Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerungsgeschäft bei Rückübertragung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt trotz der Übertragung einer Beteiligung auf einen Dritten nicht vor, wenn sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft lediglich in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt hat und die Übertragung in Erfüllung des Rückabwicklungsverhältnisses erfolgt.

2) Ein Veräußerungsgeschäft liegt indes vor, wenn im Rahmen eines im Zivilprozess unterbreiteten Kaufangebots des Beklagten unter Rücknahme der Klage Anteile an einem Immobilienfonds an den Beklagten rückübertragen werden.

 

Normenkette

EStG § 23 Abs1 S. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kläger (Kl.) mit der Veräußerung von Beteiligungen an zwei Immobilienfonds Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt haben.

Die Kl. sind Eheleute. Sie werden zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Im Streitjahr 2006 erzielte der Kl. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit, aus nicht selbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie mit einer Rente sonstige Einkünfte. Streitig ist, ob er darüber hinaus Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielte. Die Klin. erzielte Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Der Kl. beteiligte sich in der Vergangenheit mehrfach an geschlossenen Immobilienfonds. U.a. erwarb der Kl. zum 30.12.1998 Anteile im Nennbetrag von 100.000 DM (51.129,19 EUR) an der „A Immobilien Verwaltungs GmbH & Co. KG – X” (nachfolgend: X) zu einem Kaufpreis von 100.000 DM zuzüglich eines Aufgeldes von 5 %. Ferner erwarb er zum 30.12.1999 Anteile im Nennbetrag von 200.000 DM (102.258,38 EUR) an der „B Immobilien Verwaltungs GmbH & Co. KG – zweiter B-Immobilienfonds für Deutschland” (nachfolgend: Zweiter B) zu einem Kaufpreis von 200.000 DM zuzüglich eines Aufgeldes von 5 %. Diese beiden Beteiligungen entwickelten sich nachfolgend nicht wie gewünscht. Der Kl. war, wie viele andere Fondsbeteiligte auch, der Auffassung, dass die Emmessionsprospekte der beiden Fonds fehlerhaft gewesen seien und er deshalb den Erwerb der beiden Fonds rückgängig machen könne. Mit diesem Ziel beteiligte er sich im Dezember 2004 an Sammelklageverfahren gegen die damalige Vertriebsgesellschaft, die Immobilienbeteiligungs- und Vertriebsgesellschaft der B-Gruppe mbH (nachfolgend B), welche damals die Fondsbeteiligungen vertrieben hatte, und weitere Beklagte. Mit den Klagen, an welchen sich mehrere hundert Kl. beteiligten, begehrte der Kl. die Zahlung von Schadensersatz aus Mängelhaftung und Prospekthaftung Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligungen an der X und Zweiter B. Während der laufenden Klageverfahren unterbreitete die C. Beteiligungs- und Management GmbH (nachfolgend: C GmbH) allen Anlegern der X und der Zweite B am 14.11.2005 jeweils ein inhaltsgleiches Angebot, die Fondsanteile abzukaufen. Bedingung für den Ankauf war unter anderem, dass die Anleger etwaige Klagen gegen die B bis spätestens zum 31.03.2006 zurücknehmen. Dabei gehört die C GmbH ebenso wie die B zum Konzern der Bankgesellschaft Y AG. Die Ankaufsangebote der C GmbH waren zeitlich befristet bis zum 30.06.2011. Die Ankaufsangebote enthielten eine Vielzahl weiterer Regelungen, etwa zum Zeitpunkt des Vollzuges im Fall einer Angebotsannahme und zu Gewährleistungsrechten. Ferner wies die C GmbH unter Ziffer 10 des Begleitschreibens zu den Ankaufsangeboten im Fettdruck auf die steuerliche Situation der Fondsbeteiligten hin. Die C GmbH führte aus, dass sie die individuelle Steuersituation der Anteilsinhaber nicht geprüft habe. Je nach dem, wann der Fondsanleger das Angebot annehme, könne hierdurch jedoch ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft entstehen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ankaufsangebote der C GmbH sowie das Begleitschreiben vom 14.11.2005 Bezug genommen. Der Kl. nahm die Ankaufsangebote der C GmbH mit Wirkung zum 30.09.2006 an, nachdem er die Klagen vor dem Landgericht Y zuvor zurückgenommen hatte. Daraufhin teilte das Finanzamt M dem Finanzamt N mit Schreiben vom 03.11.2008 bzw. vom 07.11.2008 mit, dass der Kl. mit Wirkung zum 30.09.2006 aus den Gesellschaften X und Zweiter B ausgeschieden sei. In Bezug auf die Beteiligung an der X sei ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn gemäß § 23 EStG in Höhe von 31.386,21 EUR und in Bezug auf die Beteiligung an der Zweiter B in Höhe von 5.027,52 EUR entstanden. Zugleich teilte das FA M dem FA N mit, dass es sich bei diesen Mitteilungen um keine Grundlagenbescheide handele.

Auf Grund dieser Mitteilungen änderte der Bekl. – gestützt auf § 164 Abs. 2 AO – mit Bescheid vom 02.02.2009 die vorangegangene ESt-Festsetzung der Kl. für 2006 vom 17.10.2008 – welche gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand – dahingehend, dass er nunmehr weitere Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 EStG in Höhe von insgesamt 36.413 EUR berücksic...

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