Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken Demenzkranker genutzten Grundbesitz, Wohnungsbegriff

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei Grundbesitz mit Wohneinheiten, die der vollstationären Pflege von Demenzkranken dienen, handelt es sich nicht um Wohnungen i.S.d. § 5 Abs. 2 GrStG, wenn Dritte freien Zugang zu den Wohneinheiten haben und die Türen zu den Wohneinheiten nicht abschließbar sind. Die Verschließbarkeit der einzelnen Zimmer der Bewohner ist unbeachtlich, wenn die Zimmer keine Küche haben und deshalb für sich genommen keine Wohnung darstellen.

 

Normenkette

GrStG § 5 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, §§ 7, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3b

 

Tatbestand

Streitig ist, ob für die wirtschaftliche Einheit T-Straße in M-Stadt auf den 01.01.2014 ein Einheitswert festzustellen oder ob die Feststellung des Einheitswerts aufzuheben ist, weil der Grundbesitz nach § 5 Abs. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) von der Grundsteuer befreit ist.

Die Klägerin ist eine gemeinnützige GmbH (gGmbH).

Nach § 5 Abs. 1 GrStG ist Grundbesitz, der für steuerbegünstigte Zwecke nach §§ 3 und 4 GrStG benutzt wird und zugleich Wohnzwecken dient von der Grundsteuer befreit. Nach § 5 Abs. 2 GrStG sind, auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen, Wohnungen stets steuerpflichtig.

Ein Einheitswert ist festzustellen, wenn es sich bei den Räumlichkeiten in der wirtschaftlichen Einheit T-Straße in M-Stadt um Wohnungen handelt.

Die Klägerin errichtete auf dem Grundstück T-Straße in M-Stadt eine Wohnanlage für Senioren (Pflegeeinrichtung für 80 Bewohner). Die Wohnanlage ist im Jahr 2013 bezugsfertig geworden. Bei der Einrichtung handelt es sich um eine vollstationäre Pflegeeinrichtung, die insbesondere von Menschen mit schwerer und mittelschwerer Demenz bewohnt wird. Die Klägerin trägt vor, die Versorgung sei in der Regel palliativ bzw. hospizlich ausgerichtet. Die Verweildauer von männlichen Patienten betrage bis zu drei Monaten im Durchschnitt, die Verweildauer von weiblichen Bewohnern sei deutlich höher, diese könne bis zu 18 bis 24 Monaten betragen. Zahlreiche Patienten seien inkontinent und nahezu sämtliche Patienten seien in der Pflegestufe bzw. dem Pflegegrad 3 eingeordnet, weitere hätten höhere Pflegegrade. Der Case-Mix, also der durchschnittliche Pflegegrad, liege im Altenzentrum derzeit bei 3,11. Fast 70 % der Patienten wiesen eine sog. eingeschränkte Alterskompetenz auf. Auch hieraus folgerten höhere Pflegegrade. Dies bedeute, dass sich die Bewohner selbst nicht versorgen könnten und ständiger medizinischer und pflegerischer Betreuung bedürften.

Außen am Gebäude befindet sich ein Briefkasten mit der Aufschrift „Altenzentrum, T-Straße”. Für die gesamte Einrichtung gibt es nur eine Klingel.

Das Gebäude hat 4 Ebenen. In dem Bauantrag vom 12.10.2011 wird als Ebene 0 das Erdgeschoss bezeichnet, Ebene 1 ist der 1. Stock, Ebene 2 der 2. Stock und Ebene 3 der 3. Stock.

In Ebene 0 befinden sich das Foyer, die Rezeption, ein Büro für die Heimleitung, ein Besprechungsraum und die Teeküche, im Übrigen befinden sich auf dieser Ebene Lager- und Technikräume sowie der Umkleideraum für das Personal.

Auf den Ebenen 1, 2 und 3 leben die Bewohner der Einrichtung. Auf jeder dieser Ebenen befinden sich jeweils zwei Wohngruppen, in den Lageplänen bezeichnet mit A1/B1, A2/B2 und A3/B3.

Das Gebäude wird durch zwei automatische Schiebetüren mit einem dazwischen befindlichen Windfang betreten. Nach dem Windfang mit den automatischen Schiebetüren kommt man in eine Empfangshalle, rechts befindet sich die Rezeption. Da es sich bei den automatischen Schiebetüren um einen Fluchtweg handelt, öffnen sich diese Schiebetüren von innen auch dann, wenn diese von außen abgeschlossen sind und das Gebäude nicht betretbar ist. Diese automatische Schiebetür wird abends ab 18 Uhr verschlossen. Wenn jemand das Haus nach 18 Uhr betreten will, muss derjenige die Klingel, die außen am Gebäude angebracht ist, betätigen. Diese läuft auf einem schnurlosen Telefon auf, das der jeweils zuständige Mitarbeiter der Einrichtung mit sich führt. Dieser kann dann über einen Zahlenkombination die Tür öffnen. Die Bewohner der Wohnanlage haben keine Möglichkeit, diese Tür von ihrem Zimmer aus zu öffnen.

Zu den Wohnräumen in den Obergeschossen gelangt man über den Flur im Erdgeschoss durch eine Tür und einen Treppenaufgang bzw. mit dem Aufzug. Die Türen zum Treppenhaus sind mit Blindzylindern ausgestattet. Es handelt sich um Brandschutztüren. Über das Treppenhaus kommt man zu einer weiteren Brandschutztür, die ebenfalls mit Blindzylindern ausgestattet ist. Da es sich um Brandschutztüren handelt, sind diese Türen nicht feststellbar. Theoretisch ist es möglich, die Blindzylinder auszutauschen, dies entspricht aber nicht den Brandvorschriften.

Von der Tür im Treppenhaus gelangt man in einen Flur, von dem nach links und rechts die Türen zu den Bewohnergruppen abgehen, also beispielsweise auf Ebene 1 links zu A1 und nach rechts zu B1. Bei diesen Türen handelt es sich ebenfalls um Brandschutztüren (T 30 ERS). Auch hier sind d...

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