Entscheidungsstichwort (Thema)

Firmenwert als Teil des unbeweglichen Vermögens bei Veräußerung von Anteilen an polnischer Kapitalgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus der Differenz zwischen dem Wert der Summe der einzelnen Wirtschaftsgüter und dem erzielten Verkaufspreis für Anteile einer Kapitalgesellschaft folgt nicht zwingend, dass ein Firmenwert existiert. Dies gilt insbesondere, wenn der Steuerpflichtige selbst vorträgt, dass für die Gesellschaftsanteile ein deutlicher Aufschlag, d.h. ein überhöhter Kaufpreis, gezahlt worden ist, auch ein Sachverständiger nur überschlägig einen Firmenwert ermitteln konnte und damit die Höhe eines Firmenwertes letztlich spekulativ ist.

2. Verbleibende Zweifel bzgl. der Frage, ob unter Berücksichtigung eines Firmenwerts das Aktivvermögen einer ausländischen Gesellschaft überwiegend unmittelbar oder mittelbar aus unbeweglichem Vermögen i.S.v. Art. 13 Abs. 2 DBA Polen besteht, gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; DBA POL Art. 6 Abs. 2, Art. 13 Abs. 2, 5; AO § 90 Abs. 2; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer polnischen Kapitalgesellschaft in Deutschland steuerpflichtig ist bzw. ob die in Polen angefallene Steuer auf die inländische Einkommensteuer anzurechnen ist.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt (§§ 26, 26b des EinkommensteuergesetzesEStG –).

Der Vater der Ehefrau (nachfolgend: Klägerin) war an der polnischen Gesellschaft D Sp.z.o.o. (nachfolgend: D) zu 31,25% (5 von insg. 16 Anteilen zu je 3.200,00 PLN) beteiligt. Die D wies ausweislich des Jahresabschlusses 2010 Aktivvermögen in Höhe von insgesamt 12.002.199,27 PLN (Buchwert) auf. Hiervon entfielen 2.457.455,34 PLN (Buchwert) auf Sachanlagen, davon ca. 122.500 PLN auf Grundstücke und Gebäude (= Jahresabschluss unter Berücksichtigung des „Puffes” – gemeint wohl „Puffers”, Bl. 56 ff. GA).

Der weitere vorgelegte Jahresabschluss 2010 (Bl. 53 GA) wies die folgenden Werte auf:

Summe Aktiva

9.860.897,53 PLN

davon Sachanlagen

1.649.582,95 PLN

davon Grdst. und Gebäude

124.468,88 PLN

Ein Firmenwert war in keinem der vorgelegten Jahresabschlüsse 2010 bilanziert.

Am 13.04.2011 verstarb der Vater der Klägerin. Die Klägerin wurde dessen Alleinerbin. Aus der geerbten Beteiligung an der D erhielt die Klägerin im Juni 2011 eine Dividende in Höhe von 99.445,00 PLN.

Mit notariellem Vertrag vom 15.09.2011 veräußerte die Klägerin ihre Anteile an der D zu einem Kaufpreis von 10.833.333,33 PLN. Sie zahlte ausweislich eines dem Gericht vorliegenden Kontoauszugs vom 08.11.2012 auf diesen Betrag in Polen Steuern in Höhe von 2.058.341,80 PLN (nach dem Monatsumrechnungskurs November 2011 umgerechnet 498.134,55 €).

In Ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 erklärten die Kläger Einnahmen des Ehemanns (nachfolgend: Kläger) aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 37.513,00 € sowie Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 1.100,00 €. Die erhaltene Dividende sowie den Erlös aus der Veräußerung der Beteiligung an der D gaben die Kläger nicht an. Der Beklagte veranlagte die Kläger zunächst erklärungsgemäß und setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 11.03.2013 auf 2.835,00 € fest.

Aufgrund einer Kontrollmitteilung des Bundeszentralamts für Steuern erhielt der Beklagte Kenntnis von der Dividendenzahlung aus Polen in Höhe von – nach Jahresumrechnungskurs umgerechnet – 24.133,00 €. Er setzte daraufhin mit Änderungsbescheid vom 18.12.2014 die Einkommensteuer für das Jahr 2011 auf 8.868,00 € fest, wobei er die Dividende als Kapitalertrag erfasste. Den Sparer-Pauschbetrag brachte er zunächst nicht in Abzug. Unter Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 1.602,00 € setzte der Beklagte mit nochmals geändertem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vom 21.01.2015 die Einkommensteuer auf nunmehr 8.467,00 € fest.

Wegen des Verdachts der Einkommensteuerverkürzung durch Nichtangabe der empfangenen Dividendenzahlung eröffnete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C ein Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin. Bei Ihrer Vernehmung am 05.03.2015 bestätigte die Klägerin, dass sie im Jahr 2011 aus der – von ihrem Vater geerbten – Beteiligung an der D eine Dividende in bar erhalten habe und dass sie die Gesellschaftsanteile unmittelbar nach der Dividendenzahlung veräußert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vernehmungsniederschrift vom 05.03.2015 verwiesen.

Mit Einkommensteuerbescheid vom 27.04.2016 änderte der Beklagte daraufhin die Steuerfestsetzung für das Jahr 2011 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und setzte die Einkommensteuer auf nunmehr 693.919,00 € fest. Bei den Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb setzte er einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG in Höhe von 1.575.099,00 € an, den er unter Beachtung des Jahresumrechnungskurses wie folgt ermittelte:

Veräußerungspreis

10.833.333 PLN

2....

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