Entscheidungsstichwort (Thema)

Kirchensteuerpflicht eines polnischen Staatsangehörigen

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein polnischer Staatsangehöriger, der Mitglied der römisch-katholischen Kirche ist, in Deutschland als selbständiger Fliesenleger Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und in Deutschland einen Wohnsitz unterhält, ist auch dann in Deutschland kirchensteuerpflichtig, wenn sein polnischer Heimatwohnsitz weiter Lebensmittelpunkt bleibt.

 

Normenkette

KiStO § 5; GG Art. 140; WRV Art. 137 Abs. 3; KiStG NW § 3

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte (Bekl.) vom Kläger (Kl.) für das Streitjahr 2008 Kirchensteuer erheben durfte.

Der Kl. wurde in Polen geboren und erhielt dort die römisch-katholische Taufe. Er unterhält eine Wohnung in B-Stadt/Deutschland und erzielt dort als Fliesenleger Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Mit Bescheid vom 22.6.2009 setzte das Finanzamt B-Stadt/Deutschland gegenüber dem Kl. Kirchensteuer für 2008 in Höhe von 17,64 EUR fest. In der Rechtsbehelfsbelehrung heißt es u.a.: „… Gegen die Festsetzung der Kirchensteuer ist ebenfalls der Einspruch gegeben. Der Einspruch ist insoweit bei dem zuständigen

(erz-)bischöflichen Generalvikariat schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären …”

Am 27.7.2009 legte der Kl. gegen den Kirchensteuerbescheid beim Finanzamt B-Stadt/Deutschland Einspruch ein. Da er Mitglied der polnischen römisch-katholischen Kirche sei, sei die deutsche römisch-katholische Kirche nicht Gläubigerin der Kirchensteuer.

Das Finanzamt B-Stadt/Deutschland leitete den Einspruch am 12.1.2010 an den Bekl. weiter. Dieser wies ihn mit Einspruchsentscheidung vom 14.1.2010 als unbegründet zurück. In der römisch-katholischen Kirche gebe es nach Can. 96 des Codex des kanonischen Rechts (CIC) nur eine universelle Zugehörigkeit. Eine Zugehörigkeit nach einzelnen Nationalitäten existiere nicht. Die Pflicht zur Zahlung der römisch-katholischen Kirchensteuer ergebe sich für den Kl. aus § 3 Abs. 1 des Kirchensteuergesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KiStG NW), da er getauft sei, seinen Wohnsitz in B-Stadt/Deutschland habe und über Einkommen verfüge.

Mit der bei Gericht am 17.2.2010 eingereichten Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Er ist der Ansicht, dass trotz Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 KiStG NW die Festsetzung von Kirchensteuer ihm gegenüber rechtswidrig sei. Nach Can. 87 CIC sei er Mitglied der polnisch römisch-katholischen Kirche. Eine Möglichkeit, aus dieser Mitgliedschaft auszutreten, bestehe nach (derzeitigem) polnischem Recht nicht. Damit könne er das als Merkmal des Freiheitsrechts aus Art. 9 des Grundgesetzes (GG) bestehende Recht zum Austritt aus der römisch-katholischen Kirche nach polnischem Recht nicht in Anspruch nehmen. Der Bekl. sei nicht berechtigt, den Kl. ohne dessen Willen der Kirchengewalt der deutschen römisch-katholischen Kirche bzw. dem Bistum allein aufgrund dessen Wohnsitzname in seinem Zuständigkeitsbereich zu unterwerfen.

Zudem verfüge der Kl. über einen weiteren Wohnsitz in Polen. Dort befinde sich neben seiner weit überwiegenden Habe auch seine Familie. Er habe lediglich für die Ausübung einer Beschäftigung in Deutschland einen inländischen Wohnsitz begründet. Erkennbarer Lebensmittelpunkt sei jedoch sein polnischer Heimatwohnsitz. Der Kl. unterliege daher auch nur dem katholischen Kirchenrecht in Polen. Bei dem von ihm im Inland innegehaltenen Wohnsitz handele es sich im Sinne des Kirchenrechts um einen Nebenwohnsitz i. S. v. Can. 102 § 2. Unter Berücksichtigung von Can. 104, wonach Eheleute einen gemeinsamen Wohnsitz oder Nebenwohnsitz haben sollen, müsse dies auch im vorliegenden Fall Berücksichtigung finden. Der Kl. verfüge nach diesem Verständnis im Inland nur über einen unerheblichen Nebenwohnsitz, so dass er nicht über einen zusätzlichen Hauptwohnsitz verfügen könne.

Auch im Bereich der evangelischen Landeskirche werde mit dem Umzug eines Mitgliedes dessen Mitgliedschaft in der Kirche des bisherigen Wohnsitzes beendet und allenfalls in der Kirche am neuen Wohnsitz neu begründet. Weiterhin liege zwischen der deutschen römisch-katholischen Kirche einerseits und der polnischen römischkatholischen Kirche andererseits keine (erforderliche) Bekenntnisidentität vor, weswegen eine Zuordnung des Kl. als Mitglied der deutschen römisch-katholischen Kirche bereits aus diesem Grunde ausscheide.

Wegen der Einzelheiten des klägerischen Vortrages wird auf die Schriftsätze vom 12.4.2010 und vom 14.6.2010 verwiesen.

Der Kl. beantragt (Bl. 1 GA),

den Kirchensteuerbescheid des Finanzamtes B-Stadt/Deutschland vom 22.6.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung der Bekl. vom 14.1.2010 aufzuheben.

Der Bekl. beantragt (Bl. 29 GA),

die Klage abzuweisen.

Er ergänzt die in der Einspruchsentscheidung angeführten Erwägungen dahingehend, dass die Ansicht des Kl., er sei wegen der Geburt in Polen nur Mitglied der römischkatholischen Kirche in Polen, auf einer Betrachtung beruhe, die in der evangelischen Kirche vorherrsche, nicht aber in der ...

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