Entscheidungsstichwort (Thema)

Ende der Anlaufhemmung nach Anzeige durch das Nachlassgericht

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Anlaufhemmung zum Beginn der Festsetzungsfrist für die Erbschaftsteuer endet nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO, wenn das Nachlassgericht dem FA die Testamentseröffnung und Erteilung des Erbscheins gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ErbStG anzeigt. Dem steht nicht entgegen, dass dem FA mit den Anzeigen noch nicht alle besteuerungsrelevanten Tatbestände bekannt sind.

 

Normenkette

AO 1977 § 170 Abs. 2 Nr. 1; ErbStG § 34 Abs. 2, 2 Nrn. 2-3; AO 1977 § 170 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.11.2004; Aktenzeichen II R 1/03)

 

Gründe

Die Parteien streiten darüber, ob bei Festsetzung der Erbschaftsteuer (ErbSt) durch Bescheid vom 14.08.1997 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Die Klägerin (Klin.) ist Alleinerbin nach ihrem am 28.10.1989 verstorbenen Ehemann. Das gemeinschaftliche Testament der Eheleute wurde am 09.01.1990 durch das Amtsgericht H. … eröffnet; der Erbschein, der die Klin. als Alleinerbin ausweist, am 16.01.1990 erteilt. Sowohl die Testamentseröffnung als auch die Erteilung des Erbscheins wurde dem Beklagten (Bekl.) vom Amtsgericht H. …am 12.01.1990 bzw. am 19.02.1990 mitgeteilt (vgl. Bl. 7 – 9 der Steuerakten).

Auf Aufforderung des Bekl. vom 12.09.1990 gab die Klin. am 23.11.1990 eine nicht unterschriebene Erbschaftsteuer(ErbSt)-Erklärung ab. Der Bekl. sandte die Erklärung zur Nachholung der Unterschrift an die Klin. zurück. Am 15.03.1991 ging die am 08.03.1991 unterschriebene Steuererklärung beim Bekl. ein.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.09.1995 setzte der Bekl. die ErbSt vorläufig gem. § 165 Abgabenordnung (AO) auf 0 DM fest.

Auf Grund der Feststellungen einer am 06.11.1995 begonnenen Außenprüfung erließ der Bekl. am 28.05.1997 einen geänderten ErbSt-Bescheid, mit dem er die ErbSt auf 53.338 DM festsetzte. Da die Klin. bestritt, diesen Bescheid erhalten zu haben, stellte der Beklagte den Bescheid nunmehr mit Datum vom 14.08.1997 erneut zu (Bl. 165 und 166 der Steuerakte). Mit Einspruch vom 20.08.1997 machte die Klin. geltend, die festgesetzte ErbSt sei bereits verjährt. Den Einspruch wies der Bekl. durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 25.11.1998 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, der Erlass des ErbSt-Bescheides vom 14.09.1995 sei innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgt, da die Klin. eine unterschriebene ErbSt-Erklärung erst in 1991 eingereicht habe.

Mit ihrer Klage vom 22.12.1998 verfolgt die Klin. ihr Begehren weiter. Sie vertritt die Ansicht, sie sei weder gesetzlich zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet gewesen, noch habe wegen der Regelung des § 30 Abs. 3 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) eine Verpflichtung zur Anzeige des Erwerbes bestanden. Jedenfalls aber sei die Anlaufhemmung gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Abgabe der ErbSt-Erklärung am 23.11.1990 beendet gewesen. Die Erklärung habe nämlich alle in § 30 Abs. 4 ErbStG genannten Voraussetzungen an eine Erwerbsanzeige erfüllt.

Die Klin. beantragt,

den ErbSt-Bescheid vom 14.08.1997 in der Form der EE vom 25.11.1998 aufzuheben.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine EE und auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 05.11.1992 (II R 25/89, BFH/NV 1994, 213).

Der Berichterstatter hat den Streitfall mit den Parteien am 03.11.2000 erörtert. Auf das Protokoll des Erörterungstermins wird Bezug genommen.

Die Parteien haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Die zulässige Klage ist begründet.

Durch den Bescheid vom 14.08.1997 konnte gegenüber der Klin. ErbSt nicht mehr wirksam festgesetzt werden, weil im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides die Festsetzungsfrist abgelaufen war (§ 169 Abs. 1 AO).

Die 4-jährige Festsetzungsfrist beginnt gem. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Ist eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten, so beginnt die Festsetzungsfrist gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird.

Zutreffend weist der Bekl. darauf hin, dass die Klin. auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Abgabe einer ErbSt-Erklärung verpflichtet war. Unter Berücksichtigung der Entscheidungen des BFH vom 14.01.1998 und vom 26.03.1999 (X R 84/95, BStBl. II 1999, 203 und X B 196/98, BFH/NV 1999, 1309) ist auch davon auszugehen, dass die Anlaufhemmung im Sinne des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO nur durch Abgabe einer unterschriebenen Steuererklärung beendet wird. Da eine unterschriebene Steuererklärung dem Bekl. erst im März 1991 zuging, wäre die erstmalige Steuerfestsetzung vom 14.09.1995 und infolge der Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 4 AO die geänderte Steuerfestsetzung vom 14.08.1997 fristgemäß erfolgt.

Vorliegend kommt aber der Klin. der Umstand zugute, dass das Amtsgericht H. … als Nachlassgericht entsprechend seiner Verpflichtung aus § 34 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ErbStG dem Bekl. bereits im Januar und Februar 1990 sowohl di...

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