Pflichten aus §§ 36 ff. Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) handele, die nach § 61 KrW-/AbfG sanktionsbewehrt seien. Die Sachleistungsverpflichtungen seien mit den in den vorgelegten Gutachten ermittelten Werten anzusetzen. Lediglich der pauschale Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % sei mangels hinreichender Konkretisierung nicht zu berücksichtigen. Allerdings sei im Gegenzug bisher nicht in den Gutachten erfasster Aufwand für Kosten der allgemeinen Verwaltung zu berücksichtigten. Der Sicherheitszuschlag wurde – gekürzt – den deponieübergreifenden Aufwendungen zugeordnet. Auf den Teilbericht wird im Übrigen Bezug genommen.

In der Handelsbilanz auf den 31.12.2010 setzte die Klägerin einen Wert für sonstige Rückstellungen in Höhe von 4.751.894,40 EUR an. In den sonstigen Rückstellungen waren Deponierückstellungen in Höhe von insgesamt 4.749.286,72 EUR enthalten. Diesen Wert hatte die Klägerin wie folgt ermittelt: Nach dem Gutachten vom …2009 betrug der zu erwartende erforderliche Aufwand für die Deponienachsorge zum 31.12.2009 4.928.000 EUR. Dieser Wert bestand aus Rückstellungen für die einzelnen Deponien in Höhe von 4.486.352 EUR sowie einem Sicherheitszuschlag in Höhe von 441.648 EUR. Der Sicherheitszuschlag ergab sich aus folgender Berechnung: Die Summe der auf die einzelnen Deponien entfallenden Kosten wurde auf 4.480.000 EUR abgerundet und mit dem Faktor 110 % multipliziert (ergibt 4.928.000 EUR). Die Differenz zwischen dem Wert von 4.928.000 EUR und 4.486.352 EUR ergibt die Höhe des Sicherheitszuschlags. Deponieübergreifende Kosten wurden vom Gutachter und infolge auch von der Klägerin nicht berücksichtigt.

Für die Bemessung der Deponierückstellungen zum 31.12.2010 wurde der Wert zum 31.12.2009 (4.486.352 EUR) um Inanspruchnahmen im Jahr 2010 in Höhe von 178.713,27 EUR gekürzt.

Die Inanspruchnahmen entfielen nicht auf alle Deponien; auf die Deponien, deren Rückstellungsansätze nicht um Inanspruchnahmen gekürzt wurden, entfiel ein Rückstellungsbetrag in Höhe von 261.712 EUR. Im Anhang der Bilanz heißt es, die durch die erstmalige Anwendung des BilMoG entstandenen Auflösungsbeträge würden in Anwendung des Wahlrechts nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB nicht bilanziell umgesetzt. Die Überdeckung aus der Beibehaltung der höheren Rückstellungsbeträge für die Rekultivierungsverpflichtungen betrage 1.170.800 EUR. Unter Anwendung des BilMoG hätten die Deponierückstellungen ohne den „Sicherheitszuschlag” – wegen des Abzinsungsgebots des § 253 Abs. 2 Satz 1 Handelsgeset...

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