Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Steuerbefreiung einer Personalgestellung durch gemeinnützig tätige Körperschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Leistungen der Stpfl. in Form der Personalgestellung, nämlich der Gestellung des Geschäftsführers, stellen keine Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII dar. Es handelt sich um steuerbare sonstige Leistungen i.S. des § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG.

2. Der Stpfl. führte im Streitfall keine eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen Umsätze i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL aus, denn er erbrachte seine Leistungen nicht unmittelbar ggü. den Kindern der OGS, sondern an einen Dritten, an die jeweiligen Trägervereine.

 

Normenkette

MwStSystRL Art 132 Abs. 1 Buchst. h; UStG § 3 Abs. 9 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.08.2021; Aktenzeichen V R 21/20)

 

Tatbestand

Streitig ist für die Jahre 2007 bis 2012, ob die „Personalgestellung” durch eine gemeinnützig tätige Körperschaft an Trägervereine Offener Ganztagsschulen umsatzsteuerbefreit ist.

Der Kläger, ein bundesweit organisierter Kinder- und Jugendverband, und der ihm zugehörige Trägerverein „Verein G. e. V.” sind anerkannte und gemeinnützige Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe C-Stadt. Die „…” (Kläger) sind in vielen pädagogischen Tätigkeitsfeldern aktiv. Der Kläger ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftssteuergesetz (KStG) (teilweise) von der Körperschaftsteuer befreit, weil er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO) dient. Seine Steuerpflicht erstreckt sich ausschließlich auf den von der Körperschaft unterhaltenen (einheitlichen) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

Der Kläger übernahm ab dem Jahr 2004 die Trägerschaft für die Betreuung in der Offenen Ganztagsschule (OGS) T-Schule und E-Schule, jeweils in C-Stadt. Um die Lehrer und Eltern mit in die Verantwortung zu nehmen, gründete der Kläger für beide zu betreuenden Schulen je einen Förderverein, den „Trägerverein der Offenen Ganztagsgrundschule (OGS) e.V. der T-Schule” und den „Trägerverein der Offenen Ganztagsgrundschule (OGS) der E-Schule”, die von den jeweiligen Schulkonferenzen mit der Trägerschaft beauftragt wurden. In den Satzungen dieser Trägervereine wurde jeweils in § 8 „Vorstand” festgeschrieben, dass sich der Vorstand des jeweiligen Vereins zusammensetzt aus dem/der Schulleiter/in als 1. Vorsitzende/n, dem/der Vorsitzenden der Schulpflegschaft oder dessen/deren Stellvertreter/in als 2. Vorsitzende/n und dem/der Geschäftsführer/in des Klägers als Geschäftsführer/in. Weiter heißt es, dass die/der Geschäftsführer/in die laufenden Vereinsgeschäfte führt und sie/er für seine Tätigkeit als Geschäftsführer/in eine angemessene Vergütung erhalten darf.

Die dem Geschäftsführer des Klägers als Geschäftsführer des jeweiligen Förder-/Trägervereins obliegenden Aufgaben wurden vom jeweiligen Vereinsvorstand beschlossen. Hiernach oblagen dem Geschäftsführer insbesondere folgende Aufgabenbereiche:

  • Beantragung und Abrechnung der öffentlichen Mittel (inhaltlich und betragsmäßig),
  • Erstellung der Verwendungsnachweise und Wirtschaftspläne,
  • Personalverantwortung gegenüber den eingesetzten Arbeitnehmern (Geschäftsführer),
  • Politische Außenvertretung und Vertretung gegenüber der Verwaltung,
  • Planung und Koordination von Arbeitsgemeinschaftsangeboten,
  • Konzeptentwicklung.

Wegen der Aufgaben im Einzelnen wird auf die für die OGS E-Schule vorgelegte Auflistung Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 69).

Der Kläger stellte die erbrachten Geschäftsführungsleistungen den jeweiligen Fördervereinen der OGS monatlich in Rechnung, ohne hierin Umsatzsteuer auszuweisen. Anfangs wurden … €, später … € monatlich und je OGS abgerechnet.

Da der Kläger die streitigen Leistungen als umsatzsteuerfrei ansah, gab er für die Streitjahre 2007 bis 2012 keine Umsatzsteuererklärungen ab.

Im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2012 fiel dem Beklagten auf, dass die Erlöse des Klägers zum Teil auch umsatzsteuerpflichtig sein könnten. Es ergaben sich für ihn Anhaltspunkte für umsatzsteuerpflichtige Umsätze bis zurück ins Jahr 2001. Seitens des Beklagten kam zudem die Frage auf, ob die Steuerbefreiungsvorschriften rechtlich richtig angewendet worden waren. Es bestand der Anfangsverdacht, dass für die Jahre 2001-2012 pflichtwidrig keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben worden waren. Daraufhin wurde am 19.02.2014 gegen den Geschäftsführer ein Strafverfahren eingeleitet. Außerdem wurde mit Prüfungsanordnung vom 19.02.2014 eine Umsatzsteuersonderprüfung für die Jahre 2001-2013 angeordnet. Der Beklagte ging hierbei davon aus, dass die Festsetzungsfrist wegen der Nichtabgabe von Umsatzsteuererklärungen jeweils zehn Jahre betrage.

Im Rahmen der am 10.04.2014 begonnenen Umsatzsteuersonderprüfung wurde die Prüfung auf die Jahre 2006-2013 eingeschränkt. Die Prüferin teilte die Umsätze des Klägers für die Jahre 2006-2013 in umsatzsteuerpflichtige (7% / 16% bzw. 19%) und umsatzsteuerfreie Umsätze auf und ermitt...

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