Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzicht auf Abführung des Jahresüberschusses, der als Gewinnerhöhung zu erfassen war, bei Beendigung einer Organschaft als verdeckte Einlage

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Verzichtet die Organträgerin bei Beendigung der Organschaft auf die Abführung des Jahresüberschusses der Organgesellschaft, so ist der Anspruch auf Gewinnabführung als Forderung, der Verzicht als verdeckte Einlage der Organträgerin zu behandeln, die zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung der Organträgerin an der Organgesellschaft führt.

2) Die zum Ende des Geschäftsjahres entstandenen Ansprüche werden durch eine zuvor vereinbarte vertragliche Aufhebung der Gewinnabführungs- und Verlustausgleichsverpflichtungen zum Jahresende wegen § 296 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AktG nicht rückwirkend beseitigt. Es gelten vielmehr die allgemeinen steuerlichen Gewinnermittlungsregelungen.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1 S. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2; KStG § 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 1; EStG § 4 Abs. 1

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob bei einem Verzicht auf die Abführung des Jahresüberschusses der Organgesellschaft im Rahmen einer ertragssteuerlichen Organschaft im zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung der Organschaft der Gewinnabführungsanspruch zum Bilanzstichtag als Forderung und der Verzicht gleichzeitig als verdeckte Einlage zu erfassen ist.

Komplementärin der Klägerin ist die nicht am Kapital beteiligte A B GmbH. Alleinige Kommanditistin ist die A C B.V..

Die Klägerin ist alleinige Gesellschafterin der A D GmbH (A D GmbH). Mit dieser bestand eine ertragssteuerliche Organschaft. Der Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag bestand seit dem 12.12.1991.

Mit Vertrag vom 20.12.2007 hoben die Klägerin als Organträgerin und die A D GmbH als Organgesellschaft den Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag mit Wirkung zum 31.12.2007 auf. Die Gesellschafter der Klägerin stimmten dem Aufhebungsvertrag in notarieller Urkunde vom 28.12.2007 zu.

Zu dem Aufhebungsvertrag gaben die Klägerin und die A D GmbH am 28.12.2007 eine Verzichtserklärung ab, in der sie folgende als klarstellend bezeichnete Vereinbarung trafen:

„Beide Parteien verzichten einvernehmlich darauf den Ergebnisabführungsvertrag zum 31.12.2007 zu vollziehen, d.h. ein etwaiger Jahresüberschuss ist nicht an die A GmbH & Co. KG abzuführen bzw. ein etwaiger Jahresfehlbetrag ist nicht an die A D GmbH auszugleichen.”

Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Klägerin und der A D GmbH (Prüfungsberichte vom 18.05.2011 und 13.12.2010) waren der Prüfer und ihm folgend der Beklagte der Auffassung, ein Unternehmensvertrag könne nur zum Ende des Geschäftsjahres, nicht aber rückwirkend aufgehoben werden. Nach § 296 Abs. 1 AktG könne ein Unternehmensvertrag und damit auch ein Ergebnisabführungsvertrag durch schriftliche Vereinbarung zum Ende des laufenden Geschäftsjahres zivilrechtlich wirksam aufgehoben werden. Der Verzicht auf den Gewinnabführungsanspruch aus dem laufenden Geschäftsjahr bedeute steuerlich, dass der Ergebnisabführungsvertrag in dem betreffenden Zeitraum nicht als durchgeführt angesehen werden könne. Die Organgesellschaft sei nach den allgemeinen steuerlichen Vorschriften zur Körperschaftsteuer zu veranlagen. Bei ihr sei insoweit ein eigener Überschuss in Höhe von 10.324.187 € zu erfassen.

Beim Organträger sei am Bilanzstichtag 31.12.2007 der Anspruch auf Abführung des Gewinns entstanden. Der Verzicht auf diesen Anspruch zum 31.12.2007 sei gesellschaftlich veranlasst und damit als verdeckte Einlage zu qualifizieren, die zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung an der Organgesellschaft führe. Die steuerrechtliche Behandlung bei der Organgesellschaft stelle sich wie folgt dar:

Eigener Überschuss

10.324.187 €

Abführung des zivilrechtlich

entstandenen Ergebnisses

-10.324.187 €

Verzicht auf Ergebnisabführung,

verdeckte Einlage

10.324.187 €

Jahresüberschuss

10.324.187 €

In der einheitlichen und gesonderten Feststellung 2007 der Organträgerin seien die laufenden Einkünfte und die darin enthaltenen Einkünfte nach § 8b KStG um jeweils 10.324.187 € zu erhöhen.

Entsprechend diesen Feststellungen erließ der Beklagte den gemäß § 164 Absatz 2 AO geänderten Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 30.11.2011 für die Klägerin.

Während des Einspruchsverfahrens gegen diesen Bescheid erließ der Beklagte den aus anderen Gründen geänderten Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 27.06.2012.

Die Klägerin machte mit dem Einspruch gelten, ein Gewinnabführungsanspruch entstehe frühestens mit Ablauf des Bilanzstichtages zum 31.12.2007. Vor diesem Zeitpunkt habe ein Anspruch und ein einlagefähiges Wirtschaftsgut i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG nicht bestanden. Mit der Vereinbarung vom 20.12.2007 hätten die Parteien ausdrücklich vereinbart, dass weder eine Gewinnabführung noch eine Gewinnausschüttung erfolgen solle. Ein bilanzierungsfähiger Gewinnabführungsanspruch sei aufgrund des vertra...

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