Entscheidungsstichwort (Thema)

Antragsveranlagung für 2003, auch wenn der Antrag nach dem 28.12.2007 gestellt worden ist

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Antragsveranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG hat allein zur Voraussetzung, dass am 28.12.2007 über einen Antrag zur Veranlagung noch nicht bestandskräftig entschieden ist. Dies ist auch der Fall, wenn der Antrag hierzu vor diesem Termin noch gar nicht gestellt worden, aber noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

 

Normenkette

EStG § 52 Abs. 55 j S. 2, § 46 Abs. 2 Nr. 8

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.04.2011; Aktenzeichen VI R 86/10)

BFH (Urteil vom 14.04.2011; Aktenzeichen VI R 86/10)

 

Tatbestand

Streitig ist noch, ob der Kläger (Kl) aufgrund seines in 2008 gestellten Antrags für 2003 zur Einkommensteuer (ESt) zu veranlagen ist.

Der Kl wird nach der ESt-Grundtabelle besteuert. Er erzielte in den Jahren 2003 und 2004 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) und wurde nicht zur ESt veranlagt.

Im August 2008 gab der steuerlich beratene Kl. erstmals Erklärungen zur Einkommensteuer (ESt) 2003 und 2004 ab und beantragte wegen eventueller Säumnis bei der Einhaltung der Abgabefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 Abgabenordnung (AO)). Zur Begründung verwies er auf den Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs zu § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG vom 22.05.2006 VI R 46/05, BFHE 213, 536, BStBl. II. 2006, 820) sowie die Neufassung des § 46 Abs. 2 Nr. 8 durch das Jahressteuergesetz 2008 (JStG 2008, vom 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150, 3157), womit die Zweijahresfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG a. F. gestrichen wurde.

Der Beklagte (Bekl) lehnte eine Veranlagung zur ESt mit Bescheid vom 19.08.2008 ab.

Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 10.02.2009 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Bekl im Wesentlichen an, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) nicht in Betracht komme, da die vierjährige Festsetzungsfrist bereits am 31.12.2007 abgelaufen sei. Eine Wiedereinsetzung in eine abgelaufene Festsetzungsfrist komme nicht in Betracht (Verweis auf BFH-Urteil vom 24.01.2008 VII R 3/07 BFHE 220, 214, BStBl II 2008, 462).

Zu einer Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO komme es in Fällen der Antragsveranlagung nicht.

Mit der dagegen gerichteten Klage begehrt der Kl nunmehr noch die Durchführung einer Veranlagung zur ESt 2003, nachdem der Bekl dem Antrag auf Veranlagung für 2004 nach Klageerhebung entsprochen hat. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Senat hat das Verfahren insoweit durch Beschluss vom 07. Mai 2010 abgetrennt.

Zur Begründung der auf eine Veranlagung zur ESt 2003 gerichteten Klage macht der Kl im Wesentlichen geltend, dass ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei. Es könne ihm nicht als Verschulden angelastet werden, wenn er mit dem BFH davon ausgegangen sei, dass alle Steuerpflichtigen bei der Einkommensteuerveranlagung gleich zu behandeln seien. Überdies gelte unter Berücksichtigung der Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO eine siebenjährige Festsetzungsfrist.

Der Kl. beantragt,

den Bekl. zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 19.08.2008 in Gestalt der EE vom 10.02.2009 die Veranlagung zur ESt 2003 durchzuführen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Bekl im Wesentlichen auf die Gründe der EE.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie den Inhalt der Steuerakten des Bekl verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist begründet.

Die Ablehnung der Durchführung der ESt-Veranlagungen ist rechtswidrig und verletzt den Kl in seinen Rechten (§ 101 Finanzgerichtsordnung (FGO)).

Besteht das Einkommen nach § 46 Abs. 2 EStG ganz – wie im Streitfall – oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, so wird eine Veranlagung nur unter den in § 46 Abs. 2 Nrn. 1 bis 8 EStG genannten Voraussetzungen durchgeführt.

Vorliegend kommt nur eine Veranlagung auf Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG in Betracht, da keiner der Fälle des § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7, welche eine Veranlagung von Amts wegen vorsehen, vorliegt.

Die Durchführung einer Veranlagung setzt einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Die frühere zusätzliche Voraussetzung, dass der Antrag bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres zu stellen war, ist aufgrund der Neufassung der Vorschrift durch Artikel 1 des JStG 2008 vom 20.12.2007 (BGBl. I S. 3150) entfallen.

§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG n.F. ist gemäß § 52 Abs. 55 j Satz 2 EStG (JStG 2008) erstmals für den Veranlagungszeitraum 2005 anzuwenden und –hier einschlägig– in Fällen, in denen am 28. Dezember 2007 über einen Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer noch nicht bestandskr...

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