Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliche und wirtschaftliche Betrachtungsweise

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Sanierungsgewinn ist bei einem Gesellschafterwechsel in einer Personengesellschaft den Neugesellschaftern zuzurechnen, wenn der Verzicht der Gläubiger wirtschaftlich und rechtlich darauf beruht, dass ein Gesellschafterwechsel erfolgt ist und der Gesellschaft neue Mittel zur Erfüllung von Verbindlichkeiten zugeführt werden.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1; AO § 180 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.01.2015; Aktenzeichen IV R 38/10)

 

Tatbestand

Streitig ist die Zurechnung eines Ertrags aus dem Forderungsverzicht von Banken im Rahmen eines Gesellschafterwechsels.

Die Klägerin (vormals B. C. GmbH & Co. KG) erzielte im Streitjahr in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EinkommensteuergesetzEStG –) aus der Produktion und dem Handel mit Stahlformen, Werkzeugen sowie artverwandter, technischer Produkte jedweder Art.

Bis zum 30.06. des Streitjahres waren an der Klägerin folgende Gesellschafter beteiligt: als Komplementärin die Firma B. C. Verwaltungs GmbH ohne Kapitaleinlage und als Kommanditistin die Q1 AG mit einer Kapitaleinlage von 1.022.583,00 EUR.

Ab dem 01.07.2003 bestanden folgende Beteiligungsverhältnisse: als Komplementärin fungierte die Firma XQ Verwaltungs GmbH mit einer Kapitaleinlage in Höhe von 27.000,00 EUR (1,8868 %) und als Kommanditisten Herr Dr. S., Frau H. S., Herr O. N., Frau N. N., Frau D. R. sowie Frau B. R. mit einer jeweiligen Kapitaleinlage in Höhe von 234.000,00 EUR (16,3522 %).

Anfang 2003 geriet die Klägerin durch den Insolvenzantrag ihrer damaligen Muttergesellschaft, der Q1 AG, in wirtschaftliche Schwierigkeiten, da die zu diesem Zeitpunkt gegenüber der Q1 AG bestehenden Cash-Pool-Guthaben wertlos wurden. Mit Kauf- und Übertragungsvertrag vom 27.06.2003 wurden die Kommanditanteile der Klägerin sowie die Kommanditanteile der Schwestergesellschaft Technik Q GmbH & Co. KG mit Wirkung zum 01.07.2003, 0:00 Uhr (§ 3 des Kauf- und Übertragungsvertrags) an die Gesellschafter der Dr. S-Gruppe aus S-Stadt veräußert. Aufgrund der im Vorfeld der Veräußerung stattgefundenen Verhandlungen zwischen den Gläubigerbanken, dem Insolvenzverwalter der Q1 AG, Herrn Dr. B., und dem Vertreter der S-Gruppe wurden im Kaufvertrag folgende Bedingungen vereinbart:

  1. Die Erwerber leisten neben dem für beide Personengesellschaften vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 355.000,00 EUR eine Einlage in die Gesellschaften in Höhe von 6.745.000,00 EUR zur Tilgung der Bankverbindlichkeiten.
  2. Die Gläubigerbanken verzichten auf den größten Teil ihrer nach der Einlage noch bestehenden Restforderungen.

Im Einzelnen vereinbarten die Parteien, dass die Einlage von den Käufern zunächst an den Verkäufer als Treuhänder gezahlt werde. Weiterhin haben „die Q1 V KG und die C. KG … mit Zustimmung der Käufer einen Vertrag mit den Kreditinstituten … über einen Verzicht der Banken zu Gunsten der Q1 V KG und/oder der C. KG auf Forderungen aus Darlehensverträgen rechtswirksam und vorbehaltlos abgeschlossen”. … „Der Treuhänder wird den Zahlbetrag zunächst treuhänderisch für die Käufer verwalten und nur auf deren Weisung und entsprechend den Bestimmungen der Verzichtserklärung und den darin enthaltenen Tilgungsbestimmungen an die darin genannten Kreditinstitute auszahlen.” Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kauf- und Übertragungsvertrag vom 27.06.2003 ergänzend Bezug genommen. Im Rahmen einer mit der E-Bank geschlossenen Verzichtserklärung heißt es: „Der Verzicht wird wirksam Zug um Zug gegen Erfüllung der Treuhandauflagen”.

Da beide Vertragsparteien die Bedingungen vor dem 30.06.2003 erfüllt hatten, konnte der Anteilskaufvertrag mit Ablauf des 30.06.2003 vollzogen werden. Aus dem Forderungsverzicht der Banken entstand ein außerordentlicher Ertrag in Höhe von 1.558.480,93 EUR, der seitens der Klägerin der Q1 AG zugerechnet wurde.

Die Klägerin reichte ihre Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung 2003 am 15.09.2004 beim Beklagten ein. Dieser führte die Veranlagung anhand der Erklärung durch und stellte die Einkünfte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 30.09.2004 wie folgt fest:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb:

-380.208,25 EUR

davon laufende Einkünfte:

1.230.593,73 EUR

davon Veräußerungsgewinn:

-1.610.802,00 EUR

Der Veräußerungsgewinn wurde zunächst fälschlicherweise der damaligen Komplementärin zugerechnet, sodass am 08.10.2004 ein Änderungsbescheid erging, mit welchem der Gewinn der Q1. AG zugerechnet wurde.

Im Jahr 2005 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung I-Stadt bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2001 bis 2003 durch. Nach Auffassung der Betriebsprüfer war der Ertrag aus dem Forderungsverzicht den Neugesellschaftern der Dr. S-Gruppe zuzurechnen, da der Forderungsverzicht der Banken rechtlich und wirtschaftlich dadurch ausgelöst worden sei, dass die Erwerber bereit gewesen seien, einen Betrag in Höhe von 6.745.000,00 EUR als Til...

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