Entscheidungsstichwort (Thema)

Nießbrauch am Grundbesitz des Sonderbetriebsvermögens, Bilanzierungskonkurrenz bei Betriebsaufspaltung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils zum Buchwert gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG ist auch dann gegeben, wenn sich der bisherige Mitunternehmer anlässlich der Übertragung seines Mitunternehmeranteils den Nießbrauch an einem mitübertragenen Grundstück des Sonderbetriebsvermögens vorbehält.

2) Grundbesitz, der im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an eine Betriebs-GmbH vermietet wird, rechnet zum Betriebsvermögen des Besitzeinzelunternehmens und nicht zum Sonderbetriebsvermögen einer daneben bestehenden (Besitz-) Mitunternehmerschaft, wenn der Einsatz des Grundbesitzes durch die Tätigkeit des Besitzeinzelunternehmens veranlasst ist.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 3 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob aufgrund der Übertragung von Gesellschaftsanteilen und Grundbesitz unter Nießbrauchsvorbehalt stille Reserven aufgedeckt wurden, die im Rahmen der Gewinnfeststellung der R GmbH und Co. KG (Klägerin) für 2003 als Veräußerungsgewinne der übertragenden Gesellschafter zu erfassen sind. Außerdem ist für die Jahre 2003 bis 2005 streitig, inwieweit Sonderbetriebsausgaben des Kommanditisten zu berücksichtigen sind.

Der am 22.07.2011 verstorbene R 3 und seine Ehefrau R 2 waren an der R Kommanditgesellschaft (KG) mit 52 % als Komplementär bzw. mit 18 % als Kommanditistin beteiligt. Weiterer Kommanditist war ihr Sohn R 1 mit einer Beteiligung von 30 %. Gegenstand des Unternehmens war und ist die Herstellung und der Vertrieb von Kartonagen.

Die KG vermietete das für die Unternehmensführung benötigte Anlagevermögen an die R GmbH (Anteilseigner R 3 mit einem Kapitalanteil von 52.000 DM und R 2 mit einem Kapitalanteil von 18.000 DM; siehe dazu Pacht- und Betriebsüberlassungsverträge vom 21.04.1987 und vom 30.12.1990) und die R Vertriebsgesellschaft mbH (alleiniger Anteilseigner R 3 mit einem Kapitalanteil von 25.000 DM; siehe dazu Pachtvertrag vom 01.01.1988), die das operative Geschäft führten.

R 2 war zudem Alleineigentümerin des Grundbesitzes A-Straße in C, den sie der KG für deren betriebliche Zwecke (Vermietung/Überlassung an die R GmbH; siehe dazu Pacht- und Betriebsüberlassungsverträge vom 21.04.1987 und vom 30.12.1990) zur Verfügung stellte. Der im Alleineigentum von R 3 stehende Grundbesitz B-Straße wurde von ihm an die R Vertriebsgesellschaft mbH vermietet (siehe dazu Mietverträge R 3 – R Vertriebsgesellschaft mbh vom 30.04.1987). Die Grundstücke waren als Sonderbetriebsvermögen von R 3 bzw. R 2 in der KG erfasst (vgl. Jahresabschluss 2003 in der Bilanzakte).

Gemäß notarieller Vereinbarung vom 08.08.2003 (Notar O UR-Nr.) trat die R GmbH mit sofortiger Wirkung als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die KG ein, in der Folge firmierend als R GmbH & Co. KG und Klägerin des vorliegenden Verfahrens. Es wurde das Einverständnis erteilt, dass R 3 und R 2 ihre KG-Beteiligungen auf R 1 übertrugen.

Die Übertragung und Abtretung der Anteile von R 3 und R 2 erfolgte mit sofortiger Wirkung durch notarielle Vereinbarung ebenfalls vom 08.08.2003 (Notar O UR-Nr.). Die Gesellschafter R 3 und R 2 schieden damit aus der Klägerin aus. Gegenstand dieser notariellen Vereinbarung war darüber hinaus, dass R 3 den Grundbesitz B-Straße in N und R 2 den Grundbesitz A-Straße in C sowie beide ihre Anteile an den Betriebsgesellschaften auf R 1 zu Alleineigentum übertrugen. R 3 und R 2 behielten sich den lebenslänglichen Nießbrauch sowohl an den übertragenen Gesellschaftsanteilen (Gewinnbezugsrecht) als auch an dem übertragenen Grundbesitz (sämtliche Nutzen und Lasten einschließlich der außerordentlichen Lasten) vor.

Ausweislich der den Jahresabschlüssen 2003 bis 2005 beigefügten steuerlichen Ergebnisverteilungen, die auch den Feststellungserklärungen für diese Jahre zugrunde gelegt wurden, wurde der Gewinn des Jahres 2003 bis einschließlich Juli auf R 3, R 2 und R 1 entsprechend ihrer Kapitalbeteiligung an der KG verteilt. Ab August 2003 wurden die Gewinne R 1 als alleinigem Kommanditisten der Klägerin in vollem Umfang zugerechnet. Beide Grundstücke wurden als Sonderbetriebsvermögen der Klägerin erfasst und die damit in Zusammenhang stehenden Einkünfte R 1 als Sonderbetriebseinkünfte zugerechnet.

Der Beklagte stellte die Gewinne bzw. Verluste für die Streitjahre mit Bescheiden vom 12.12.2005 (2003), 17.08.2006 (2004) und 16.07.2007 (2005) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest und erließ – ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2003 und 2004.

Die geschilderten Übertragungsvorgänge überprüfte der Beklagte im Rahmen einer am 22.11.2007 angeordneten Betriebsprüfung. Die Betriebsprüferin vertrat dabei die Auffassung, dass infolge der Übertragung die Betriebsaufspaltung beendet sei. Den bisherigen Gesellschaftern R 3 und R 2 stehe lediglich ein...

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