Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerungsverlust - Anteilsbezogene Betrachtungsweise bei sukzessivem Aufbau einer Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Nachträgliche Anschaffungskosten, die beim sukzessiven Aufbau einer Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 1 EStG innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Verlustentstehungszeitpunkt angefallen sind, sind nur insoweit bei Ermittlung eines Veräußerungs- oder Aufgabeverlustes zu berücksichtigen, als sie zur Begründung einer wesentlichen Beteiligung oder nach der Begründung einer wesentlichen Beteiligung aufgewandt worden sind.

2) Die anteilsbezogene Betrachtungsweise bei sukzessivem Aufbau einer Beteiligung führt dazu, dass steuerverhaftete Anteile andere nicht steuerverhaftete Anteile nicht infizieren.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1 Sätze 1, 4, Abs. 2, 2 Sätze 4, 4 Buchst. b, Abs. 2 S. 4 Buchst. b S. 2, Abs. 4, § 52 Abs. 34a, § 52 Abs. 34a S. 2; GmbHG § 5 Abs. 2; EStG § 17 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.04.2004; Aktenzeichen VIII R 52/02)

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes nach § 17 Abs. 2 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG).

Der Kläger (Kl.) war seit der Gründung am 30.06.1980 an der S. GmbH (GmbH) mit Sitz in M. beteiligt. 1995 geriet die GmbH in eine Krise. Am 05.07.1996 beantragte sie die Durchführung des Konkursverfahren. Dessen Eröffnung wurde vom Amtsgericht M. am 30.07.1996 mangels Masse abgelehnt. Das noch vorhandene Vermögen der GmbH wurde 1996 verwertet. Die Erlöse wurden zur Reduzierung der Verbindlichkeiten der GmbH verwandt.

Die Beteiligung des Kl. entwickelte sich wie folgt:

Datum

Beteiligung des Kl.

in DM-Betrag

Beteiligungsverhältnis

des Kl. 1 in %

Stammkapital der

GmbH insgesamt

30.06.1980

7.000,00 DM

33,30 %

21.000,00 DM

(Gründung)

25.06.1982

8.000,00 DM

38,10 %

21.000,00 DM

25.06.1982

22.500,00 DM

22,50 %

100.000,00 DM

11.08.1984

63.500,00 DM

18,14 %

350.000,00 DM

21.12.1985

80.500,00 DM

23,00 %

350.000,00 DM

03.03.1986

80.500,00 DM

18,70 %

430.500,00 DM

23.12.1987

134.000,00 DM

31,13 %

430.500,00 DM

03.03.1988

134.000,00 DM

23,47 %

571.000,00 DM

19.12.1988

134.000,00 DM

22,33 %

600.000,00 DM

19.07.1990

134.000,00 DM

19,76 %

678.000,00 DM

20.02.1995

195.800,00 DM

28,88 %

678.000,00 DM

Ereignis/Handlung

Anschaffungskosten

Nennwert

Gründung 30.06.1980

+ 7.000,00 DM

+ 7.000,00 DM

Übertragung 25.06.1982

+ 1.000,00 DM

+ 1.000,00 DM

8.000,00 DM

8.000,00 DM

Veräußerung 50 %

am 26.06.1982

./. 4.000,00 DM

./. 4.000,00 DM

+ 4.000,00 DM

+ 4.000,00 DM

Erhöhung Stammkapital

25.06.1982

+18.500,00 DM

+18.500,00 DM

+22.500,00 DM

+22.500,00 DM

Erhöhung Stammkapital

11.08.1984

+ 40.500,00 DM

+40.500,00 DM

+ 63.000,00 DM

+63.000.00 DM

Übertragung 21.12.1985

(kein Kaufpr. gezahlt)

0,00 DM

+17.500,00 DM

+ 63.000,00 DM

+80.500,00 DM

Übertragung 23.12.1987

+ 31.565,00 DM

+ 53.500,00 DM

+ 94.565,00 DM

+134.000,00 DM

Übertragung 20.02.1995

+ 1,00 DM

+ 61.800,00 DM

+ 94.566,00 DM

+ 195.800,00 DM

Die am 20.02.1995 von der T. mit Sitz in B., Vereinigte Staaten von Amerika (T. ), für 1 DM erhaltenen Anteile hatte diese in den Jahren 1988 bis 1990 nach Kapitalerhöhungen der GmbH erworben. Bei der T. handelt es sich um eine sog. Venture-Capital Gesellschaft, die Risikofinanzierungen übernimmt.

Im Rahmen der Einkommensteuer(ESt)-Veranlagung 1996 machte der Kl. den Verlust des Stammkapitals i. H. v. nominell 195.800 DM, den Verlust eines Gesellschafterdarlehens i. H. v. 132.341,04 DM und Inanspruchnahmen aus Bürgschaften i. H. v. 31.812,06 DM als Veräußerungsverlust gem. § 17 Abs. 2 EStG geltend.

Der Bekl. lehnte die Berücksichtigung des Verlustes gem. § 17 Abs. 4 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG in der ursprünglich 1996 geltenden Fassung ab, da der Kl. nicht fünf Jahre vor dem Konkurs der GmbH wesentlich im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in der 1996 ursprünglich geltenden Fassung beteiligt war. Im Einspruchsverfahren wurde der ESt-Bescheid vom 24.09.1997 wegen anderer hier nicht streitiger Punkte durch Bescheid vom 11.05.1998 geändert. Im Übrigen wurde der Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 01.10.1998 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter. Sie tragen vor, der Kl. sei bei der Gründung der GmbH am 30.06.1980 wesentlich am Stammkapital der GmbH beteiligt gewesen. Diese wesentliche Beteiligung infiziere alle übrigen später erworbenen Anteile des Kl. Daher sei der Verlust der Anschaffungskosten einschließlich der nachträglich aufgewandten Anschaffungskosten in der von dem Kl. nachgewiesenen Höhe aus Gesellschafterdarlehen und Bürgschaftsinanspruchnahmen zu berücksichtigen. Im Klageverfahren wurde aufgrund von nunmehr vorgelegten Beweismitteln unstreitig, dass der Stand der vom Kläger der GmbH zur Verfügung gestellten Gesellschafterdarlehen im Juli 1996 62.703,58 DM und 49.500 DM betrug. Das Darlehen über 62.703,58 DM hatte der Kl. der GmbH im Oktober 1995 in Höhe von ursprünglich 66.000 DM gewährt. Er refinanzierte es in voller Höhe bei der … Bank D.. Die übrig...

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