Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbeziehung eigener Anteile bei der Berechnung der Quote für die Anteilsvereinigung und Anforderungen an die notarielle Anzeige. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 24/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eigene Gesellschaftsanteile, die eine Kapitalgesellschaft als grundbesitzende Gesellschaft oder Zwischengesellschaft hält, bleiben bei der Berechnung der Quote für die Anteilsvereinigung außer Betracht.

2) Die inhaltlichen Vorgaben für eine Anzeige gemäß § 20 Abs. 1 GrEStG gilt für Anzeigen nach § 18 GrEStG und § 19 GrEStG gleichermaßen.

3) Eine auch nur teilweise unvollständige oder unrichtige Anzeige beendigt die Anlaufhemmung nicht, wenn das Gesetz zwingend bestimmte Angaben vorschreibt.

 

Normenkette

GrEStG § 20; AO § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; GrEStG § 19 Abs. 1 Nr. 4, § 1 Abs. 3 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz in der im Jahr 2010 geltenden Fassung (GrEStG) vorliegt und ob Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Die Klägerin und die Stadt I-Stadt, die Alleingesellschafterin der Klägerin war, waren an der X-GmbH […] beteiligt. Weitere Gesellschafter waren die F-AG […], die Y-GmbH […] und Frau I. N. (als Gesamtrechtsnachfolgerin des Herrn N.). Zudem hielt die X-GmbH eigene Anteile. Das Stammkapital der X-GmbH betrug 3.600.000 EUR und war wie folgt verteilt:

1

X-GmbH

10.920 EUR

2

Klägerin

3.400.000 EUR

3

Stadt I-Stadt

168.800 EUR

4

F-AG

19.920 EUR

5

Y-GmbH

240 EUR

6

Frau N.

120 EUR

Die X-GmbH war darüber hinaus zunächst alleinige Kommanditistin der Objektgesellschaft G-GmbH & Co. KG (G-GmbH & Co. KG), die ebenfalls über Grundbesitz verfügte. Die Kommanditeinlage betrug ab 2007 7.250.000 EUR. Komplementärin war die H-Verwaltungsgesellschaft mbH, die nicht am Vermögen beteiligt und deren Alleingesellschafterin (Nennbetrag des Geschäftsanteils: 25.000 EUR) ebenfalls die X-GmbH war. Im Jahr 2009 erwarb die Klägerin den größten Teil der Kommanditeinlage (6.880.250 EUR) und (nach Teilung) einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 23.725 EUR an der H-Verwaltungsgesellschaft mbH. Im Ergebnis waren die Klägerin und die X-GmbH an der G-GmbH & Co. KG und an der H-Verwaltungsgesellschaft mbH mit 94,9 % bzw. 5,1 % beteiligt.

Sowohl die X-GmbH als auch die G-GmbH & Co. KG verfügten über umfangreichen Grundbesitz.

Nachdem F-AG das Gesellschaftsverhältnis betreffend die X-GmbH zum 31.12.2009 gekündigt hatte, beschloss die Gesellschafterversammlung, dass der Geschäftsanteil auf die X-GmbH übertragen werden solle. Mit notarieller Vereinbarung vom 26.01.2010 (UR-Nr. … des Notars L., I-Stadt) verkaufte F-AG den Geschäftsanteil von 19.920 EUR an die X-GmbH. Unter VII (2) des notariellen Vertrags heißt es, im Hinblick auf § 54 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) teilten die Beteiligten mit, dass die X-GmbH beim Beklagten unter der Steuernummer … geführt werde; die Gesellschaft habe Grundbesitz. Weiter wird ausgeführt, der Notar habe darauf hingewiesen, dass bei Vorliegen von Grundbesitz die Vereinigung von mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile in der Hand des Käufers oder mit ihm verbundener Unternehmen der Grunderwerbsteuer unterliege. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde Bezug genommen.

Der Notar übersandte dem Beklagten mit Schreiben vom 27.01.2010 eine beglaubigte und eine einfache Ablichtung der Urkunde. Das Schreiben war adressiert an das „Finanzamt I-Stadt, X-Straße, … I-Stadt” und wies folgenden Betreff aus:

„Geschäftsanteilskauf- und -übertragungsvertrag vom 26.01.2010

UR-Nr. …

Firma Z-GmbH, C-Str., … I-Stadt

Steuer-Nr. …

hier: Anzeige gem. § 54 EStDV”.

Der Text des Schreibens, auf das im Übrigen verwiesen wird, besteht aus zwei Sätzen, die durch einen Absatz optisch voneinander getrennt sind. Der zweite Satz lautet: „Die einfache Ablichtung bitte ich höflich an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzureichen.”

Den bundeseinheitlichen Vordruck „Veräußerungsanzeige” verwendete der Notar nicht. Er notierte am 27.01.2010, dass er dem Beklagten (Körperschaftsteuerstelle) eine beglaubigte Ablichtung und der X-GmbH, F-AG und dem Beklagten (Grunderwerbsteuerstelle) einfache Ablichtungen erteilt habe.

Eine Weiterleitung der Urkunde an die Grunderwerbsteuerstelle erfolgte nicht. Beide Ablichtungen wurden zu der bei der Körperschaftsteuerstelle geführten Vertragsakte genommen.

Am 25.04.2016 erreichte den Beklagten ein als „Anzeige nach §§ 19, 20 GrEStG” gekennzeichnetes Schreiben der Klägerin vom gleichen Tag, in dem diese mitteilte, dass es mit dem Erwerb des F-AG-Anteile durch die X-GmbH möglicherweise zu einer Anteilsvereinigung gekommen sei. Auf das Schreiben wird verwiesen.

In der Folgezeit kam es zu einer Prüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung D-Stadt. Es folgte – unter Einbeziehung der Oberfinanzdirektion – ein umfangreicher Schriftwechsel. Der Beklagte erließ am 21.11.2017 einen Grunderwerbsteuerbescheid, durch den Grunderwerbsteuer i.H.v. 6.185.734 EUR festgesetzt wurde.

Die Kl...

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