rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung eines vor 1996 doppelt bewilligten Kindergeldes ab Januar 1996. Kindergeld

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wurde ein vor 1996 gestellter Kindergeldantrag von der Familienkasse zweimal erfasst und formlos doppelt Kindergeld ab Januar 1996 bewilligt, so gilt dieses Kindergeld mit Beginn des Jahres 1996 als nach den Vorschriften des EStG festgesetzt (§ 78 Abs. 1 EStG).

2. Die Familienkasse ist 1996 nicht aufgrund einer widerstreitenden Festsetzung nach § 174 Abs. 2 AO 1977 zu einer Aufhebung und Rückforderung des zu hoch ausgezahlten (doppelten) Kindergeldes berechtigt, wenn der Sachverhalt vom Antragsteller weder unrichtig noch unvollständig dargestellt worden ist und die doppelte Erfassung, Bearbeitung und Bewilligung ausschließlich von der Familienkasse verschuldet worden ist.

 

Normenkette

EStG 1996 § 78 Abs. 1 S. 1; EStG § 70; AO 1977 § 155 Abs. 6, § 174 Abs. 2 Sätze 1-2, § 37 Abs. 2

 

Tenor

Der Erstattungsbescheid vom 26.01.1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.04.1996 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Beschluß:

Der Streitwert wird auf DM … festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin (Klin.) doppelt gezahltes Kindergeld zu erstatten hat.

Die Klin. stellte am 17.10.1995 und nochmals am 16.11.1995 Antrag auf Kindergeld für ihre drei in den Jahren 1988, 1992 und 1993 geborenen Kinder. Der Beklagte (Bekl.) erfaßte diese Anträge unter den Kindergeldnummern A. und B.. Er entsprach den Anträgen ohne schriftliche Festsetzung des Kindergeldes in der Weise, daß er am 05.01.1996 zu Kindergeldnummer B. und am 17.01.1996 zu Kindergeldnummer A. jeweils Kindergeld von DM … für den Monat Januar 1996 an die Klin. zahlte.

Mit unter beiden Kindergeldnummern erlassenem Erstattungsbescheid vom 26.01.1996 forderte der Bekl. die Klin. auf, das ihr u. a. für Januar 1996 i.H.v. DM … doppelt gezahlte Kindergeld als rechtsgrundlose Zahlung zu erstatten. Die Klin. legte hiergegen Einspruch ein, den der Bekl. mit Entscheidung vom 09.04.1996 als unbegründet zurückwies. Der Bekl. führte aus, die Doppelzahlung von DM … sei nach Maßgabe der Vorschriften des § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) und des § 174 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zu erstatten.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klin. trägt vor, der erste Kindergeldantrag sei bei der Nebenstelle X des Bekl. abgegeben worden. Da dieser Antrag nach 4 Wochen noch nicht beschieden gewesen sei, habe der Ehemann der Klin. am 15.11.1995 bei der Nebenstelle X angerufen und sei von dort an die Kindergeldkasse der Bekl. in Y verwiesen worden. Dort habe der Eingang des Kindergeldantrages nicht festgestellt werden können. Die Sachbearbeiterin des Bekl. habe dem Ehemann der Kl in. deshalb geraten, die Klin. möge einen zweiten Antrag auf Kindergeld stellen. Das habe die Klin. am 16.11.1995 getan. Wegen weiterer Einzelheiten des Klagevorbringens wird auf die Klageschrift verwiesen.

Die Klin. beantragt,

den Bescheid des Bekl. vom 26.01.1996 in Form der Einspruchsentscheidung (EE) aufzuheben.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt sinngemäß vor, der streitige Erstattungsanspruch ergebe sich aus § 37 Abs. 2 i.V.m. § 174 Abs. 2 AO. Die von der Klin. vorgetragenen Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes seien nicht relevant. Wegen der Einzelheiten des Vortrages des Bekl. wird auf dessen Schriftsatz vom 18.06.1996 Bezug genommen.

In den vom Bekl. vorgelegten Kindergeldakten befindet sich folgender Aktenvermerk vom 05.02.1996: „Erste Antragstellung 19.10.1995 (Kg A.). Stammdaten am 27.11.1995 erfaßt. Bev. spricht am 15.11.1995 vor (Kg B. Bl. 2) und fragt nach Bewilligung. Offensichtlich wurde, weil noch keine Daten erfaßt waren, erneut ein Antrag ausgehändigt. Somit sind im Antrag vom 16.11.1995 keine falschen Angaben, aufgrund der Aussage vom 15.11.1995, gemacht worden.” Der Senat hat am 17.07.1996 mündlich verhandelt. Auf die Niederschrift über die Sitzung wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO hat derjenige, auf dessen Rechnung eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO). Steuervergütung ist seit dem 01.01.1996 auch das monatlich gezahlte Kindergeld (§ 31 Satz 3 EStG). Eine Steuer oder Steuervergütung ist so lange nicht ohne rechtlichen Grund gezahlt, wie der der Zahlung zugrundeliegende Bescheid Bestand hat (vgl. BFH-Urteile vom 18.12.1986, I R 52/83, BStBl. II 88, 521, 523, und vom 28.11.1990, V R 117/86, BStBl. II 91, 281, 282). Die Änderung oder Aufhebung des Steuervergütungsbescheides kann auch konkludent erfolgen und mit der Festsetzung des Erstattungsanspruches nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO verbunden werden (vgl. BFH-Urteil vom 21.02.1992, VI R 141/88, BStBl. II 92, 565, 568 zur Lohnsteuernachforderung). Bis zum 31.12.1995 nach den Vorschriften des Bundeski...

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