Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzungsfeststellungsklage nach Erledigung eines dinglichen Arrests

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Mit der Überleitung eines Arrestverfahrens in das Vollstreckungsverfahren wird die Arrestanordnung gegenstandslos und ein über die Arrestanordnung geführter Rechtsstreit findet dadurch in der Hauptsache seine Erledigung.

2) Für die Fortführung des Rechtsstreits als Fortsetzungsfeststellungsklage besteht kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, wenn das Ziel des Stpfl. darin besteht, den Vorwurf der Steuerhinterziehung zu beseitigen und dieses Ziel im Anfechtungsverfahren gegen die betreffenden Steuerfestsetzungen erreicht werden kann.

 

Normenkette

AO § 324; FGO § 100 Abs. 1 S. 4

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage darüber, ob die Anordnung eines dinglichen Arrestes nichtig oder rechtswidrig gewesen ist.

Die Klägerin, die L GmbH, ist seit Juni 2007 in der Baubranche (Fassadendämmung und Trockenbau) tätig. Alleiniger Anteilseigner und Geschäftsführer war bis zum 15.10.2015 Herr G L, seit diesem Zeitpunkt ist sein Sohn F L alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer. Des Weiteren vermietet die Klägerin Gerüste und Firmennutzfahrzeuge an die G GmbH, deren Geschäftsführer ebenfalls Herr F L ist.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung sowie durch Ermittlungen des Finanzamts für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen C traf der Beklagte Feststellungen, wonach der ehemalige Geschäftsführer der Klägerin, Herr G L, im Zeitraum 2009 bis 08/2015 zur Verschleierung von Schwarzlohnleistungen Subunternehmerleistungen und Materialeinkäufe als Betriebsausgaben gebucht haben soll, die tatsächlich nicht angefallen sein sollen. Der Beklagte geht davon aus, dass es sich bei den Rechnungen der Lieferanten T L, ET, FG, J GmbH, J T GmbH, F J GmbH, P GmbH, B GmbH, N L, J J GmbH, O H und O V um Scheinrechnungen handelt (zur Höhe der Rechnungen im einzelnen siehe Seite 3 der Anordnung des dinglichen Arrestes, Bl. 21 der Gerichtsakte). Der Beklagte ist deshalb der Auffassung, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen nicht gegeben seien, im Einzelnen stehe der Klägerin ein Vorsteuerabzug in folgender Höhe nicht zu:

2009

2010

2011

2012

2013

2014

Summe

5.058 €

5.936 €

19.028 €

32.420 €

16.445 €

6.819 €

85.706 €

Mit Datum vom 02.03.2016 ordnete der Beklagte gem. § 324 Abgabenordnung (AO) gegen die Klägerin zur Sicherung entstandener Steueransprüche (Umsatzsteuer und Lohnsteuer 2009-2014) in Höhe von insgesamt 206.655 € den dinglichen Arrest in ihr bewegliches und unbewegliches Vermögen an. Auf die Umsatzsteuer 2009-2014 entfiel hiervon ein Betrag in Höhe von 85.706 €. Wegen der zugrunde gelegten Steueransprüche im Einzelnen wird auf den Bescheid vom 02.03.2016 (Bl. 16 der Gerichtsakte) verwiesen.

Gegen diese Arrestanordnung erhob die Klägerin am 07.03.2016 Sprungklage nach § 45 Abs. 4 FGO. Die Ermittlungen der Betriebsprüfung und der Steuerfahndung seien unzureichend. Die Anhaltspunkte des Beklagten ergäben sich lediglich aus Zeugenaussagen sowie Hinweisen in der Buchführung der Lieferanten. Hieraus könne jedoch nicht der Schluss des Vorliegens von Scheinrechnungen gezogen werden. Vielmehr sei es ebenso gut möglich, dass die Lieferanten sich lediglich selbst schützen wollten.

Mit Datum vom 14.03.2016 erließ der Beklagte nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide für die Jahre 2009-2014, die (inkl. Zinsen) in folgender Höhe zu Nachzahlungen führten:

Jahr

Nachzahlung

2009

6.547,75 €

2010

7.322,17 €

2011

22.353,31 €

2012

36.146,45 €

2013

17.347,26 €

2014

6.819,48 €

Mit Schreiben vom 13.04.2016 setzte der Beklagte die Umsatzsteuerschulden 2009-2014 sowie die Zinsen zur Umsatzsteuer 2009-2013 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 63.863,80 € von der Vollziehung aus. Zugleich teilte der Beklagte mit, dass die Sicherheitsleistungen bereits durch die Zahlungen in das Verwahrbuch und die Eintragung der Zwangssicherungshypothek erbracht worden seien.

Die Klägerin trug nach Erlass der Umsatzsteuerbescheide und Gewährung der Aussetzung der Vollziehung vor, dass sie wegen der formalen Erledigung der Anordnung des dinglichen Arrestes ihr Begehren im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage weiterverfolge. Das erforderliche Feststellungsinteresse bestehe darin, dass sie durch den Nachweis der Rechtswidrigkeit des dinglichen Arrestes gegenüber den Banken und auch den Lieferanten und sonstigen Geschäftspartnern das geschäftliche Ansehen zurückerlange, das zur Sicherung der Kreditlinie erforderlich sei (Rehabilitationsinteresse). Zudem werde die Rechtsposition der von dinglichen Arresten betroffenen Steuerpflichtigen eingeengt/beschnitten, wenn mit der Zustellung eines dinglichen Arrestes die mit diesem besicherten Ansprüche durch Steuerbescheide zeitgleich festgestellt, festgesetzt und durch die Verkürzung der Monats- auf eine Wochenfrist eingefordert würden. Bevor die Steuerpflichtigen ihre Rechtsbehelfe begründet und Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ge...

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