Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Steuerschulden; Vorgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Durch Haftungsbescheid kann in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, die Haftung kann dabei sowohl auf steuerrechtlichen als auch auf zivilrechtlichen Vorschriften beruhen.

2. Eine GmbH wird als unechte Vorgesellschaft behandelt, solange kein Handelsregistereintrag vorgenommen wird, weil von vornherein keine Eintragungsabsicht bestand. Als Gesellschafter einer unechten Vorgesellschaft erfolgt eine Haftung gem. § 718 i.V.m. §§ 421, § 427 BGB für die Verbindlichkeiten, die während des Bestehens der Vorgesellschaft entstanden sind.

 

Normenkette

BGB § 718 i.V.m. §§ 421, 427; AO § 191

 

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 17.08.1999 errichteten die Klägerin und Herr IU unter der Firma T & U Transport GmbH eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das Stammkapital übernahmen die Gesellschafter je zur Hälfte. Die Gesellschaft nahm die Geschäftstätigkeit im Januar 2001 auf. Am 02.04.2001 wurde der Antrag auf Eintragung ins Handelsregister gestellt. Mit Zwischenverfügung vom 19.04.2001 wies das Registergericht darauf hin, dass die Eintragung das Vorliegen der Genehmigung nach § 3 GüKG voraussetze. Unter dem 26.07.2001 wurde der Antrag auf Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 GüKG gestellt. Der Landrat des Kreises S lehnte den Antrag ab. Die insoweit erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht H nahmen die Klägerin und Herr IU in der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2004 zurück.

Das Amtsgericht D wies den Antrag auf Eintragung der GmbH in das Handelsregister durch Beschluss vom 16.11.2001 (XX AR XX/XXXX HR) zurück, nachdem für das Transportunternehmen die Erlaubnis nach § 3 GüKG nicht erteilt worden war.

Mit Haftungsbescheid vom 28.09.2005 nahm der Beklagte die Klägerin für Lohn- und Annexsteuern 2001 und April bis Juli 2002 der Firma T und U GbR in Höhe von insgesamt 16.170,66 EUR in Haftung. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 22.11.2005 erhob die Klägerin durch Schreiben vom 26.12.2005 Klage. Zur Begründung trägt sie vor, der Beklagte gehe im streitbefangenen Haftungsbescheid unzutreffend von einer persönlichen und unbeschränkten Haftung der Klägerin für Steuerschulden der T & U GbR aus. Eine solche GbR habe nie bestanden. Aus dem Gründungsvertrag vom 17.08.1999 ergebe sich unzweifelhaft der Wille der Gesellschafter zur Gründung einer Kapitalgesellschaft. Sie habe das Stadium der Vorgesellschaft erreicht.

Zu Unrecht gehe der Beklagte auch davon aus, die Vorgesellschaft habe weiter angedauert und sei nicht unverzüglich eingestellt worden, als ein Scheitern der Gründung erkennbar gewesen sei. Es handele sich um eine echte Vorgesellschaft, so dass eine Haftung nur in Bezug auf das eingezahlte Stammkapital der Klägerin in Betracht komme, und zwar unter Berücksichtigung der Insolvenzordnung nur im Rahmen einer entsprechenden Quote.

Die Vorgesellschaft habe ihre betriebliche Tätigkeit Anfang des Jahres 2001 aufgenommen und am 05.04.2001, letztlich erfolglos, die Eintragung ins Handelsregister beantragt. Ein entsprechender Antrag habe aber jederzeit wiederholt werden können.

Die Gesellschaft sei fast ausschließlich im Rahmen der Möbelauslieferung für die Firma P GmbH & Co KG tätig gewesen. Diese Firma habe das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 18.09.2001 zum 31.12.2001 gekündigt. Die letzten Dienstleistungen seien insoweit am 15.12.2001 erbracht worden. Daher habe den Mitarbeitern überwiegend erst zum 31.12.2001 gekündigt werden können. Zwei gewerbliche Arbeitnehmer seien noch im Rahmen der Abwicklung während des laufenden Insolvenzverfahrens beschäftigt worden. Sie seien bis zum 14.02.2002 noch zur Abwicklung des Auftrages der Firma HL eingesetzt worden. Die eigenen Fahrzeuge der Gesellschaft seien am 20.12.2001 beim Straßenverkehrsamt in N abgemeldet worden. Die Abwicklungsarbeiten seien mit geliehenen Fahrzeugen der Firma I erledigt worden.

Die Mitarbeiter J und R seien zur Vorbereitung der gutachterlichen Tätigkeit des vom Insolvenzgericht beauftragten Sachverständigen eingesetzt gewesen. Weitergehende werbende, auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeiten seien nicht erfolgt. Die Geschäftstätigkeit sei unverzüglich eingestellt worden, als bekannt geworden sei, dass die Gesellschaft nicht in das Handelsregister eingetragen würde und sie infolge der Kündigung der Auftraggeber vermögenslos und überschuldet gewesen sei. Insoweit sei das Insolvenzverfahren eingeleitet worden.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom 28.09.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 22.11.2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, die gesamtschuldnerische Haftung der Klägerin als Gesellschafterin der GbR folge aus den §§ 421, 427 und 718 BGB. Die Inanspruchnahme der GbR als Steuerschuldnerin sei erfolglos geblieben. Daher sei die Klägerin in Haftung zu nehmen gewesen. Neben dem Entschließungsermessen habe der Beklagte auch das Aus...

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